Am Wochenende um den 5. Oktober 2019 feierte die Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair ihr goldenes Jubiläum. Sie wurde 1969 gegründet, um die Lebensverhältnisse der Klosterfrauen zu verbessern und das 1983 in die Liste der UNESCO aufgenommene Kloster zu erhalten und zu restaurieren. Der offizielle Jubiläumsakt in der Klosterkirche war ein festliches Konzert eines Bläserquintetts der Tonhalle Zürich, gedacht als grosses Dankeschön an alle über ein halbes Jahrhundert in Müstair aktiven Menschen aus allen möglichen Bereichen. Es wurde unterbrochen durch kurze Reden und Ansprachen von der früheren Priorin Domenica Dethomas, dem Bündner Regierungspräsidenten Jon Domenic Parolini und dem Stiftungspräsidenten Walter Anderau. Über 100 geladene Gäste waren der Einladung zu dieser Dankesfeier gefolgt.
Das Datum für den Festakt wurde mit Bedacht mit dem Erntedankfest in Valchava abgestimmt. Auch die Gemeinde Val Müstair feierte das zehnjährige Jubiläum der Gemeindefusion und hat am Sonntag ihrerseits zu einem Festakt zum Thema DANKE SAGEN eingeladen. Wie es sich für eine Welterbestätte der UNESCO gebührt, konnte das Bläserquintett des Weltklasse-Tonhalle-Orchesters Zürich für ein Konzert gewonnen werden. Die Klänge lösten helle Begeisterung aus. In kurzen Ansprachen erläuterte Sr. Domenica Dethomas die mittelalterlich anmutenden Lebensbedingungen im Kloster, wie sie noch zur Gründungszeit der Stiftung herrschten. Es war dann auch deren erste Aufgabe, diese markant zu verbessern. Der Regierungspräsident des Kantons Graubünden Jon Domenic Parolini dankte für die herausragenden Leistungen der Stiftung zur Erhaltung des wertvollen Kulturgutes aus dem Frühmittelalter. Dem Stiftungspräsidenten Walter Anderau war es vorbehalten auf die zunehmende Bürokratisierung der Stiftungsarbeit hinzuweisen, die eine zunehmend grössere, aber dennoch moderate Professionalisierung der Stiftungsorgane nach sich zieht. Für sein Engagement in den letzten 30 Jahren überreichte ihm der Geschäftsführer der Stiftung Ulrich Veith im Namen der Stiftung ein ein Meter langes Bild, welches das bekannte romanische Fresko der Mittelapsis der Klosterkirche mit der tanzenden Salome abbildet.
Das Kloster geht der Legende nach auf Karl den Grossen, also auf das später 8. Jahrhundert zurück. Die reiche künstlerische Ausgestaltung aus der Gründerzeit lässt kaum einen anderen Schluss zu. In der 1200jährigen Geschichte hat das Kloster nach der französischen Revolution eine sehr wechslungsvolle Geschichte hinter sich. Zwar wurden die besonders wertvollen Fresken 1894 von den beiden Kunsthistorikern Josef Zemp und Robert Durrer neu entdeckt. Die Klosteranlage war aber damals in einem derart schlechten baulichen Zustand, dass die Lebensbedingungen des Konvents als mittelalterlich bezeichnet werden müssen. Es fehlte an Geld, für irgendeine Sanierung.
Eine Schoggitaler-Aktion des Schweizerischen Heimatschutzes zugunsten des Klosters schärfte dann 1969 das Bewusstsein im ganzen Land für die Notwendigkeit eines langfristigen Engagements zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Klosterfrauen und die fachmännische Restaurierung dieses kulturgeschichtlich herausragenden Bauwerks. Mit dieser Zielsetzung wurde auf Initiative der damaligen Bündner Ständeräte Gion Darms und Arno Theus die überkonfessionelle Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair ins Leben gerufen.
In den Anfangsjahren bestimmten dann auch Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten im Wohnbereich der Benediktinerinnen und die Verbesserung der Infrastruktur der Landwirtschaft die Tätigkeitsfelder der Stiftung. Parallel dazu wurde die Geschichte des Klosters im wahrsten Sinne des Wortes „ergraben“. Da Feuersbrünste und kriegerische Einflüsse die Archive weitgehend zerstörten, sind die heutigen Kenntnisse der Geschichte das Resultat umfassender archäologischer Forschungsarbeiten. Im Jahre 1983 wurde das Kloster St. Johann zusammen mit der Berner Altstadt und dem Stiftsbezirk von St. Gallen als erste schweizerische Welterbestätten in die Liste der UNESCO Weltkulturerbestätten aufgenommen. Mit dieser bedeutenden Auszeichnung wurde die grösste Herausforderung für ein lebendiges Kulturgut noch akzentuiert: das
einvernehmliche Nebeneinander von Konvent sowie Wissenschaftern (Archäologen und Restauratoren) und Tourismusverantwortlichen. Der Stiftungspräsident bezeichnete dieses als wichtigste Voraussetzung für die Stiftungstätigkeit. In den 50 Jahren konnten neben der Herrichtung der Clausura und der Landwirtschaft wichtige Vorhaben realisiert werden. Dazu gehören die Einrichtung des Klostermuseums im Plantaturm, die umfassende Restaurierung der Heiligkreuzkapelle, wichtige vom Kloster genutzte Gebäudeteile, der Wiedereinbau eines vom Landesmuseum gekauften und zeitweise dort ausgestellten Hohenbalkenzimmer.
Diese grossen Vorhaben konnten nur erreicht werden dank dem Entgegenkommen von Konvent und den kirchlichen Institutionen, dem ehrenamtlich tätigen Stiftungsrat, den motivierten Mitarbeitern im Kloster und in der Bauhütte sowie einer grossen Zahl von Spendern, darunter auch der Verein der Freunde des Klosters mit über 500 Mitgliedern. Auch die verantwortlichen Institutionen von Bund, Kanton Graubünden und der Gemeinde Val Müstair haben die Restaurierungsarbeiten immer mit Wohlwollen begleitet und finanziell grosszügig unterstützt. Den vielen beteiligten Persönlichkeiten sprach der Stiftungspräsident seinen tief empfundenen Dank aus.
„Aber auch nach 50 Jahren ist in einer derart grossen Anlage kein Ende der Restaurierung abzusehen“, so Walter Anderau. Zur Zeit steht die umfassende Reinigung, Restaurierung und Stabilisierung der einzigartigen frühmittelalterlichen Fresken in der Klosterkirche als zentrales Projekt im Fokus der Stiftung. Ebenso zentral ist eine umfassende Erneuerung des Klostermuseums. Aber auch kleinere und nicht unwichtigere Arbeiten und Projekte zur Erhaltung dieser historisch wichtigen Anlage stehen immer wieder an. Nicht zu vergessen ist auch die Einrichtung einer altersgerechten Infrastruktur für die Klosterfrauen. Durch ihr fortschreitendes Alter möchten die Nonnen als Besitzer des Klosters sich behindertengerechte bewegen können und über die notwendigsten Pflege- und sanitarischen Einrichtungen verfügen können.
Ebenso bedeutend ist die Aufarbeitung und Weitergabe des Wissens, das sich in all diesen Jahren der intensiven Forschung und Restaurierung im Kloster Müstair angesammelt hat. Einerseits wird dieses Wissen in der neuen Publikationsreihe „Müstair-Studien“ veröffentlicht. Andererseits soll ein Kompetenzzentrum vor Ort entstehen, das dieses Know-how sammelt und an die Forscher und spezialisierten Handwerker weiter gibt. Müstair soll als Forschungsstandort ausgebaut werden.
Als Zeichen für das gute Miteinander der Stiftung mit dem Konvent, übergibt der Stiftungspräsident der Priorin einen Blumenstrauss mit zwölf Rosen, elf davon sind rot und symbolisieren die elf Klosterfrauen des jetzigen Konvents und die weisse Hoffnungsrose steht für kommenden Nachwuchs, damit im Kloster St. Johann in Müstair die über 1244-jährige benediktinische Tradition ungebrochen weitergeführt werden kann.
Elke Larcher
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