Naturns
Es muss sich wohl um ein brisantes Thema handeln, wenn sich bei einer Gemeinderatssitzung von neunzehn anwesenden Räten, gleich achtzehn davon zu einem Tagesordnungspunkt äußern. So geschehen bei der jüngsten Sitzung des Naturnser Gemeinderates. Das Thema, das so viele Räte bemüßigte, sich zu Wort zu melden, war die Verabschiedung des neuen Tourismuskonzepts.
Naturns zählt zu den Tourismus-Hochburgen im Land. Fast 460.000 Übernachtungen gab es vergangene Saison in den 2500 Gästebetten im Dorf. Ein neuer Rekordwert für die untervinschger Gemeinde, in der die Übernachtungszahlen seit Ende der 1990er Jahre stark ansteigen. Gelenkt von einem umtriebigen Tourismusverein, ist das Gastgewerbe zu einem starken Wirtschaftszweig im Dorf geworden. Eine Erfolgsstory also, gäbe es da nicht eine andere Entwicklung, die den Gemeindevätern und einigen Gastwirten Sorge bereitet: Von Jahr zu Jahr fallen immer mehr Gästebetten weg, vor allem in den preisgünstigen Kategorien.
Während die Viersterne Häuser seit 1987 ihr Kontingent ständig vergrößern konnten - von 113 auf 708 Gästebetten -, bauten vor allem die Ein- und Zweisterne Häuser stark ab. Von den fast 1500 Betten von 1987 gibt es heute nur noch knapp 200 in dieser Kategorie.
Mit einem Tourismuskonzept will die Gemeinde nun Bedingungen schaffen, die besonders den kleinen Betrieben helfen sollen, ihren Bettenanteil zu vergrößern. Dieses Konzept will man als „urbanistisches Planinstrument“ verstanden wissen, wie Referent Zeno Christanell (SVP) erklärte. Vorgesehen ist, in den nächsten neun Jahren, 600 neue Betten zu schaffen, um in etwa wieder auf den Stand von 1987 zu kommen. Damals gab es in Naturns 3400 Gästebetten, heute sind es nur mehr 2500.Umsetzen will man dieses Vorhaben mit dem Ausweisen von sogenannten Tourismuszonen. So will man Betrieben die Möglichkeit geben, dass sie über derzeitige Einschränkungen hinaus, qualitativ und quantitativ erweitern können. Das Argument: Kleine und mittlere Betriebe sollen so auf eine „betriebswirtschaftlich sinnvolle“ Größe mit 30-40 Betten anwachsen. Ist das vorhandene Potenzial bereits ausgeschöpft, sollen die neuen Strukturen ausgesiedelt werden können. Auch die sogenannten „Großen“ sind von diesen Maßnahmen nicht ausgeschlossen, denn ein festgelegtes Kontingent, welche Kategorie, wie viele Betten bekommen kann, sieht das Konzept nicht vor.
Daran störte sich Margot Svaldi (Zukunft Naturns): „Es fehlt die Einschränkung, wie viel gebe ich den Kleinen und wie viel den Großen. Es muss klar sein, wie wir etwas tun und nicht nur, dass wir etwas tun.“ Gar einige Räte, und nicht nur jene der Opposition, befürchteten, dass obwohl man den kleineren Betrieben helfen will, schlussend-lich nur die Großen vom Konzept profitieren würden, auch wegen deren finanziellen Vorsprungs. Bürgermeister Andreas Heid-egger (SVP) entgegnete, man müsse auch „die Bedürfnisse der Großen berücksichtigen“, allerdings glaube er nicht daran, „dass jetzt ein Bauboom ausbricht“, deshalb sei er dafür, „kein zu starkes Korsett“ anzulegen.
Annelies Fliri (Zukunft Naturns) kritisierte, dass die Arbeitsgruppe, die an der Entwicklung des Konzepts beteiligt war, nur aus Vertretern von Leitbetrieben bestand. Christanell versprach daraufhin, eine zweite erweiterte Arbeitsgruppe einzusetzen, mit Vertretern aus kleineren und mittleren Betrieben. Diese soll einen „Maßnahmenkatalog“ ausarbeiten, der dann Teil des Konzeptes wird.
Mit diesen Zusätzen fiel die Abstimmung dann relativ klar für das neue Tourismuskonzept aus. Bei vierzehn Ja-Stimmen gab es drei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen. (mp)
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