Schlanders/Schlandersburg - Roman Altstätter sucht das besondere Abenteuer. Rund drei Wochen im Jahr ist er mit dem Rad unterwegs, mit dem Kanu oder auch zu Fuß. Seine letzte Radreise führte ihn durch den Apennin, von Ligurien nach Sizilien. Die erste Etappe machte er im Frühjahr 2019 von Savona in Ligurien bis nach Campobasso, der Hauptstadt der Region Molise. Die zweite Etappe von Campobasso bis nach Marsala auf Sizilien konnte Roman erst im Oktober 2021 durchführen. Am 29. Juni berichtete er über diese Radreise bei einem gut besuchten Bildervortrag im Innenhof der Schlandersburg, organisiert vom Bildungsausschuss Schlanders. Roman Altstätter zeigte Bilder und erzählte über seine Erlebnisse auf der 3.000 km langen Reise. Rund 100 km machte er jeden Tag, über Pässe, durch Städte, Dörfer und Nationalparks, vorbei an Wäldern, Kastanien- und Olivenhainen, Weinfeldern und Graslandschaften. Immer auf der Suche nach Besonderheiten und einem Gespräch mit fremden Menschen. Meistens übernachtete er im Zelt in der freien Natur. Er zeigte besondere Straßenschilder, humorvolle Sprüche, große Wandbilder, Protestsprüche und Lebensweisheiten an Mauerwänden, an denen er vorbeifuhr. Er begegnete Schaf- und Ziegenherden, herumstreunende Hunde und weggeworfene Müllsäcke. Er fuhr vorbei an viele Ortschaften in Mittelitalien, die 2009 und 2016 durch Erdbeben zerstört wurden und bis heute auf den Wiederaufbau warten. Es war eine Reise bei Wind, Kälte, Regenwetter und Sonnenschein. Er überquerte Schneefelder und fuhr über die schwarze Asche des Vesuvs, aber auch vorbei an Lavendelfeldern und Rosmarin, von der Küste in Ligurien über die Gebirgskette des Apennins bis zur Küste in Sizilien. Musikalisch begleitet wurde diese Italienreise durch Lieder und Gitarrenklänge von Maurizio Floridia der Gruppe „CosaNostra“, und Harfenmusik von Gernot Niederfriniger von der „Storchnmusi“. Nicht fehlen durften dabei das Partisanenlied „Bella Ciao“, die heimliche Auswandererhymne „Che Sarà“ und sizilianische Liebeslieder. (hzg)
Burgeis Guntersblum (D) - Die Radfahrgemeinschaft Guntersblum 1984 e.V. (RFG) entstand aus einem Kreis befreundeter Radfahrer, die 1982 die Tradition der Radtouren nach Burgeis begründeten. Die diesjährige Radtour von Guntersblum nach Burgeis stand ganz im Zeichen des 40jährigen Jubiläums. Ab Reschen wurden die Guntersblumer von den Burgeiser Radfreunden begleitet. Die Ankunft in Burgeis war sehr emotional. Anton Punt begrüßte im Namen der Burgeiser Radler die Dorfbewohner, die Musikkapelle, die Feriengäste und den Fraktionsvosteher Werner Thöni. „Weiters darf ich einen ganz ganz großen Gruß aussprechen der RFG. Die 26 Radfahrer mit Begleitern haben in dieser Woche 714 km bei 7979 Höhenmetern von Guntersblum bis Burgeis zurückgelegt. Unter ihnen waren sechs Radfahrer aus Spanien und erstmals eine Frau. Es freut mich, dass ihr alle wohlbehalten in Burgeis angekommen seid. Eine beachtliche Leistung!“. Auch Fraktionsvorsteher Werner Thöni begrüßte die Sportler und ihre Begleiter recht herzlich und wünschte ein schönes Fest zum 40jährigen Jubiläum. Dann überreichte Punt dem Vorsitzenden Jürgen Schäfer vom RFG eine Urkunde für 40 Jahre Radtour Guntersblum-Burgeis. „Alle 5 Jahre radeln wir hierher. Es entstand eine wunderbare Freundschaft zu den Burgeisern und zum schönen Land Südtirol. Burgeis ist inzwischen seit 2021 Partnergemeinde von Guntersblum“, sagte Schäfer. Eine wunderbare Freundschaft sei entstanden. Dann übergab Schäfer eine von der RFG-Guntersblum gestiftete Holzbank aus Zirm, die einen Ehrenplatz am Burgeiser Dorfbrunnen erhalten wird. „Gute Freundschaft, die über das Fahrrad verbunden bleibt“ steht eingraviert an der Rückenlehne der Bank. Zu guter Letzt wurden Gastgeschenke ausgetauscht und der von Guntersblumer Winzern gespendete Wein ausgeschenkt. Die Radfreunde aus Spanien steuerten spanischen Cava und Vino-Tinto bei. Natürlich durfte Burgeiser Speck und Käse nicht fehlen. Bei launiger Blasmusik und Gesang aus 3 Nationen (Südtirol, Catalunia, Rheinhessen) klang der Empfang aus. Ein gemeinsames Abendessen im Gasthaus Mohren war der perfekte Abschluss nach 6 Tagen auf dem Rennradsattel. Die Burgeiser Radler werden bei der Kellerwegfesteröffnung am 19.8.2022. am Guntersblumer Gilljebrunnen erwartet, um auch damit den 2021 geschlossenen Partnerschaftsvertrag mit Leben zu füllen. (aw)
Das Ziel des Wettbewerbes ist, Unternehmen und Privaten die Möglichkeit zu geben, ihre Umweltideen bzw. -projekte der Öffentlichkeit vorzustellen bzw. bekannt zu machen. Frei nach dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“, soll der Umweltpreis auch dazu beitragen, die Sensibilisierung und Motivation zu aktivem Umweltschutz zu fördern. Ausgeschrieben wird er in zwei Kategorien. Eingereicht werden können Ideen, Projekte, Verbesserungsvorschläge, aber ebenso bisherige Umweltaktivitäten und -maßnahmen. Teilnahmeberechtigt sind Privatpersonen und juristische Personen (Unternehmen, Gemeinden, Vereine, Institutionen, Schulen,...) mit Wohnsitz bzw. Rechtssitz in Tirol und Südtirol.
Einsendeschluss ist Freitag der 9. September 2022. Es winken Preise im Gesamtwert von 3.500 Euro. Der Umwelt- und Klimapreis ist ein Gemeinschaftsprojekt des Südtiroler Sanitätsbetriebes und der Transkom KG.
Alle Informationen unter www.transkom.it/umweltpreis
Partschins - Die zahlreichen Zuhörer im Garten des Ansitzes Spauregg in Partschins merkten schon bei den ersten Worten die große Begeisterung von Univ. – Prof. Dr. Ulrike Kindl, Germanistin und Kulturhistorikerin aus Partschins, für den Codex Brandis. Mit Unterstützung des Meraner Kulturvereins Tangram und dessen Vorsitzenden Sandro Baccin war dieses historisch wertvolle Bildmanuskript, eine der wertvollsten ikonografischen Quellen der Tiroler Burgenkunde, veröffentlicht worden.
Verfasst zwischen 1604/05 und 1620 von einem unbekannten, aber genialen Zeichner, enthält es über 100 Zeichnungen von Tiroler Burgen, Städten und Befestigungsanlagen in der damaligen gefürsteten Grafschaft Tirol vom Oberinntal über den Vinschgau, Etschtal, Nonsberg, Sulztal bis ins Welschtirol in das Gebiet des oberen Gardasees. Gesichert ist, dass dieses Verzeichnis im Auftrag des damaligen Landeshauptmannes an der Etsch, Freiherr Jakob Andrä von Brandis, erstellt wurde, vielleicht, um für geplante Abgaben an den Kaiser für dessen Krieg (vielleicht für den beginnenden Dreißigjährigen Krieg) eine Übersicht über die ökonomische Leistungskraft des Adels der Grafschaft zu erhalten. Die Zeichnungen geben eindrucksvoll ein Bild der Burg- und Wehranlagen wieder.
Nachdem das Südtiroler Landesarchiv den Codex Brandis erworben hatte, wurde er im oben genannten Projekt als dreibändiges Werk veröffentlicht. Mit der zeitlichen und kulturgeschichtlichen Einordnung des Codex in das 17.Jahrhundert kann nun dieser bisher recht unbekannte Abschnitt der Tiroler Geschichte intensiv erforscht werden. Deshalb enthält die Ausgabe nicht nur die historisch bedeutsamen Zeichnungen, sondern auch Aufsätze, Beiträge und Erläuterungen namhafter Historiker.
Journalist Patrick Rina, der ebenfalls zu Gast war, ergänzte den kurzweiligen Vortrag der ehemaligen Dozentin mit seinem Film „Codex Brandis – eine Tiroler Burgenreise“, der ausgehend von den Tuschezeichnungen des Codex ebendiese Burgen und Städte der burgenreichsten Region Europas vorstellt.
Umrahmt wurde der Abend, zu dem der Bildungsausschuss Partschins in den Ansitz Spauregg von Baronin Alexandra von Goldegg geladen hatte, von der Singgruppe „Lodnerklong“. Ihre alten Lieder passten optimal zum Thema des Abends.
Das Forscherteam Heimo Prünster und bauforschung-tirol (Barbara Lanz und Sonja Mitterer) untersucht im Auftrag des Landesdenkmalamts alle Gebäude und die Außenanlagen der Drususkaserne in Schlanders. Prünster ist freischaffender Architekt und beschäftigt sich seit ca. 15 Jahren mit der Aufarbeitung des Kulturerbes des Vallo Alpino in Südtirol und leitet ein Forschungsprojekt zu diesem Thema. bauforschung-tirol ist ein interdisziplinär besetztes Team aus freien Büros, das seit mehr als 20 Jahren im Bereich von Ortsbildschutz und Kulturlandschaft, Baugeschichte und Baudenkmalpflege aktiv ist.
Vinschgerwind: Sie arbeiten im Auftrag des Landesdenkmalamtes und führen derzeit Untersuchungen an der Bausubstanz der Drususkaserne in Schlanders durch. Warum? Was ist das Ziel dieser Analysen und Recherchen?
Heimo Prünster: Die Gesamtanlage der Drususkaserne in Schlanders wird bauhistorisch untersucht, um im Hinblick auf künftige Planungen den historischen Bestand berücksichtigen zu können und im Vorfeld Fragen zu klären, die für die Planung von Bedeutung sind. Die Untersuchung zielt auf die Klärung von strukturellen, stilistischen und funktionalen Zusammenhängen des Baugefüges mit zugehörigen Oberflächen und baufesten Ausstattungen. Sie dient neben der Dokumentation des historischen Bestandes auch der Überprüfung bauhistorischer Wertigkeiten zur Ausweisung schützens- und erhaltenswerter Bauteile und als Grundlage zur Beurteilung durch Ämter und Behörden.
Vinschgerwind: Zu welchem ersten Zwischenergebnis sind Sie gekommen?
Heimo Prünster: Nach Begehung und detaillierter Begutachtung des Kasernenareals sowie nach Abgleich des Bestandes mit den bisher ausgehobenen historischen Plänen und Fotoaufnahmen lässt sich sagen, dass der Originalbestand von 1936 nahezu unverändert erhalten ist. Sowohl die Außenanlagen mit Umfassungsmauern, wie die einzelnen Gebäude selbst sind trotz der durchgehenden Nutzung seit den 1930er Jahren zu großen Teilen, sogar bis hin zu den Ausstattungen wie Fenster, Türen, Geländer, Böden, usw. kaum verändert. Auch die ursprüngliche Nutzung der Gebäude und der einzelnen Räume ist heute noch deutlich abzulesen.
Vinschgerwind: Wie reiht sich die Drususkaserne Schlanders in diese Militärarchitektur ein? Was ist das Besondere daran?
Barbara Lanz: Für den Kasernenbau des italienischen Heeres gab es sehr genaue Vorgaben, auch die Drususkaserne wurde danach errichtet. Die effektive Größe der Anlage richtete sich nach der Art und Größe der Truppe, die am jeweiligen Ort untergebracht werden sollte, meistens ein Regiment. Die Kasernenanlage von Schlanders entstand in einem ländlichen Gebiet, das vorher keine solchen Großstrukturen kannte, das war sicher ein Wendepunkt in der Dorfgeschichte.
Sonja Mitterer: Die Drususkaserne besitzt Alleinstellungsmerkmale, die sie von gleichartigen Anlagen im Südtiroler Kasernenbestand unterscheiden. Die Hauptfassade der Palazzina Comando und der Vorbereich mit dem repräsentativ gestalteten Treppenaufgang sowie das Kommandogebäude des übergeordneten Divisionskommandos in Meran weisen einzigartige Gestaltungen auf.
Vinschgerwind: Das eine ist die Bauforschung, die andere Seite, die erforscht wird, geht über diese technische Seite – wenn so will – hinaus und ist die menschliche Seite. Die Spuren der „Bewohner“ werden aufgenommen, menschlichen Schicksalen nachgespürt. Welche ersten Ergebnisse gibt es auf dieser Ebene?
Sonja Mitterer: Die Arbeiten hierzu sind noch im Gange. Es ergibt sich jedenfalls ein sehr vielfältiges Bild mit sehr verschiedenartigen Schicksalen, Freude und Leid, Freundschaft, Liebe und Vielem mehr. Das Positive scheint aber bei Weitem zu überwiegen.
Vinschgerwind: Vor dem Hintergrund der ersten Ergebnisse und aus Sicht der Bauforschung: Was sagen Sie zu den Abrissplänen der Gemeinde Schlanders?
Barbara Lanz: Wir sehen all diese Strukturen als eine Ressource, deren Inwertsetzung und Nutzung noch kaum begonnen hat. Kasernen und Bunker sind wie Burgen und Festungen ein historisch gesehen noch junger, aber sehr wichtiger Bestandteil unserer Landesgeschichte, der die Einzigartigkeit unserer Identität im Grenzgebiet deutlich macht. Wer würde schon auf die Idee kommen, kulturelle Highlights wie unsere Schlösser für ein Wohnbauprojekt zu schleifen?
Heimo Prünster: Langfristig gesehen ist eine Nachnutzung einer Kaserne in zweierlei Hinsicht vorteilhaft: Erhaltung eines Kulturerbes und ressourcenschonende Nachnutzung.
Die Gebäude sind teilweise 100 Meter lang und bis zu vier Geschosse hoch. Nicht nur produziert ein Abriss Unmengen an Bauschutt, es wurden hier keineswegs billige Materialien verwendet oder billig gebaut. Für die Mauern wurden Steine aus der Umgebung verwendet, für die Böden in der Palazzina Comando sogar Marmor.
Vinschgerwind: Wie würden Sie bzw. die Arbeitsgemeinschaft das Kasernenareal bespielen?
Heimo Prünster: Das Areal umfasst mit ca. 3,5 Hektar eine riesige Fläche, auf der weit mehr Platz haben kann als eine reine Wohnnutzung. Vielmehr könnte man eine Mischnutzung zwischen Büros, Wohnungen, Infrastrukturen anstreben und auch die umliegenden Strukturen einbinden, z. B. Werkstätten für die Gewerbeschule schaffen. Die einfache modulare Gebäudestruktur mit wenigen Binnenstrukturen, die großen Raumhöhen und auch der allgemein gute Erhaltungszustand erlauben definitiv eine flexible Umnutzung.
Interview: Angelika Ploner
Graun - Pandemiebedingt konnten in den Jahren 2020, 2021 und 2022 die Jahresvollversammlungen der Raika Obervinschgau nicht in Präsenz abgehalten werden. „Uns ist der persönliche Kontakt mit den Mitgliedern wichtig. Dieser hat uns gefehlt. Dies möchten wir mit dem heutigen Mitgliederfest nachholen und unseren Nachhaltigkeitsbericht vorstellen, die Mitgliederehrungen vornehmen und euch den Film 125 Jahre Raiffaisenkasse Obervinschgau vorführen.“, sagte Obmann Karl Schwabl im reservierten Festzelt in der Grünzone in Graun, punktgenau an dem Ort, am dem vor 125 Jahren (1897) der Spar- und Darlehensverein Graun gegründet wurde. Unter den persönlich eingeladenen Ehrengästen befanden sich: der Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Zenone Giacomuzzi, der Vizeobmann des Raiffeisenverbandes Robert Zampieri, der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger, der Regionalratspräsident Josef Noggler und der Bürgermeister von Graun Franz Prieth. Direktor Markus Moriggl sprach über Nachhaltigkeitsthemen, welche das Bankinstitut seit 2014 in die Wege geleitet hat. Die Genossenschaftsidee verbinde seit ihrer Entstehung wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlich nachhaltigem Handeln. Die Raiffeisenkassa fördert den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft und handelt zusammen mit ihren Kunden, Mitgliedern und Mitarbeitern in Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft. Das Angebot an nachhaltigen Produkten werde stetig ausgebaut. Ziel einer nachhaltigen Geldanlage sei es, eine Balance aus wirtschaftlichen, ökologischen, ethischen und sozialen Faktoren zu finden, um sich auch langfristig zukunftsfähig aufzustellen. Mit Unterstützung des Ökoinstitutes Südtirol wurde ein 100 Seiten umfassender Nachhaltigkeitsbericht verfasst und den Mitgliedern vorgestellt. Belohnt wurde die Arbeit mit dem Zertifizierungsdiplom, überreicht von SONJA ABRATE, stellvertretende Geschäftsführerin & Projektmanagerin des Ökoinstitutes. Die Urkunde für 110 Jahre Mitglied der Raika nahm Fraktionsvorsteher Anton Zanini für die Fraktion Langtaufers entgegen. Sechs Mitglieder wurden für 60 Jahre Mitgliedschaft und zwanzig für 50 Jahre geehrt. Anschließend wurde der Film »125-Jahre Raiffeisenkasse Obervinschgau« gezeigt. Die Sozialgenossenschaft VINTERRA bewirtete die fröhliche Festgemeinde mit lokalen Produkten. Musikalisch umrahmt wurde das gelungene Mitgliederfest von der Jugendkapelle Reschen. (aw)
Schlanders/Initiative Drususkaserne - Seit dem Mauerfall 1989 ist Berlin durch eine folgenschwere Privatisierungspolitik gekennzeichnet. So wurden bis 2010 rund die Hälfte der 590.000 Wohnungen privatisiert und über 10.000 Grundstücken mit einer Fläche von über 2.100 ha verkauft. Dies prägt die Berliner Stadtentwicklung und ihre Bewohner bis heute. Viele der einst öffentlichen Wohnungen befinden sich heute in Besitz börsennotierter Unternehmen, welche sich nicht ihren Mietern verpflichten, sondern den Aktionären, welche auf üppige Gewinne hoffen. Instandhaltungsarbeiten werden teilweise nicht getätigt, Modernisierungsarbeiten auf die Mieter abgewälzt. Auch städteplanerische Akzente müssen fast immer gegen Privatinteressen durchgesetzt werden. Dies zeigt, dass ohne öffentliches Eigentum das Gemeinwohl fast immer auf der Strecke bleibt.
Einen ganz anderen Weg hingegen schlug die Stadt Graz ein. Seit Mitte der 90er Jahre wurden alle städtischen Substandardwohnungen saniert und mittels Referendums der geplante Verkauf von Stadtwohnungen verhindert. Heute liegen die Mieten bei den gut 4.000 Stadtwohnungen und den weiteren 7.000, die von gemeinnützigen Genossenschaften verwaltet werden, bei 40% unter der üblichen Miete. Zudem garantiert die Stadt Graz, dass die Miete nicht mehr als ein Drittel des Einkommens beträgt.
Von der Wohnbaupolitik anderer Städte kann man vieles lernen. Es scheint folglich rückschrittlich und nicht vorausschauend, den Großteil der Wohnungen und Gewerbeflächen, die im Kasernenareal in Schlanders entstehen sollen, in privates Eigentum zu lenken, statt die notwendigen Reformen mit frischer Wohnbaupolitik anzugehen.
Wenn es ums Wohnen geht, sind neben den hohen Baukosten die immerzu steigenden Aufwendungen für Baugrund ein enormer Kostentreiber. Die Grundstückspreise wären jedoch eine effektive Schraube, um „leistbares Wohnen“ zu generieren. Die Gemeinde Schlanders konnte das gesamte Kasernenareal um 2,055 Mio. kaufen und darf davon 3 ha nutzen. In diesem Fall ist der Grundstückspreis ein Bruchteil der Preise des freien Marktes – eine optimale Voraussetzung also, „leistbares Wohnen und Arbeiten“ umzusetzen.
Was wäre also, wenn das Areal im Besitz der Gemeinde bliebe und das Nutzungsrecht an eine Genossenschaft überginge? Dank dem neuen Regionalgesetz Nr. 1 vom 31. Jänner 2022 „Bestimmungen in Sachen Bürgergenossenschaften“ werden „integrierte wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Bezugsgebiets“ gefördert. Mit leistbaren Mietwohnungen und auch Arbeitsräumen könnte man so eine Vielzahl an gesellschaftlichen Problemen lösen:Menschenwürdiges Wohnen, Teilhabe am sozialen Leben, Sicherheit durch Zufriedenheit in der Bevölkerung, Zuzug bzw. Rückkehr von Fachkräften in unsem Tal – mit einer Gemeinwohlpolitik gewinnen wir alle, mit der Privatisierung nur wenige Investoren.
Von der Gemeinde Schlanders erwarten viele auf alle Fälle ein klares und transparentes Konzept bezüglich des „leistbaren Wohnens“.
Schreibt uns eure Meinung unter: idrukas@gmail.com
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