Vinschgau - Nach der erwartbaren SVP-internen Niederlage von Albrecht Plangger bei den Vorwahlen, schlägt Plangger harte Töne an und greift indirekt den Bauern- und Tourismuslandesrat Arnold Schuler an. Der fühlt sich auf den Schlips getreten und sagt, dass er im SVP-Vinschgau nicht erwünscht sei.
von Erwin Bernhart
Der Abi Plangger und auch die SVP im Vinschgau sind offensichtlich zum parteiinternen Blinddarm degradiert. In der Partei gibt es keinen Artenschutz für den Vinschgau, nicht einmal einen angedachten. Plangger hat die Vorwahl gegen Dieter Steger verloren und es war eine Illusion, dass der amtierende Kammerabgeordnete gegen einen halb Bozner halb Pusterer Steger den Hauch einer Chance hatte. Trotzdem. Der „Abi“ hat sich im Vorfeld der Wahl - aufrichtig an die parteiinterne Demokratie, an die freie Wahl nach Stimmrechten glaubend - die Haxn abgerannt, hat bei den BM in Ost und Süd Klinken geputzt - genutzt hat es, trotz beiläufiger Unterstützung des amtierenden Pusterer Senators Meini Durnwalder - nichts.
Die Enttäuschung darüber hat den Abi Gift und Galle spucken lassen. Der Vinschgau habe nun keinen Ansprechpartner mehr, habe weder einen Landesrat noch einen Parlamentarier. Der Noggler Sepp sei nun der einzige Ansprechparnter und der sei eben auch nur Landtagsabgeordneter. Wenn sie nicht zum Sepp gehen wollten, dann müssten die Vinschger nun 100 Kilometer nach Bozen pilgern und nochmal 100 Kilometer ins Tal zurückfahren. So hat er es sinngemäß dem Tagblatt diktiert.
Geflissentlich vergessen hat Abi Plangger allerdings, dass in Plaus ein Landesrat stationiert ist, der sich geografisch im Vinschgau befindet, dessen Zuneigung zum Vinschgau laut Selbstaussage groß ist: Arnold Schuler. Schuler reagiert auf Abis Aussagen mit großer Verwunderung, auch weil, so sagt es Schuler, diese Aussagen jeder Grundlage entbehren. Allerdings habe der politische SVP-Bezirk Vinschgau in der Vergangenheit die Grenzen hart abgesteckt. Er sei bisher in der Vinschger SVP so gut wie nicht erwünscht gewesen. Lediglich zur Erläuterung des Landestourismuskonzptes sei er vorgeladen worden.
Der Abi hat dann noch nachgelegt, indem er in der Rai Südtirol indirekt den Vorwurf gemacht hat, in Sachen Wolf untätig zu sein. Man habe auf seine Vorschläge in der Wolfskommission nicht gehört. Man müsse den Römern die Wolfrisse genau dokumentieren, ebenso müsse der Herdenschutz genau dokumentiert werden. Erst wenn Südtirol diese Hausaufgaben gemacht habe, so Plangger sinngemäß, würde die zuständige ISPRA möglicherweise Wolfsabschüsse genehmigen. Dem widerspricht Schuler heftig. Man mache sehr wohl die Hausaufgaben und Abis Vorschläge stießen in der Kommission eher auf ein Lächeln.
Im Obervinschgau hat die langjährige Ärztin für Allgemeinmedizin Raffaela Stocker ihre Tätigkeit mit Ende Juli beendet, an ihre Stelle tritt provisorisch der Arzt für Allgemeinmedizin Antonio Gallicchio. Gallicchio wird ab 1. September 2022 automatisch für alle Bürgerinnen und Bürger, welche bei Raffaela Stocker eingeschrieben waren, als Hausarzt eingetragen. Es sind keine weiteren Handlungen notwendig. Gallicchio ist in seiner Arztpraxis in Glurns, im Winkel 2, erreichbar; Details wurden den Eingeschriebenen bereits schriftlich mitgeteilt.
Göflan - Beim Abtransport des Marmors vom Göflaner Wantlbruchs in Richtung Schlanders kommt es im Nationalpark immer wieder zu großen Staubentwicklungen. Ein Anrainer weist darauf hin, dass sich auch ein Wasserschutzgebiet in der Abtransportstrecke befinde und sagt, dass diese Situation eine mehr als fragliche und rechtlich eigentlich unhaltbar sei. Aufgrund der enormen Belastung durch die großen Blöcke müsse die Straße immer wieder neu eingeschottert werden und der neue Schotter bewirke wiederum neue Straubentwicklungen. (eb)
Vinschgau/Burggrafenamt - Der Senatswahlkreis Burggrafenamt/Vinschgau scheint für Senatskandidaten attraktiv zu sein. Neben Juliane Unterberger von der SVP und neben Markus Hafner vom Team K haben sich nun auch die Freiheitlichen mit Sabine Zoderer (Bild) aus Partschins, die Grünen mit der Meranerin Marlene Messner und ein Mescuglio aus italienischen Rechtsparteien mit Rita Mattei in Stellung gebracht. Die 5 Stelle sind mit Francesca Morrone und Italia Viva mit Giovanna Valentini mit von der Wahl-Partie. Für die Kammerwahl stehen Renate Gebhard von der SVP und Franz Ploner vom Team K zur Auswahl. (eb)
Kommentar von Chefredakteur Erwin Bernhart - Einen SVP-Vinschger im römischen Parlament wird es nicht mehr geben. Der Albrecht Plangger hat gegen Dieter Steger keine Chance bei den Vorwahlen gehabt. Aus. Mit der Neueinteilung der Wahlkreise für die römische Kammer wird es auch in Zukunft wohl keine Vinschger Vertretung mehr in der römischen Abgeordnetenkammer geben. Denn der Wahlkreis umfasst neben dem Vinschgau das Passeiertal, das Wipptal und das Pustertal und Salten Schlern. Der Vinschgau hat da keine Chance mehr. Autsch. Die Wähler:innen im Vinschgau dürften verunsichert sein, gerade jene, die bisher die Südtiroler Volkspartei gewählt haben. Eine Protestwahl am 25. September ist vorstellbar. Diese Protestwahl könnte sich auch auf die Wahl für den Senat auswirken. Dort besteht der Senatswahlkreis - wie bisher - aus dem Vinschgau und dem Burggrafenamt. Einen Stimmzettel wird es für die Wahlen für den Senat geben und einen Stimmzettel für die Kammerwahl. Bisher hatten Oppositionsparteien außerhalb der SVP bei Parlamentswahlen keine Chance, ihre Kandidat:innen durchzubringen. Möglicherweise wird es auch diesmal so sein. Allerdings ist das Schaulaufen für die Oppositionsparteien enorm wichtig als Standortbestimmung in der Wählergunst und das im Hinblick auf die Landtagswahlen 2023. Der Vinschgau eignet sich besonders für diese Wahlexperimente. Wenn die Südtiroler Volkspartei nicht ganz von Arroganz geleitet ist, wird sie genau darauf reagieren müssen.
Naturns - Vom 26. Juli bis 06. August 2022 wurde die UNICON 20 - die WM der Einradfahrer - in Grenoble, Frankreich veranstaltet.
Das siebenköpfige Naturnser Team konnte den enormen körperlichen und mentalen Anstrengungen bei großer Hitze mit Schattentemperaturen um die 40° und nur einem Ruhetag in den insgesamt 10 Wettkampftagen standhalten und überzeugte mit einer überragenden Teamleistung. Die in der Elite-Kategorie gemeinsam mit Leonie Mengon startenden Schwestern Anna-Maria und Nadia Perkmann holten mit den Teamkollegen Greta Kofler, Valentina Gruber, Maya Hanifle und Max Grüner insgesamt 39 Medaillen in den verschiedenen Alterskategorien.
Diese Erfolge wurden kürzlich von der Naturnser Gemeindeverwaltung mit einem Empfang am Rathausplatz würdig gefeiert. Bürgermeister Zeno Christanell, Sportreferentin Astrid Pichler, Mobilitätsreferent Florian Gruber und SSV Naturns-Präsident Dietmar Hofer hoben die herausragende mannschaftliche Leistung hervor und drückten besonders den Elite-Athletinnen ihre Anerkennung aus.
Anna-Maria Perkmann wurde Weltmeisterin im Cross Country (Berg-Querfeldeinrennen von 17 km) und im Cyclocross (1,7 km Hindernisparcours im Park) und freute sich über zweimal Bronze über 800 m und 400 m auf der Bahn. Nadia Perkmann folgte ihrer Schwester als Vize-Weltmeisterin im Cross Country und im Cyclocross. Leonie Mengon holte zweimal Bronze im Downhill und im Cyclocross.
„Ich bin in meiner Wettkampfkarriere schon viele schwierige Rennen gefahren, doch der Cross Country in Grenoble war mit 17 km Länge und 870 Höhenmetern, vielen technischen Downhillpassagen und steilen Uphills die wohl anstrengendste Strecke bei einer WM. Das sehr enge Zeitlimit für die erste Runde von 55 Minuten machte es den Fahrern nicht leicht, sich die Kräfte auf der Strecke gut einzuteilen und somit schafften es im gesamten Teilnehmerfeld nur 5 Frauen in die zweite entscheidende WM-Runde,“ berichtete die sichtlich müde, aber dennoch stolze Weltmeisterin Anna-Maria Perkmann.
Die Sektion Einrad im SSV Naturns Raiffeisen reiste mit einem siebenköpfigen Team begleitet von ihrer Sektionsleitung nach Grenoble. Nach zweimaligen Verschiebungen wegen der Corona-Pandemie freuten sich die Athleten und Athletinnen aus der ganzen Welt auf die Wettkämpfe. Das Teilnehmerfeld mit etwa 1500 Teilnehmern stammte aus 40 verschiedenen Ländern.
Neben Naturns nahmen als weitere Teams aus Südirol/Italien auch Villanders, Latzfons und Lajen teil. Sie waren bei den unterschiedlichsten Disziplinen des Einradfahrens dabei, so bei den Muni-Disziplinen (Mountain Uphill, Downhill, Cross Country, Cyclocross), Bahnrennen, Marathon 10 km, Trial oder Slow Race.
Vinschgau - Ein ganz besonderen Moment der Inklusion war auf dem Malser Sportplatz zu erleben. Die Leichtathletikgruppe Terra Raetica des Lac Vinschgau trainierte zusammen mit dem erst kürzlich vom Kieg aus der Ukraine geflüchteten 17 Jahre alten Ivan Lytovchenko. Zusammen mit seiner Mutter und der Dreispringerin Mariia Yelanska ist er in Mals untergebracht worden. Dort fanden sie nach der Flucht sofort Zugang zu den Sportanlagen und konnten ihr Training fortführen. Eine Ausnahmeregelung gestattet ukrainischen Flüchtlingen die Teilnahmen an Wettkämpfen in ganz Italien. So nahm das Ausnahmetalent bereits unter dem Lac Vinschgau Raiffeisen an den Regionalmeisterschaften in Rovereto teil. Ivan übersprang mit 16 Jahren 2,05 m und war damit weltweit 13-bester Hochspringer seines Jahrgangs (2005). Natürlich wirkte sich die extreme Belastung durch Krieg und Flucht auf die Leistungen aus. Am 5. Februar sprang er bei einem Wettkampf im nordost-ukrainischen Sumy noch über 2 m hoch. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass drei Wochen später diese Stadt schon vom russischen Militär erobert und sein nächstes Meeting Quercia d’Oro di Rovereto sein wird. Es war der Präsident des Leichtathletikclub Vinschgau Raiffeisen, Tobias Lechthaler, der sich dieser Angelegen annahm und mit dem Ukrainer nach Rovereto fuhr. Ein überaus lobenswerter Akt der Solidarität und ein riesiger Beitrag zur Talent- Förderung. Ivan wurde mit viel Applaus von Publikum, Kampfgericht und von den Athleten unterstützt und gewann mit der Höhe von 1,90 m den Wettkampf. (TM)
Schluderns - Mit Ivan De Filippis hat der AVS Schluderns einen neuen Vorsitzenden. Er war bisher Kassier und löst Edelbert Klotz ab. „Ich habe mich bereit erklärt, weil ich um Kontinuität bemüht bin“, so De Filippis. Unter seiner Führung wurde das neue Gipfelkreuz am Kreuzjoch aufgestellt, dessen Errichtung die Firmen HOPPE und Marseiler Bau möglich gemacht hatten. Organisiert wie bisher Bergwanderungen und Klettertouren unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade. Der AVS Schluderns zählt rund 500 Mitglieder. Auch Mitglieder aus anderen Ortsgruppen nutzen die Angebote. Der AVS betreut den Kletterturm in der Sportzone. Dieser ist von Herbst bis Frühjahr geöffnet. Kletterer kommen aus allen Orten des Obervinschgaus und des Münstertals. „Unser Problem ist, dass zu viele Leute kommen und der Kletterturm zu klein ist“, erklärt De Filippis. Es brauche dringend eine Erweiterung. Ein Vorprojekt liege bereits vor, doch es fehle die Finanzierung.Man müsse warten, denn der Bau des Altenheimes habe für die Schludernser Gemeinde Vorrang. Für das Jahr 2023 wird der Vorstand des AVS wiedrum neue Programme erstellen und seinen Mitgliedern regelmäßige Angebote zukommen lassen. Das Interesse, sich in den Bergen zu bewegen ist jedenfalls ungebrochen. (mds)
Glurns/Stilfserjoch - Zum 20. Mal gehört das Stilfserjoch am 3. September 2022 einen Tag lang ausschließlich den Radlern. Heuer werden die Organisatoren vom Nationalpark Stilfserjoch erstmals von den Verantwortlichen der IDM und des Tourismusvereins Prad am Stilfserjoch unterstützt. An den 20 Radtagen seit 2001 haben insgesamt 120.600 Radlerinnen und Radler teilgenommen.
von Magdalena Dietl Sapelza
Die 20. Ausgabe des Stilfserjoch Radtags findet nach pandemiebedingter zweijähriger Pause endlich wieder statt, und zwar am Samstag, 3. September 2022. Dann gehören die atemberaubenden Kehren der Stilfserjochstraße einen Tag lang allein den Radfahrern. Die Passstraße wird ab Trafoi für den motorisierten Verkehr gesperrt. Organisatoren sind heuer neben den Verantwortlichen des Stilfserjoch Nationalparks um Amtsdirektor Hanspeter Gunsch erstmals die IDM Südtirol | Innovators, Developers & Marketers und der Tourismusverein Prad. Deshalb waren kürzlich neben Gunsch auch Kurt Sagmeister vom IDM und Peter Pfeifer vom TV Prad am Stilfserjoch bei der Pressekonferenz in Glurns vertreten. Gunsch blickte auf die vergangenen Radtage zurück. Und der große Anklang der einzigartigen Veranstaltung lässt sich an den Zahlen messen. Seit dem ersten Radtag 2001 bis zum Radtag vor der Pandemie wurden insgesamt 120.600 Teilnehmer:innen aus ganz Europa gezählt. (Jahresschnitt 6.000). Sie alle faszinierte das erhabene Gefühl nach großer Anstrengung das Joch erreicht zu haben. Ein Spitzenwert erreichte die Teilnehmerzahl 12.100 im Jahre 2015. Die Initiative zum Radtag ging 2001 von Südtirol aus. 2005 konnte die Lombardei mit ins Boot geholt werden und 2007 der Kanton Graubünden. Der Radtag bedarf einer ausgeklügelten Logistik, denn es braucht Verpflegungsstationen, Erste Hilfe Einrichtungen und natürlich Parkplätzen in den Ortschaften und entlang der Strecke.
„Die vielen Radfahrer bringen Wertschöpfung ins Tal und machen unbezahlbare Werbung für den Vinschgau und für Südtirol“, erklärte Peter Pfeifer. Kurt Sagmeister beschrieb die Arbeit der IDM als koordinative Aufgabe. Zu den Partnern der Großveranstaltung zählen die Gemeinden Prad und Stilfs, die Ferienregion Ortlergebiet, der AVS Prad, die zum Beispiel für das Radler Frühstück am Hauptplatz in Prad sorgen und zahlreiche Helferinnen und Helfer.
Infos: www.nationalpark-stelvio.it
Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Maria Magdalena, 22. August 2022
Hand aufs Herz: Wer von uns hätte vor Ausbruch des Ukraine-Krieges an die gravierenden Folgen des Krieges auch für uns in Mittel- und Westeuropa oder für die armen Länder in Afrika und deren not- und hungerleidenden Menschen gedacht? Nahrungsmittelkrise, Hungersnot, Energiekrise, Erdgas als Waffe und Erpressung, Beschuss des ukrainischen Atomkraftwerkes Saporischschja, Gefahr einer weiträumigen nuklearen Verseuchung. Und die russischen Atomwaffen als zusätzliche Bedrohung.
Krieg, Corona-Pandemie und Klimawandel sind drei sich überlagernde Problemkreise, welche keine einfachen und schnellen Lösungen haben und die Weltgemeinschaft als Ganzes, die Menschen als Sozialwesen und die politischen Organe als Entscheidungsträger extrem fordern. Auch für meinen heutigen Beitrag zitiere ich wieder Mojib Latif, den Kieler Universitätslehrer und Forscher aus seinem neuen Buch „Countdown. Unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können“ (Herder Verlag 2022). Latifs Formulierung „mit dem Rücken zur Wand“ scheint allzu pessimistisch, ist es aber im Lichte der verschiedenen Krisen nicht.
Wer hätte vor dem Ukraine-Krieg angenommen, dass pazifistische Bewegungen, ökologisch orientierte Parteien in Regierungsverantwortung für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine zu deren Verteidigung einstehen müssten? Oder dass zur Abdeckung des Energiebedarfes zur Verfeuerung von Kohle als fossilen Energieträger zurückgekehrt werden würde? Dass Atomkraft als nachhaltige Energieform eingestuft würde? Mehrere Paradigmenwechsel sind notwendig.
Der Erdüberlastungstag
Losgelöst von den Folgen des Krieges Russ-lands gegen die Ukraine steht schon lange fest, dass die Erde übernutzt wird. So fiel der Erdüberlastungstag im Jahr 2021 auf den 29. Juli. Dieser Tag markiert den Zeitpunkt im Jahr, bis zu dem die Menschheit so viele Ressourcen von der Erde beansprucht hat, wie der Planet im gesamten Jahr erneuern kann. Anders ausgedrückt: Mit unserem Ressourcenverbrauch leben wir auf Pump, weil wir 1,7 Erden verbrauchen, die es aber nicht gibt. Die Auswirkungen der Überbeanspruchung unseres Planeten sind heute nicht mehr zu übersehen und für Millionen Menschen schon spürbar. Der Klimawandel gipfelt immer häufiger in zunehmenden Extremereignissen und Wetterkatastrohen mit Wirbelstürmen, Überschwemmungen, Dürren, Bränden. Die Feststellungen der Wissenschaft, dass die Erde die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht hat, sind keine panikmachenden Behauptungen, sondern datengestützte Fakten.
Mangelware Trinkwasser
Neben dem Klimawandel gibt es weitere Gründe für den ökologischen Krankheitszustand der Erde. Etwa die Verknappung des Trinkwassers. Auf der Erde gibt es zwar Wasser in Hülle und Fülle, aber vor allem als Salzwasser in den Ozeanen. Das Süßwasser findet sich gebunden in großen Mengen im Festlandeis Grönlands und der Antarktis und ist somit kaum verfügbar. Als Trinkwasser oder Bewässerungswasser relativ einfach zugänglich sind gerade einmal 0,3% des auf der Erde vorhandenen Wassers. Gut die Hälfte der Weltbevölkerung lebt bezüglich des Trinkwassers in unsicheren oder gar prekären Verhältnissen. Die weiter voranschreitende globale Erwärmung wird die Trinkwasserknappheit in vielen Gebieten der Erde weiter verschärfen, so auch im Mittelmeerraum. Die Sommertrockenheit nimmt zu und die Bodenfeuchte ab. Dies wird vor allem in der Land- und Forstwirtschaft zu Schäden und Ernteeinbußen führen.
Überfischung
Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir Menschen wegen der Übernutzung der Erde an Grenzen stoßen, ist die Überfischung der Meere. Zahlreiche Fischbestände drohen wegen anhaltender Überfischung zusammenzubrechen. Auch im Bereich der Hochseefischerei dominiert immer noch das Gewinnstreben, die Empfehlungen der Wissenschaft werden missachtet.
Tank und Trog statt Teller
Die fortgesetzte Zerstörung der tropischen Regenwälder ist ein weiteres Beispiel der Übernutzung von Ressourcen. Zur Erzeugung von Biosprit oder Viehfutter auf gerodeten Waldflächen anstelle von Nahrungsmitteln für die anwohnende Bevölkerung hat die Lokalzeitung „Dolomiten“ unlängst treffend getitelt: „In den Tank und in den Trog statt in den Teller“.
Ein Plastikkontinent entsteht
Die riesigen Mengen Plastikmüll in den Weltmeeren haben sich stellenweise durch Meeresströmungen so verdichtet, dass Quadratkilometer große Inseln aus Plastikflaschen entstehen. Aber nicht nur an der Wasseroberfläche schwimmt das Plastik. Zu Mikroplastik zerfallene Teilchen haben sich schon in den Nahrungsketten von den mikroskopischen Einzellern bis zu uns Menschen angereichert.
Das Korallensterben
Das Korallensterben in den tropischen Riffen durch die Erwärmung und Versauerung des Meerwassers hat ein geradezu erschreckendes Ausmaß angenommen. In immer größeren Bereichen der Riffe kommt es zur gefürchteten Korallenbleiche. Ehemals artenreiche Riffe werden zu Meereswüsten.
Intakte Korallenriffe und tropische Regenwälder gehören zumindest bis heute noch zu den artenreichsten Lebensräumen der Welt. Veränderungen und Verschlechterungen in diesen Lebensräumen führen zu enormen Verlusten in der Biodiversität.
Verknappung der Energie
Die massive Abhängigkeit vieler europäischer Staaten von russischen Gaslieferungen hat nach der Drosselung dieser Lieferungen „über Nacht“ zu einer heftigen Energiediskussion geführt. Den vielen Vorschlägen aus den verschiedenen politischen Lagern zum Umstieg auf mehr Selbstversorgung, Diversifizierung und Erneuerbarkeit der Energieträger fehlt die Zeit zur Umsetzung. Überbrückungen sind notwendig. In Europa wird zur Zeit heftig darüber gestritten, ob Atomenergie als nachhaltig eingestuft werden kann. Auch Erdgas sollte nach dem Willen der besonders gasabhängigen Länder als nachhaltig eingestuft werden. Und als Überbrückung des zu erwartenden Energieengpasses soll auch wieder verstärkt auf die Kohle als fossilen Energieträger zurückgegriffen werden. Jene Kohle, welche die Luftqualität schwer beeinträchtigt und durch den sauren Regen zu einem großflächigen Waldsterben geführt hatte.
Auch wenn wir uns als Staaten und Gesellschafen im kommenden Winter und darüber hinaus in einer Energiekrise befinden werden, kann und muss objektiv gesagt werden, dass weder die Atomenergie noch die Energie aus den fossilen Brennstoffen Erdgas und Kohle nachhaltig sind. Die Zukunft muss den Erneuerbaren Energien gehören.
Atomkraft – eine Brückentechnologie?
In der Eischätzung der ökologischen Wissenschaften ist die Atomkraft auch aus Gründen des Klimaschutzes ein großes Problem. Von der Atomlobby wird hingegen behauptet, Atomkraft würde das Klima schützen. In der Tat, beim Betrieb von Atomkraftwerken entsteht kein CO2 als Treibhausgas. Ich zitiere den oben bereits erwähnten Mojib Latif: “Bezieht man allerdings den gesamten Lebenszyklus eines Atomkraftwerkes inklusive Endlagerung in die Berechnung für den CO2-Ausstoß ein, steht Kernenergie zwar besser da als fossile Kraftwerke. Der Abstand der Atomkraftwerke von den Erneuerbaren Energieformen ist jedoch beträchtlich.“
Es gibt weitere Gründe zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der Atomenergie:
• Die Atomkraft ist die teuerste Form der Energiegewinnung. Energie aus Wind und Sonne sind deutlich billiger.
• Atomkraft ist mit Sicherheitsrisiken behaftet. In Frankreichs Atomkraftwerken gibt es erste Sicherheitsprobleme, es fallen Reparaturen an und es gibt immer mehr Ausfälle. Gleichzeitig sprengen die neuen Atommeiler jede Kostenbilanz. Während Wind- und Solarstrom immer günstiger werden, wird Atomstrom immer teurer.
• Atomkraftwerke können entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht sicher betrieben werden. Kernkraftwerke haben nach Mojib Latif den Realitätscheck erwiesenermaßen nicht bestanden. Mehrere Unfälle seit Beginn der zivilen Nutzung der Kernkraft haben dies bewiesen, darunter die Super GAUs in Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011).
• „Im Gegensatz zur Nuklearenergie sind die Erneuerbaren Energien praktisch überall auf der Erde verfügbar, noch dazu zeitlich unbegrenzt“ schreibt Mojib Latif. Einschränkend muss aber gesagt werden, dass die Sonne nachts und bei Schlechtwetter nicht scheint und der Wind nicht überall und nicht ausdauernd weht. Die Erneuerbaren Energien sind daher stark fluktuierend. Sie erfordern deshalb auch neue Netzstrukturen und v. a. intelligente Netze.
• Die Auswirkungen von Atomunfällen sind nicht beherrschbar. Sie können betroffene Gegenden jahrtausendelang unbewohnbar machen.
• Die Entsorgungsfrage von Atommüll ist nach wie vor ungelöst.
Zum Schluss noch eine letzte Einschätzung von Mojib Latif: „Das Festhalten an der Atomkraft würde Innovation beschneiden und die globale Energiewende verzögern, die nötig ist, um die globale Erwärmung zu begrenzen. Atomkraft bürdet den zukünftigen Generationen unzumutbare Lasten auf. Atomkraft und Umweltschutz schließen einander aus.“
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