„Südtirol isch lei a Nodelstich in der Welt“

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Luis Karner, geb. 1935, Taufers i. M. hat seine vielen Reiseziele mit Ansteckfähnchen auf der Landkarte markiert. „Wenn`s gang tat i heint nou in Herbst verschwindn unt in Langes zruckkemman.“ Luis Karner, geb. 1935, Taufers i. M. hat seine vielen Reiseziele mit Ansteckfähnchen auf der Landkarte markiert. „Wenn`s gang tat i heint nou in Herbst verschwindn unt in Langes zruckkemman.“

Der 84-jährige, pensionierte Postmeister Luis Karner aus Taufers i.M. bereiste in den vergangenen zwei Jahrzehnten zusammen mit einem Freund die Welt, meist im Winter. Die Ziele waren vorwiegend Länder auf der Südhalbkugel, wo es warm ist. „Denn i hon nit gearn kolt“, sagt er.

von Magdalena Dietl Sapelza

Nach seiner Pensionierung lernte Luis 1998 beim Äpfel klauben in Terlan den zwanzig Jahre jüngeren Toni Kofler kennen. In Gesprächen stellten beide fest, dass sie davon träumten, die Welt zu bereisen. Gesagt getan. Von nun an stiegen sie jedes Jahr im Dezember in den Flieger, erkundeten ferne Länder und kehrten Ende Jänner wieder zurück. Auf einer Landkarte hat Luis alle Orte mit Fähnchen markiert. Es sind an die 70 Länder rund um den Globus, die er besucht hat, von Amerika, über Afrika, Australien bis hin zu Südostasien. Alle Länder aufzuzählen, würde diese Seite füllen und seine Reise-Erlebnisse mehrere Bücher. „I mechat schun long a Buach schreibm, ober i drhucks nit zui“, sagt er. Luis und Toni buchten jedes Mal nur den Hin- und Rückflug, das Programm vor Ort organisierten sie nach Lust und Laune. Da sie beide etwas Englisch sprachen, kamen sie überall problemlos weiter. Nur einmal in all den Jahren erlebten sie einen Überfall-Versuch, und einmal wurde ihnen eine Reisetasche gestohlen. Sie studierten Reiseführer, schliefen in Pensionen und Hotels. Sie tauchten in fremde Kulturen ein, lernten unterschiedliche Menschen, Lebens- und Essgewohnheiten kennen und vieles mehr. Die besten Grillhühner habe er in Paraguay gegessen und den besten Braten hinter dem „Weißen Haus“ in Washington, erzählt Luis. Beeindruckend sei die Woche auf dem Mississippi-Dampfer gewesen, genauso wie die Fahrt mit den farbigen Bussen durch Südamerika und grandios die Budda Statue in Kambodscha. Er traf auf unermesslichen Reichtum und auf bittere Armut. Sein Blickwinkel weitete sich mit jeder Reise. „Südtirol isch lei a Nodelstich in der Welt“, stellt er fest. Viele Reise-Eindrücke hielt er mit der Kamera fest. Er könnte viele Dia-Vorträge damit bestücken. Seine Reise-Unterlagen wie Landkarten, Straßenkarten, Reiseführer, Prospekte, Ansichtskarten…. füllen vier große Kisten in seinem Keller.
Luis wuchs in einer Großfamilie in Taufers i. M. auf, die dort das „Gasthaus Löwen zur Post“ führte. Nach der Pflichtschule absolvierte er die kaufmännische Ausbildung in Meran. Seine anschließenden Arbeitsbewerbungen liefen ins Leere. „1953 hot‘ s fa Reschn bis Töll koa Orbat gebm“, erinnert er sich. In Basel in der Schweiz erhielt er eine befristete Arbeit als „Ausläufers“ in einer Metzgerei. Danach trat er in den Dienst eines Tierschutzheimes im Nyon und fütterte Vögel in einer Voliere. Später wechselte er ins Gastgewerbe und wurde Portier, so auf der Lenzerheide, in Montreux, am Comosee…. Zwei Monate lang hielt er sich in der Grafschaft Kent in Großbritannien auf, wo er Englisch lernte. Ein Stellenangebot einer Mailänder Bank nahm er nicht an. „Wenns draufoun kemman isch, bin i nit gongen“, sagt er.
1959 erhielt er eine Stelle bei der Post im Vinschgau. „Ersch selm sain miar Teitsche zun Zug kemman, vorher sein olz Südtitaliener do gweesn“, erklärt er. Er begann im Postamt in Mals, war zeitweise „Springer“ im Vinschgau und erhielt nach bestandenem Nationalwettbewerb die Fixanstellung. Als Postmeister war er in Glurns und bis zu seiner Pensionierung in Mals tätig.
Seine Frau Antonella lernte Luis am Comosee kennen, wo sie im Gastgewerbe beschäftigt war. Sie stammt aus Agrigento auf Sizilien. Dort feierte er 1967 Hochzeit und bezog mit ihr eine Wohnung in Taufers i.M., wo er später auch ein Haus baute. Die junge Frau hatte den Ort zuvor noch nie gesehen und sprach kein Deutsch. Es fiel ihr schwer, sich dort einzugewöhnen. Ihre Aufgaben als Ehefrau und Mutter zweier Söhne lenkte sie vom Heimweh ab. Noch heute meint sie: „Si tira avanti“. Den Urlaub verbrachte die Familie oft in Sizilien. Nach seiner Pensionierung zog es Luis wieder in die Schweiz. Auf der „Heidi-Alp“ bei Maienfeld schlüpfte er acht Jahre lang in die Rolle des „Alp Öhi“ mit langem Bart, den er sich hatte wachsen lassen, und hütete Rinder.
Luis ist ein politisch interessierter, belesener und kritischer Geist, der gerne unter Menschen ist und diskutiert. Oft ist er aber auch melanchonisch in sich gekehrt. „I tua zuviel denkn, unt nimm‘ s nit olm leicht“, sagt er. Und er verrät: „Miar isch Taufers zu kloan unt zu longweilig.“ Doch große Reisen mutet er sich nun nicht mehr zu. Seine letzte Reise mit Toni hat ihn vor zwei Jahren nach China geführt. Seither erkundet Luis das Land Südtirol mit Rucksack, Zug und Bus. Vielleicht schreibt er doch noch sein Buch. Den Titel hat er im Kopf: „Kleine Welt - Große Welt“.


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