Schlanders erzählt... Märchenherbst

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Schlanders blüht auf

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Manfred Alois Mayr – Vulgo „Kapplmayr“ in seinem Atelier in Bozen Manfred Alois Mayr – Vulgo „Kapplmayr“ in seinem Atelier in Bozen

Gastbeitrag - Eine der wichtigsten Anforderungen unserer Zeit ist die Frage, wie wir die Welt unseren Kindern, unseren Enkelkindern, unseren Nachfahren hinterlassen wollen. Das Thema Nachhaltigkeit scheint in aller Munde und wird teils gelebt, aber auch interpretiert, missinterpretiert, missbraucht. Der Leitfaden reduce, reuse, recycle, auf gut deutsch reduziere und kaufe nur was du wirklich brauchst, verwende etwas wieder und erst im letzten Schritt recycle etwas, ist schon mal ein guter Anfang, um den eigenen CO2-Fußabdruck zu minimieren. Was für eine Hose oder für Verbrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs gilt, findet seine Berechtigung auch im großen Maßstab. Um so erfreulicher ist es zu sehen, wie die verlassene Drususkaserne aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Bereits seit 2018 wird in einem der vier Baukomplexe emsig gearbeitet. Im ehemaligen Kasernen-Versorgungsgebäude, der sogenannten Palazzina Servizi, hat die Gemeinde Schlanders im Rahmen des Regionalentwicklungsprojekts für Forschung und Innovation sowie Kreativwirtschaft in den letzten Jahren ein Social Activation Hub gebaut, ein Ort, der Menschen dazu inspirieren soll, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.Die Vinschger sind seit jeher ein widerspenstiges Volk, das schon viele kreative Köpfe und Denker:innen hervorgebracht hat. So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Schaffensdrang längst schon über die Grenzen der Basis, in den Außenbereich und in die Nachbarsgebäude übergeschwappt ist.Kreativität braucht freien Raum. Und freier Raum braucht Kreativität. Diese Symbiose hat schon viele illustre Beispiele hervorgebracht.

Leerstand als Brutstätte für Kreativität

Wo es Leerstand gibt, findet sich bald jemanden, der ihn füllt. Diese These hat sich zumindest in Berlin immer wieder bewahrheitet. Eines des angesagtesten Szeneviertel Berlins, der Prenzlauer Berg, entwickelte sich auf dem Nährboden verlassener Altbausubstanz und hinter bröckelnden Gründerzeitfassaden. Zwischen Außentoiletten und verfallenen Höfen entwickelte sich schon vor dem Fall der Mauer ein kreativer Geist, welcher sich in den 90er-Jahren frei entfalten konnte. Häuser konnten sehr günstig gemietet werden oder wurden gleich besetzt. Es entstanden Galerien, Künstlerateliers und hippe Kneipen, in denen die Ostberliner Boheme zu Hause war. Schon bald fühlten sich Studenten:innen aus dem Westen magisch vom archaischen Leben in dieser Gegend angezogen und waren bereit, ihre Wohnungen mit schmutzigen Kohlenbriketts zu heizen und in telefonzellenartigen Duschkabinen in der Küche zu duschen. Trotz der eingesetzten Gentrifizierung und der damit verbundenen strukturellen Erneuerung, dem Anstieg der Mieten und der Verdrängung der ursprünglichen Künstlerszene durch besserverdienende Gesellschaftsschichten, ist der Prenzlauer Berg dennoch ein interessantes und authentisches Viertel geblieben.

Viel Raum für viel Kunst

Ein anderes Beispiel, wo in alten Gemäuern Kunst und Kreativität Einzug erhielten ist das Arsenale von Venedig. Es handelt sich um ein sehr ausgedehntes Areal am östlichen Ende der Insel, welches sich im 12. Jh. zum Mittelpunkt der Schiffs- und Waffenproduktion der Republik Venetien entwickelte. Wo einst riesige Schiffe gebaut wurden, mit welchen Venedig sich gegen die Osmanen verteidigte, erhielten 1980 die Kunst und Kultur ihren Einzug mit der 1° Internationalen Architekturausstellung. Nun findet jährlich die Kunst-bzw. Architekturbiennale statt und konnte 2019 noch 600.000 Besucher:innen verzeichnen. 

Schlanders blüht auf

Wohl wissend, dass Schlanders nicht Berlin und nicht Venedig ist, können diese Beispiele dennoch in für einen kleineren Maßstab interessant sein. Die Idee, dass zukünftig Menschen miteinander in einer großen Kreativwerkstatt arbeiten, kreieren und sich austauschen, liegt im Fokus der weiteren Entwicklung des Gründerzentrums BASIS und des gesamten Vinschgaus. Es geht darum, individuelle Potentiale zu nutzen, Synergien zu stärken und den Vinschgau als Standort für Kreativwirtschaft zu festigen. Eine Dynamik die keine beruflichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Grenzen kennt.Die Palazzina Tagliamento, der östliche Gebäuderiegel der Drususkaserne, ist ein weiterer Schritt einer sinnvollen Zwischennutzung von Leerständen und Anziehungspunkt für Rückkehrer. Es ist das Ziel, diese bedarfsorientiert und lebendig zur Verfügung zu stellen und in diesem Kontext regionsübergreifend, ein weiteres Vorzeige-Projekt im Zuge der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu sein.Bis Ende 2023 kann der Verein Basis die leerstehenden Räumlichkeiten der Palazzina Tagliamento als „Kreativwerkstatt“ nutzen und so der stetig wachsenden Anfrage an individuell nutzbaren Werk- und Produktionsräume für Kunsthandwerker:innen und Künstler:innen gerecht werden. Bereits über 550m² konnten zum Marktpreis an verschiedenste Nutzergruppen vermietet werden. Schlendert man durch die verschiedenen Räumlichkeiten, ist es wie eine spannende Reise, wo man altes Handwerk kennenlernen und die Künstler:innen beim Bearbeiten des Marmors beobachten kann. Alte Gegenstände werden upgecycled und mancherorts fliegen die Holzspäne. Das entstandene kreative Netzwerk der Basis gibt Rückkehrern eine frische Perspektive und generiert lokal verwurzelte Arbeitsplätze. Dank fortschreitender Digitalisierung rückt die Welt ein Stück zusammen, und wir sind auch in der Peripherie mitten im globalen Geschehen. Während es vor einiger Zeit viele in die Städte zog, angelockt vom Rausch der vielfältigen Eindrücke, so kann man doch langsam eine Kehrtwende beobachten. Work and travel, arbeite und reise, ist nun um eine Destination reicher, und dies mitten im Vinschgau. Das Kasernenareal ist ein sehr wertvolles Ensemble, dessen Formgebung einiges an Fingerspitzengefühl und kollektiver Abwägung und Planung abverlangt. Freier Raum braucht Kreativität. Freier Raum braucht Vernetzung. Freier Raum braucht die Schwarmintelligenz und die Mitsprache der Bevölkerung.Bei der Gestaltung des gesamten Areals wird die Staudenvinschger Kreativität sicher wieder zum Blühen kommen und beim Mitgestalten der Freiflächen in Form einer Arbeitsgruppe  ihre Früchte tragen. Wir sind gespannt!     

 Freunde der Drususkaserne

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