Schlanders/Tartsch - Weltweit spielt der Athletenmanager Erwin Schuster, seit 40 Jahren als solcher mit großer Passion tätig, nur eine kleine untergeordnete Rolle. Aber spätestens als die von Erwin für Schlanders verpflichteten „Nobodys“, der Kanadier Shawn Barber und der Brasilianer Thiago Barz da Silva, gleich im Anschluss nach ihrem dortigen Sieg in Schlanders Weltmeister und Olympiasieger wurden, schreiben Experten aus der Stabhochsprungszene Erwins Riecher ganz geheim okkulte Fähigkeiten zu. Und auch heuer lag er genau richtig. Erwin spürte im Frühjahr den jungen deutschen Bo Kanda Lita Baehre auf und verpflichtetet ihn für Schlanders. Der junge deutsche Stabhochspringer war aber bis Ende Juli noch in den USA bei der WM in Eugene (siebte Platz). Wegen seiner späten Rückreise verschoben die Organisatoren sogar die Veranstaltung in Schlanders erstmals auf Sonntagabend. Diese zeitliche Anpassung verschonte dann Erwin jedoch nicht vor einen kräftezehrenden Kampf. Denn trotz Vertrag wurden sämtliche deutsch Top-Athleten mit einer Wettkampfsperre belegt um sich für die bevorstehende Heimeuropameisterschaft in München zu schonen. Nach zähem Ringen gewann Erwin die Schlacht gegen den deutschen Verband, den Krieg aber nicht: Bo Kanda Lita Baehre kam, sprang aber nicht. Trotzdem zeigte sich der 23 jährige Deutsche eifrig und nahm überall teil, vom Einspringen, Athletenvorstellung, Siegerehrung bis zum Athletenessen beim Speckeggele. Alle Hintergründe mal beiseite, aber auch das scheint schon auszureichen: zwei Wochen später gewann er in einem spannenden EM-Finale vor 50.000 Zuschauer und 4 Millionen deutscher Fernsehzuschauer die Silber-Medaille. Sollte nun jemand die Schlussfolgerung ziehen, dass er gewonnen hätte, wäre er in Schlanders Sieger geworden, muss hier folgendes angeführt werden: Im Stabhochsprung der Männer, so heißt es, beginnt zur Zeit der Wettkampf bei der Silbermedaille. Somit ist der Deutsche eigentlich der „kleine EM- Sieger“ und inoffizielle Gewinner des Wettkampfes. Gold gibt es dennoch, das holte sich Armand Gustav „Mondo“ Duplantis. Natürlich mit Veranstaltungsrekord (6,06 m), ohne sich überhaupt mühen zu müssen. Der US-amerikanisch-schwedische Ausnahmeathlet ist zur Zeit der einzige Athlet auf dem Planeten der mit Salamitaktik Weltrekorde aufstellt. Dass Stabhochsprung Wettbewerbe dennoch wahnsinnig spannend und echt Bock machen, zeigte die Stimmung in Schlanders: Totale Faszination, Begeisterung und Stimmung beim Publikum, beflügelte Athleten mit persönlichen Best- und Topleistungen. Da reichte auch Tiroler Kost, vom Allerfeinsten. Übrigens schaffte Riccardo Klotz den Einzug ins EM- Finale nicht. Mit 5,30 m schied er im Vorkampf aus. Bo Kanda Lita Baehre trennte sich gleich nach Schlanders und noch vor der EM von der leitenden DLV-Bundestrainerin Christine Adams und wechselte nach München zum Trainer und Manager Chauncey Johnson. Wiederum ein Bekannter von Schuster und selbst schon im Jahre 2007 in Schlanders anwesend.
Salamitaktik:
(politischer Ausdruck von Zoltán Pfeiffer, 1947 für scheibchenweise). Sergei Bubka verbesserte in fast zwei Jahrzehnten 35-mal den Weltrekord - davon 17-mal im Freien und 18-mal in der Halle. Stets nur um einen Zentimeter. Scheibchen für Scheibchen, um von der Wurst möglichst viel davon zu haben, was ihn zum Millionär machte und beim Rekord in schwindelerregender Höhe von 6,15 m endete. Nur wenige Sportdisziplinen lassen überhaupt eine solche Taktik zu.