Spezial-Landwirtschaft: „Zum Glück haben wir auf Veredelung gesetzt...“

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Alfred Pobitzer aus Schleis, Vizeobmann der „Bergmilch Südtirol“ Alfred Pobitzer aus Schleis, Vizeobmann der „Bergmilch Südtirol“

Interview: Magdalena Dietl Sapelza

 

Vinschgerwind: Herr Pobitzer, Sie sind Vizeobmann der Genossenschaft „Bergmilch Südtirol“. Die derzeitige Coronakrise setzt auch dem Milchmarkt zu. Können die Vinschger Bauern die Milch noch ohne Sorgen nach Bozen schicken?
Alfred Pobitzer: Noch können sie das. Die Milch wird täglich abgeholt. (lacht). Noch ist der Absatz da. Doch das volle Potential kann derzeit wegen der Krise nicht voll ausgeschöpft werden. Der Einbruch im Tourismussektor ist deutlich zu spüren. Und auch der einheimische Konsum ist leider grundsätzlich rückläufig.

Vinschgerwind: Kann der Auszahlungspreis (rund 50 Cent für konventionell produzierte Milch, rund 60 Cent für Heumilch und rund 70 Cent für Biomilch) beibehalten werden?
Alfred Pobitzer: Das ist schwierig zu sagen. Das hängt davon ab, wie sich alles entwickelt, wie schnell die Krise überwunden wird. Man muss auch bedenken, dass die Bergmilch vor der Krise notwendige und wichtige Investitionen getätigt hat, die es abzubezahlen gilt.

Vinschgerwind: Durch die Veredelung der Milch konnte die Bergmilch im Laufe der vergangenen Jahre immer größere Wertschöpfung erreichen. Wie läuft diese Schiene derzeit?
Alfred Pobitzer: Zum Glück haben wir auf Veredelung gesetzt, die mehr Wertschöpfung bringt. Allerdings mussten wir wegen der derzeitigen Absatzschwäche Einbußen hinnehmen. Derzeit sind wir gezwungen, die Milch einen Tages in der Woche als Versandmilch an Großhändler abzugeben, was natürlich mit Verlusten verbunden ist.

Vinschgerwind: Die Nachfrage nach authentischen und ehrlichen Produkten steigt. Wie reagiert die Bergmilch auf diese Nachfrage?
Alfred Pobitzer: Wir versuchen seit längerem zu reagieren. Wir bieten beispielsweise bereits silofreie Heumilch und Biomilch an – Nischenprodukte, die sehr gut angenommen werden und auch einen höheren Auszahlungspreis erwirtschaften.

Vinschgerwind: Heumilch und Biomilch gewinnen also immer mehr an Bedeutung. Auch Almmilch steht zur Diskussion – eine Chance für den Milchabsatz der Zukunft?
Alfred Pobitzer: Mit dem Angebot von Heumilch und Biomilch ist die Bergmilch auf dem richtigen Weg. Denn mir ist bewusst, dass man im kleinstrukturierten Berggebiet langfristig nur mit Qualität punkten kann und nicht mit Menge. Allerdings sind viele Bauern skeptisch, auch weil sie aus Platzgründen nicht auf Silofutter verzichten können. Als wichtigen Bestandteil der Berglandwirtschaft sehe ich die Almwirtschaft und auch die Almmilch. Diese könnte die Angebotspalette der Bergmilch bereichern und das Ansehen der Bergmilch steigern.

Vinschgerwind: Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten hinterfragen die Tierhaltung. Wie müsste die Milchwirtschaft im Vinschgau darauf reagieren?
Alfred Pobitzer: Wir müssen uns auf diesem Gebiet weiterentwickeln, auch wenn es auf den kleinstrukturierten Höfen im Berggebiet oft schwierig ist. Es wird einiges auf uns zukommen. Denn es könnte schon bald Zertifizierungen geben, auf die wir reagieren müssen. Wir von der Bergmilch sind aber stets bemüht, verträgliche Lösungen für alle zu suchen und zu finden.

Vinschgerwind: Könnte eine „Bioregion Obervinschgau“ zukunftsweisend für die Milchwirtschaft sein?
Alfred Pobitzer: Das ist eine schwierige aber auch immer wiederkehrende Frage, mit der sich alle Landwirtschaftssparten auseinandersetzen müssten. Eine Bioregion wäre sicher eine Option für die Zukunft, wenn auch sehr komplex in der Umsetzung. Bio-Milchbauern haben wegen der vielen kleinen Parzellen immer wieder Probleme wegen der Abdrift.

Vinschgerwind: Wie ist der Kontakt zu den anderen Milchhöfen?
Alfred Pobitzer: Jeder Milchhof ist für sein Betriebsergebnis seinen Mitgliedern gegenüber verantwortlich. Jeder mahlt mit seinen Mühlen. Zusammengearbeitet wird natürlich nur, wenn es für beide Seiten von Vorteil ist. Bedenklich stimmt mich, wenn günstigere Milch zugekauft wird, um den eigenen Profit zu erhöhen und mit einem besseren Auszahlungspreis zu glänzen. Eine doch kurzsichtige Strategie, wie ich meine, die zum Bumerang werden könnte. Wer mit Milchprodukten aus dem Berggebiet wirbt, sollte auch Milch aus dem Bergebiet verarbeiten und nicht Milch aus der Poebene oder aus Deutschland.

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