Aus dem Gerichtssaal - Dieser Tage häufen sich die Pressemeldungen zum Latschanderer Zugunglück von 2010. Wollte man den Medien Glauben schenken, dann wird am kommenden neunten Oktober der vom Landesgericht Bozen bestellte Gutachter Professor Molinari erklären, dass der Murenabgang durch ein unvorhersehbares, zufälliges Ereignis ausgelöst worden ist.
Diese Schlussfolgerung des Gerichtsgutachters wäre ein gefundenes Fressen für die Verteidiger der Angeklagten, welche allesamt – so die Auffassung der Staatsanwaltschaft – für ein defektes Ventil der Hochdruckleitung des Beregnungssystems verantwortlich gemacht werden sollten. Bekanntlich war das fragliche Ventil nach einem Frostschaden repariert worden, und zwar auf stümperhafte Art und Weise, so zumindest die Auffassung eines Gutachters der Anklage. Die von Prof. Molinari vertretene gegenteilige Ansicht würde auf jeden Fall dazu ausreichen, starke Zweifel an der von der Staatsanwaltschaft vertretenen Rekonstruktion der Ereignisse aufkommen zu lassen, was letztlich zumindest einen Freispruch auf Grund der widersprüchlichen Beweislage zur Folge haben könnte.
Im italienischen Strafrecht gilt man als fahrlässig und somit schuldig, wenn man bei Missachtung von Vorschriften ein Ereignis herbeiführt, welches als solches vorhersehbar war. Die Handlung (oder Unterlassung) muss darüber hinaus noch in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem ausgelösten Ereignis stehen. Im konkreten Fall hätte die angeblich unfachmännische Reparatur des Ventils den Austritt einer beachtlichen Menge von Wasser herbeigeführt, welche wiederum die Mure und sodann das Zugunglück verursacht haben soll.
Den bisherigen Medienberichten ist allerdings nicht zu entnehmen, ob nun der Bruch des reparierten Ventils und somit die Unzulänglichkeit der Reparatur nicht vorhersehbar war, oder aber der Bruch auf Grund eines nicht vorhersehbaren Zufallsereignisses überhaupt erst erfolgte, was wiederum heißen würde, dass das Verhalten der Beschuldigten, insbesondere die angeblich mangelhafte Wartung der Beregnungsanlage, in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem fatalen Ereignis stehen würde.
Es bleibt also einstweilen spannend.
Christoph Tappeiner,
Rechtsanwalt
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