„Wir erhalten viel Zuspruch“

geschrieben von
Das Interview mit Hermann Wenter hat Alena Lamprecht geführt. Alena besucht die 4. Klasse des Sprachengymnasiums in Meran und absolviert ihr Schulpraktikum beim Vinschgerwind Das Interview mit Hermann Wenter hat Alena Lamprecht geführt. Alena besucht die 4. Klasse des Sprachengymnasiums in Meran und absolviert ihr Schulpraktikum beim Vinschgerwind

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Heimatpflegevereins Naturns-Plaus erzählt Hermann Wenter, Obmann und Mitgründer des Vereins, über die vergangenen Jahre und die geleistete Arbeit.

Vinschgerwind: Welcher Gedanke steckt hinter der Gründung eines Heimatpflegevereins in Naturns?
Hermann Wenter: Schon seit meiner Kindheit bin ich ein Vereinsmensch und halte mich gerne in Gemeinschaft auf. Ich war damals eine Zeit lang als Ministrant tätig und bin später auch in die Musikkapelle eingetreten. Zudem bin ich auf einem Bauernhof aufgewachsen und kam dort schon früh in Berührung mit den traditionellen Bräuchen. Die Grundwerte, die mir dort weitergegeben wurden, haben mich mein ganzes Leben lang geleitet. Allerdings war Heimatpflege nicht unbedingt das, was meinem Grundgedanken entsprach. Ich hatte eher an einen Trachtenverein, wie dem in Bayrischzell, gedacht. Die Tracht spielt in Südtirol eine ganz andere Rolle. Unter Tracht versteht man hierzulande die bäuerliche Kleidung, weshalb man vom „Bäurischen“ spricht. Im Laufe der Zeit habe ich versucht mir eine Meinung zu bilden, warum viele Leute bei uns das „Bäurische“ nicht gerne tragen. Ein möglicher Grund dafür ist, dass damals einige ihren Hof verlassen mussten und sie sich deshalb nicht damit identifizieren wollen. Über die Idee von der Gründung eines Trachtenvereins in Naturns habe ich unter anderem mit dem Kulturreferenten Josef Pircher gesprochen. Er hat es damals schon umfangreicher betrachtet und so kam es 1996 zur Gründung eines Heimatpflegevereins in Naturns und Plaus. Ich war zu dieser Zeit bereits Obmann der Naturnser Vereinsgemeinschaft und in diesen Posten floss viel Zeit und Mühe, weshalb Josef Pircher das Amt des Obmannes für den Heimatpflegeverein übernahm.

Vinschgerwind: Hat sich der Verein in den letzten 25 Jahren verändert?
Hermann Wenter: Ich glaube nicht, dass sich der Verein wesentlich verändert hat. Zu Beginn haben wir nur kleine Arbeiten erledigt. Eine der ersten Tätigkeiten, an die ich mich erinnern kann, war die Restaurierung des „Gott-Vater“-Bildstocks am Naturnser Sonnenberg im Jahre 2000. Es befand sich unter Privatbesitz, doch die Besitzer begrüßten und unterstützten unser Tun, auch im finanziellen Sinne. In den folgenden Jahren haben wir uns ziemlich stark auf die Restaurierung von Bildstöcken konzentriert. Es gab eine Veränderung, die sich zwar nicht unmittelbar innerhalb des Vereins abspielte, aber ihn dennoch beeinflusste. Diese war die Abschaffung der Fronleichnamsprozessionen in Naturns. Sie wurden 1977 durch den Dekan Georg Peer nicht länger ausgeführt. Stattdessen führte er die Erntedankprozession in Naturns ein. Daraufhin habe ich versucht ein Feld aufzutreiben, in dem der Heimatpflegeverein selbst Getreide anbauen und ernten kann. Glücklicherweise sind wir auf das Grundstück bei den St.-Laurentius-Ruinen, die sogennanten „Stab´ner Mesnergüter“ gestoßen und konnten 2008 einen Pachtvertrag mit 15-jähriger Gültigkeit abschließen. Seitdem bewirtschaften Mitglieder des Heimatpflegevereins Naturns-Plaus den Acker.

Vinschgerwind: Welches Projekt war für den Heimatpflegeverein von besonderer Bedeutung?
Hermann Wenter: Wie bereits erwähnt, ist für mich die Erhaltung der Tracht von besonderer Bedeutung, stets in Verbindung und Kontakt mit dem Trachtenverein Bayrischzell. Dorthin, in die kleine deutsche Gemeinde, unternahm der Verein auch einige seiner Ausflüge. Neben dieser Tätigkeit ist die Gestaltung der Bildstöcke und die der Wegkreuze ein großer Teil unserer Arbeit. Josef Pircher hat sich damals schon sehr mit der Erhaltung des Pixnerhauses in Plaus beschäftigt. Dank seiner Bemühungen und seinem Einsatz konnte der Heimatpflegeverein bei der Gemeindeverwaltung Plaus die Erhaltung dieses ehemaligen Schul- und Bauernhauses erwirken und es vor dem Verfall bewahren.

Vinschgerwind: Wie fallen die Reaktionen für die geleistete Arbeit aus?
Hermann Wenter: Die Reaktionen sind zum Großteil sehr positiv, von den Gemeinden Naturns und Plaus haben wir von Beginn an sehr viel Unterstützung erhalten. Allerdings gab es, als wir mit der Bewirtschaftung des Ackers bei den St.-Laurentius-Ruinen begonnen haben, auch einzelne, die unsere Arbeit nicht wertgeschätzt haben. Viele dachten , dass wir den Bauern zeigen wollen, wie man einen Acker richtig bewirtschaftet. Aber unsere Absicht war eine andere: Den Menschen zu zeigen, wie sich die Bewirtschaftung früher zugetragen hat. Von den meisten Seiten hat der Verein dafür viel Zuspruch erhalten. Für uns war es schon von Beginn an wichtig, dass die Arbeit, die wir leisten, der Allgemeinheit und dem Verein zu Gute kommt.

Vinschgerwind: Wenn wir nun einen Blick in die Zukunft werfen, was wünschen Sie sich für den Heimatpflegeverein Naturns-Plaus?
Hermann Wenter: Im Laufe der 25 Jahren hat der Verein schon viel für die Gemeinden geleistet. Dennoch stößt man immer wieder auf neue Dinge, die sich für die Arbeit des Heimatpflegevereins anbieten. So bin ich bei einem Spaziergang im November auf einen Bildstock zwischen Naturns und Staben aufmerksam geworden. Bereits 2003 kam der Vorschlag zur Restaurierung der enthaltenen Statuen auf, jedoch verfügte der Verein damals noch nicht über die erforderliche Erfahrung, um die Arbeiten auszuführen. Ich habe mir anlässlich des Jubiläums - unterstützt vom Vereinsvorstand - vorgenommen, es dieses Jahr in Angriff zu nehmen. Durch die Erfahrung weiß man nun, dass hinter jeder Idee und deren Umsetzung viel Arbeit und Zeit steckt. Wegen der Pandemie mussten aber auch wir unsere Pläne dem Geschehen anpassen und einiges verschieben. Da man mit dem Alter auch immer müder wird, würden wir es sehr begrüßen junge Interessierte in unserem Verein aufzunehmen.

Interview: Alena Lamprecht

Gelesen 2652 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.