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„Das Schlüsselwort lautet Prävention“

geschrieben von
Si.-Ing. (Univ.) DDDDr. Ing. Ing. Heinz D’Angelo Si.-Ing. (Univ.) DDDDr. Ing. Ing. Heinz D’Angelo

In den vergangenen Monaten haben in Südtirol gleich mehrere Arbeitsunfälle aufhorchen lassen. Obwohl die Gesetzeslage zum Thema Arbeitssicherheit streng und auch komplex ist, rangiert Südtirol im italienweiten Vergleich im hinteren Drittel. Heinz D’Angelo ist ein ausgewiesener Experte im Bereich Arbeitssicherheit und gibt Antworten auf Fragen: Wie der Bereich Arbeitssicherheit geregelt? Warum ist Sicherheit am Arbeitsplatz so wichtig? Oder warum passieren in Südtirol im italienweiten Vergleich so viele Arbeitsunfälle?

Vinschgerwind: Das Thema Arbeitssicherheit bestimmt Ihren Alltag. Wie sicher leben Sie selbst?
Heinz D’Angelo: Ich selbst übe einen Beruf aus, der keine allzu großen Risiken in sich birgt und auch die Freizeitgestaltung reiht sich hier ein. Das heißt insgesamt kann man schon sagen, dass ich recht sicher lebe. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nie im Leben.

Vinschgerwind: Ist die Sensibilität für den Bereich Arbeitssicherheit in Südtirol da oder wird dieser Bereich als lästige Pflicht angesehen?
Heinz D’Angelo: Sowohl als auch. Bei vielen ist die Sensibilität auf jeden Fall da. Bei anderen wiederum ist kaum oder wenig Verständnis da. Doch man muss schon klar sagen: Durch eine fundierte Ausbildung bzw. Schulung können viele Arbeitsunfälle vermieden und die Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet werden. Das muss einfach in allen Köpfen ankommen. Die Zahlen zeigen deutlich, dass das Thema sehr aktuell ist. Auf 100.000 Einwohner kommen laut jüngsten Schätzungen 28 Arbeitsunfälle – das sind doppelt so viele wie im restlichen Italien.

Vinschgerwind: Vorbeugende Maßnahmen sind also der Schlüssel zu mehr Sicherheit.
Heinz D’Angelo: Ja, das Schlüsselwort lautet Prävention. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, seine Mitarbeiter über die gesetzlichen Bestimmungen zu informieren und sie dementsprechend zu schulen und auszubilden. Alle Risiken im Betrieb sind zu benennen und zu bewerten.

Vinschgerwind: Wie kann man Risiken benennen?
Heinz D’Angelo: Man muss zuerst die Gefahren im Betrieb erkennen. Jeder Betrieb hat unterschiedliche Voraussetzungen und dementsprechend unterschiedliche Gefahren. Bei einem Tischler zum Beispiel besteht an den Maschinen Schneidegefahr. In einem anderen Betrieb zum Beispiel können reizende Arbeitsstoffe eine Gefahr darstellen. Also: Zuerst alle Gefahren erkennen, um dann Risiken daraus ableiten und formulieren zu können.

Vinschgerwind: Wie ist der Bereich Arbeitssicherheit derzeit geregelt?
Heinz D’Angelo: Der Gesetzgeber kennt sehr strenge Regelungen in diesem Bereich. Wenn wir kurz zurückblicken, dann wurden bereits in den 1950er Jahren die ersten Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmer erlassen. In den 1970er Jahren folgte das erste Arbeitnehmerstatut. Italienweit gibt es das Legislativdekret Nr. 812 vom 8. April 2008, den sogenannten Einheitstext zur Arbeitssicherheit. Die Gesetze sind da. Es ist aber leider oft so, dass sie nicht eingehalten werden. Ein Arbeitgeber muss sich aber bewusst darüber sein, dass er – kommt es zu einem Arbeitsunfall – beweisen und dokumentieren muss, alles unternommen zu haben, was in seiner Macht steht, um diesen zu verhindern. Er haftet mit seinem Privatvermögen und mit seiner persönlichen Freiheit. Auch vor diesem Hintergrund sollte man das Thema Arbeitssicherheit nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Vinschgerwind: Was ist der Grund dafür, dass sich Arbeitsunfälle – auch tödliche – in den vergangenen Wochen wieder häufen?
Heinz D’Angelo: Grundsätzlich muten sich die Südtiroler vielleicht oft zuviel zu. Fakt ist aber, dass bei uns die Unternehmensstruktur eine andere ist, wie im italienweiten Vergleich. Die meisten – auch tödlichen – Arbeitsunfälle bei uns passieren in der Landwirtschaft. Viele sind nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig, das heißt der Zeitdruck ist oft ein hoher. Auch das Handwerk, das an zweiter Stelle bei den Arbeitsunfällen kommt, ist bei uns anders, vor allem in Klein- und Mittelbetrieben strukturiert.

Vinschgerwind: Wie kann sichergestellt werden, dass die Sicherheit am Arbeitsplatz gegeben ist?
Heinz D’Angelo: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Auch wenn alle Vorkehrungen getroffen und alle Maßnahmen umgesetzt werden, bleibt ein kleines Restrisiko immer. Dieses Restrisiko nennt sich Mensch. Er ist die größte Variable im ganzen Bereich Arbeitssicherheit. Früher waren die Maschinen störanfälliger und es wurde mit weniger Druck gearbeitet. Heute arbeiten die Menschen unter einem viel größeren Zeitdruck, Sicherheitsvorkehrungen von Maschinen werden teilweise außer Kraft gesetzt oder entgegen der Herstellerangaben an die Betriebsanforderungen angepasst.

Vinschgerwind: Arbeitssicherheit ist Ihr Steckenpferd. Sie sind eine Koryphäe auf Ihrem Gebiet.
Heinz D’Angelo: Es ist so, ich bin Jurist, Bau- und Maschinenbau- und Sicherheits-
ingenieur und habe dadurch den großen Vorteil Einblick in mehreren Bereichen zu haben. Aufgrund dieser meiner Ausbildung und Erfahrung kann ich auf mehreren Ebenen beratend zur Seite stehen. Ich biete Arbeitgebern und Arbeitnehmern Schulungen im Bereich Arbeitssicherheit an, und stehe – bei Bedarf oder auf Wunsch - auch als Gutachter oder technischer Berater zur Verfügung.

Vinschgerwind: War das Thema Arbeitssicherheit immer schon Ihr ureigenes?
Heinz D’Angelo: Nein. Ich hab erst mit 34 Jahren maturiert und mich dann in viele Bereich sozusagen hineingekniet. Aber es war bei mir, wie bei anderen auch, ein Mentor, der mich zum Bereich Arbeitssicherheit gebracht oder hingeführt hat, nämlich Franz Weger, der mittlerweile verstorben ist. Ich habe bei ihm einen Sicherheitskurs absolviert und er war es, der mich dazu ermutigt hat, weiterzumachen und mich weiterzubilden. Er und meine Partnerin waren sicher jene Personen, die mich am meisten unterstützt haben. Ich bin deshalb über Umwege zum Thema Arbeitssicherheit gekommen.

 

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