Einmal wurde hier alles dichtgemacht. Der Übergang geschlossen. Von zwei Seiten rückten die Soldaten an. Italien und Österreich hatten sich gegenseitig den Krieg erklärt und der Monte Scorluzzo wurde zum hart umkämpften Eckpfeiler einer Front, die von hier bis zur Adria ging.
100 Jahre nach dem Ende des Krieges haben sich Schülerinnen und Schüler der Schlanderser Wirtschaftsoberschule, gemeinsam mit ihrer jungen Italienischlehrerin aus Bozen und dem Geschichtslehrer aufgemacht, diesen Berg zu besteigen.
Der Weg führt vorbei an Schützengräben und Bunkerkavernen. Da und dort liegt ein Stück Drahtverhau. Reste eingerammter Holzpfosten erinnern an Bretterverschläge, die den Soldaten als Unterstand und Schutz vor Sturm und Schnee dienten. Vom Frühjahr 1915 bis zum Herbst 18 standen sich hier italienische und österreichische Einheiten feindselig gegenüber. Gut gestaltete Schautafeln mit eindrucksvollen Fotos erzählen in sechs Sprachen vom dem Geschehen. Sich eine genaue Vorstellung vom Krieg im Hochgebirge zu machen, ist dennoch schwer. Nicht nur für die Schüler! Aber der Ausflug im Gedenkjahr 2018 regt dazu an, Fragen zu stellen und manches heute vielleicht anders zu sehen als früher.
Es ist ein sonniger, milder Septembertag. Selbst auf dem Gipfel des Dreitausenders liegt heuer noch kein Schnee. Die Jugendlichen genießen die traumhafte Aussicht und die Ruhe am Berg. Proviant wird ausgepackt. Eine Tafel Schokolade geht durch die die Runde. Jemand hat sogar seine Lieblingsmusik dabei.
Bevor sich die Klasse am frühen Nachmittag fertig macht zum Abstieg, zieht der Lehrer noch ein Foto mit Seltenheitswert aus dem Rucksack. Er hat es dem „Laaser Schützenbuch“ entnommen. „Dort drüben unterm Ortler ist das Bild entstanden.“ Auf einem Schneefeld haben sich Italiener und Österreicher für ein gemeinsames Erinnerungsfoto aufgestellt. „Kaiserschützen und Alpini haben Urlaub vom Krieg genommen“, schreibt dazu Norbert Florineth im besagten Buch. Während einer Feuerpause haben sie die Zeit genutzt für ein kleines Tauschgeschäft. Sie haben eine Zigarette geraucht und einer hat dieses Foto gemacht, um den ganz besonderen Moment festzuhalten - wo das Menschliche einmal stärker war als der Krieg.
Armin Schönthaler
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