Aus dem Gerichtssaal - Eigentlich wollte ich den Fall Eva Klotz und die Schmähung der Trikolore endlich ruhen lassen. Denn bei Licht besehen handelt es ich dabei weniger um die Frage nach der strafrechtlichen Relevanz des Besenplakates als vielmehr um eine des politischen Stils. Und so betrachtet ist die leidige Besenaktion vor allem geschmacklos, primitiv, auf billige Effekte ausgerichtet und nur nebenbei auch strafrechtlich von Belang. Der „Kasus“ verdient in meinen Augen eine – hoffentlich letzte – Aufmerksamkeit, weil der Verteidiger angekündigt hat, das Kehrichtplakat vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen zu wollen. Doch in Straßburg scheint er nun wirklich nichts verloren zu haben! Denn als politisch Verfolgte und in unveräußerlichen Menschenrechten Geschädigte brauchen sich Eva Klotz und ihre „Mander“ nun wahrlich nicht zu präsentieren! Bei allem Respekt vor ihrem Vater, der die Folgen seiner Rebellion am eigenen Leibe erleiden musste, und bei noch größerer Hochachtung vor dem Vater ihres Verteidigers, dem Welschtiroler Sandro Canestrini, der in den heißen 60-iger Jahren die Courage aufbrachte, die Folterknechte der inhaftierten „Bumser“ vor Gericht zu bringen, ihre heutigen „Aktionen“ hingegen sind so echt wie Spiegelfechtereien eben sein können. Und übrigens: Gesetze zum Schutz staatlicher Institutionen vor Schmähung gibt es auch in anderen europäischen Ländern, ebenso wird die Verunglimpfung staatlicher Symbole überall in Europa strafrechtlich geahndet, auch in Deutschland und in Österreich. Damit dürfte das Schicksal einer Eingabe vor dem Gerichtshof für Menschenrechte so ähnlich sicher sein wie das Amen in der Kirche!
Was mir mehr zu denken gibt sind die Auswirkungen solcher pseudopatriotischer Attacken auf die Befindlichkeiten der hier lebenden Italiener. Vor ein paar Wochen ist im Alto Adige ein Leserbrief des Naturnsers Bruno Svaldi erschienen. Er richtete darin seine herbe Kritik zwar an die falsche Adresse, nämlich an die des Verteidigers der drei „Patrioten“, Nicola Canestrini, aber die Klage ist unüberhörbar: durch die „Aktionen“ der drei „Aufrechten“ wurden die „vaterländischen“ Gefühle der Italiener verletzt; ein Staat, der ein Minimum an Selbstachtung besitzt, lässt solche Vorkommnisse nicht ungestraft. Und in einem Punkt muss ich Svaldi uneingeschränkt zustimmen: seit dem Anschluss Südtirols an Italien sind mittlerweile immerhin 100 Jahre vergangen, und Europa ist dabei, die unglückselige Nationalstaaterei zu überwinden. Klotz und Konsorten hingegen tun so als wäre die Annexion erst gestern erfolgt und sie hätten erst heute davon erfahren!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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