Vinschgau/Latsch
Als Mitte der 60er Jahre die ersten Fernsehapparate in den Vinschgau kamen, gab es bereits einige von ihnen: Die Amateurfilmer des Vinschgaus. Heute gibt es sie immer noch, am vergangenen Samstag feierte man 20 Jahre Vereinstätigkeit und lud zur alljährlichen Filmvorstellung. Die Veranstaltung fand heuer im Rahmen der Kulturtage Latsch statt. Pünktlich zum Jubiläum übersiedelte man in das neue Culturforum Latsch, nachdem es in den vergangenen Jahren in der Aula der Mittelschule zu eng geworden war.
Die Aufregung war den Mitgliedern sichtlich anzusehen, man war sich während der Vorbereitungen nicht mehr so sicher, ob die Dimensionen des neuen Lokals nicht doch eine Nummer zu groß seien. Aber die Leute kamen und der Saal füllte sich bis in die letzten Reihen. Nach ein paar kurzen Ansprachen und Ehrungen langjähriger Vereinsmitglieder kam man zur Freude des Publikums bald zum Hauptteil des Abends, der Präsentation der Kurzfilme. Josef Gufler, aktueller Obmann des Vereins, hatte es vorweg selbstbewusst auf den Punkt gebracht: „Die Filmwelt von heute ist hochauflösend und bald sogar dreidimensional, für die Qualität eines Films ist das aber zweitrangig. Was zählt, ist immer noch die Idee und die Intention des Filmemachers.“ Und so bekam das Publikum im Verlauf des Abends Filme verschiedenster Art zu sehen, vom hochauflösenden HD-Bild der Gegenwart bis zum Schmalspur-Stummfilm vergangener Tage. Und an der Reaktion der Zuseher war dann auch deutlich zu erkennen, dass an den Worten des Obmannes wirklich etwas Wahres dran ist. So war zum Beispiel das Flüstern und Tuscheln im Saal nicht zu überhören, das sich während der Projektion von „Meine schöne Heimat“ breitmachte. Der Film von A. Josef Steinkeller aus dem Jahr 1970 zeigt in langsamen Bildern die Landschaft von Goldrain bis hoch zum Reschensee. Hat man sich an den eigenen Rhythmus gewöhnt, entwickelt der Film einen außergewöhnlichen Tiefgang, nichts bleibt oberflächlich. Und schließlich haben 40 Jahre alte Aufnahmen der Vinschger Kulturlandschaft auch schon einen großen historischen Wert.
Kornhocken auf dem Laaser Talboden, der alte Korblift auf die Haideralm oder auch einfach nur eine Kuh mit ordentlichen Hörnern genügen da, um die Zuseher - vor allem älteren Jahrgangs - zum Schwärmen zu bringen. Steinkeller, der im Übrigen gekonnt den Abend moderierte, bekennt sich ausdrücklich als Filmer der alten Schule und beklagt eine gewisse Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit der heutigen (Fern)Sehgewohnheiten. Zu Themen wie diesen soll es vereinsintern oft angeregte Diskussionen geben, was auch als Beweis für die Lebendigkeit des Vereins gesehen werden kann - trotz mancher inaktiven Mitglieder. Man bemüht sich auch um Weiterbildung oder Austausch mit befreundeten Vereinen. Einen weiteren Vorteil des nicht professionellen Filmens sieht Josef Gufler in der Unabhängigkeit von Fernsehanstalten und Financiers. Die Filme müssen niemandem gefallen und auch der Lebensunterhalt hängt nicht davon ab. Als Beispiel für diese künstlerische Freiheit könnte hier Dieter Marsoners „8mm“ genannt sein, in welchem der junge Latscher Archivaufnahmen eines Vereinskollegen verwendet und sie unkompliziert und spielerisch in die heutige Zeit bringt. Oder Leo Lanthaler mit seiner Dokumentation „Heiziachn - Eine alte Tradition im Hinterpasseier“, in der der Kommentar nicht, wie sonst üblich, gelesen wird, sondern ein Passeirer Urgestein im Dialekt den Kommentar improvisiert und mit den Heiziachern mitfiebert. Ein Ausblick in die filmische Zukunft in Zeiten von iPhone und Youtube ist sicher nicht leicht, die anwesenden Jugendlichen konnte man in Latsch jedenfalls an einer Hand abzählen.
Weibliche Mitglieder gab und gibt es auch nicht. Aber man zeigt sich gelassen und macht sich keine Illusionen. Zu gut wissen die Amateurfilmer selbst, welcher Aufwand hinter ihrem Hobby steckt. Und so verweist der Obmann nicht zu Unrecht darauf, dass im Verein neben dem Filmen vor allem auch die Kameradschaft und das gesellige Zusammensein zählt. Auch die Verdienste um das Dorfleben der jeweiligen Mitglieder sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. (mf)