Aus dem Gerichtssaal - Am Dreikönigstag kam es im Skigebiet am Rittner Horn zu einem Rodelunfall, bei dem ein achtjähriges Mädchen aus Reggio Emilia sein Leben verlor. So wie sich der Unfall zugetragen hat, könnte er in jedem Wintersportort passiert sein. Die Mutter des Kindes übersah die Hinweisschilder und fuhr mit dem Schlitten über eine schwarze Skipiste, wo sie auf dem eisigen Untergrund die Kontrolle verlor und gegen einen Baum prallte. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen sowohl gegen die Mutter als auch gegen den Sicherheitsbeauftragten des Liftbetreibers ein und beschlagnahmte zeitweilig die Piste. Auf den Fall schossen sich auch einige Medien und die lokale italienische politische Rechte ein. Sie glaubten nämlich, einen Schuldigen gefunden zu haben, weil auf der Schautafel an der Bergstation auf das Rodelverbot nur in deutscher Sprache hingewiesen worden wäre. Was die nationalen Eiferer jedoch unerwähnt ließen oder bewusst verschwiegen: neben dem deutschen Text war ein allgemein verständliches Piktogramm in der Art eines Verkehrsschildes angebracht, welches das Befahren der Piste mit Rodeln untersagte. Aber damit noch nicht genug: auf der gleichen Schautafel wurden die Schlittenfahrer mit dem zweisprachigen Hinweis „Rodelweg – pista da slittini“ auf den Weg Nr. 3 in die entgegengesetzte Richtung von der Skipiste weg zur Talstation gewiesen. Damit lässt sich der tragische Vorfall auch politisch nicht ausschlachten. Der Versuch einer politischen Vermarktung ist vielmehr Ausdruck von größter Geschmacklosigkeit, um nicht zu sagen von Leichenfledderei.
Aus rechtlicher Sicht müssten die Ermittlungen gegen den Vertreter der Liftgesellschaft eingestellt und, so hart das auch klingen mag, gegen die Mutter des Kindes Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben werden. Wie man aus den Medien erfahren kann, haben jedoch die Angehörigen den Schuldigen in der Person des Liftbetreibers ausgemacht. Damit wiederholt sich fast schon reflexartig das Verhalten der Betroffenen in ähnlich gearteten Fällen: das eigene Fehlverhalten wird ausgeblendet und auf einen Dritten verlagert. Was dabei allerdings unbeantwortet bleibt, ist die Frage nach der Eigenverantwortung. Und damit wären wir wieder beim Fall der amerikanischen Hausfrau, deren Kater in der Mikrowelle verkohlte und die dafür den Hersteller des Herdes verantwortlich machte, weil in dessen Gebrauchsanweisung der Hinweis fehlte, dass man nasse Katzen zum Trocknen nicht in die Mikro geben dürfe!
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt
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