Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 
Dienstag, 23 August 2011 00:00

Puni und Braulio

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RIMG0142RIMG0143Apotheker, ein Magenbitter, zwei Botschafter, der Landschaftsschutz und der in Schlanders abgeladene Mist.
Ich beginne mit dem Landschaftsschutz, mit den dafür zuständigen Personen. Sie feierten am Freitag, 15. August das dreißigjährige Bestehen ihres Vereins. Getroffen haben sich die Naturschützer gegen Abend auf einer Wiese in den Schludernser Auen. Die Besucher konnten alles vergessen, die lärmenden Straßen, das verbaute Land. Ein Wall aus Schwarzerlen umschloss den Festplatz, hinter der feierlichen Lichtung erhob sich ernst und dunkel die Tschenglser Hochwand mit Gefolge. Mit beginnender Nacht wölbte sich ein glitzernder Sternhimmel. Kein Lichtsmog. Es glitzerte die Kassiopeia mit dem großen Bären um die Wette. Der Polarstern leuchtete über der Churburg. Und hier sollte ehemals eine Mülldeponie entstehen, auf „federndem Moorboden“, wie Florin Florineth sich genüsslich äußert. Er erinnert an diese Ungeheuerlichkeit, die von streitbaren Bürgern verhindert werden konnte. Vor allem auch von der Eyrser Bauernjugend. Sie hatten etwas dagegen, vor allem hatten sie auch die Fahrzeuge, um den Müll vor die Haustür eines Politikers zu transportieren. Dort wurde er abgeladen. Zum Entsetzen der Schlanderser.
Aber das Zeichen wurde verstanden. Die Umweltgruppe hatte Erfolge, wurde immer mutiger, der Florin wurde als Professor an die Hochschule für Bodenkultur nach Wien berufen, wo er immer noch lehrt. Er ist also der Botschafter des Vinschgaus in Wien. Aber die Republik Vinschgau hat noch einen weiteren Botschafter und zwar in der Nachbarregion Lombardei, in Bormio. Dort amtet der ebenfalls frühe Streiter für die Umwelt, der Biologe Wolfgang Platter. Er ist Direktor des Stifser-Joch-Nationalparkes im Palazzo Nesini, Via De Simoni 42 und schickt regelmäßig Botschaftsberichte über die Flora und Fauna an den Vinschger WIND. Fachkenntnis und genussvolle Anschaulichkeit sind selbstverständlich. Er berichtet aber auch über die Kunst und ganz allgemein über die kulturelle Qualität des Veltlins. Dieses Nachbartal ist in vielfacher Weise mit dem Vinschgau verflochten; die Verbindung über die Jöcher ist uralt, kulturell und wirtschaftlich, auch politisch. Da könnte vieles neu belebt werden, neu durchdacht und in diesem Sinne arbeitet unser Botschafter mit Kompetenz und Fleiß.
Nun aber zum Magenbitter, zum Braulio. Das ist der Name des Wildbaches, der vom Stilfser Joch in Richtung Bormio fließt und sich dort in die Adda ergießt. Der Apotheker Peloni Francesco hat 1875 mit seinem Wissen und den Kenntnissen auf dem Gebiet der Kräuterheilkunde einen Magenbitter erfunden und ihm den Namen des tosenden Baches Braulio gegeben. Die essfreudigen Lombarden beschließen oft ihre üppigen Mahlzeiten mit einem Braulio. Essen tun auch wir gerne und Heilkräuter haben wir genug im Vinschgau. Auch tüchtige Apotheker beiderlei Geschlechts. Sie sollen sich auf die Socken machen und einen Vinschger Digestiv entwickeln. Aber welcher Name eignet sich dafür?
Bei den Feierlichkeit zum dreißigjährigen Jubiläum wurden Personen geehrt, alte Fehden mit den Behörden in Erinnerung gerufen, neue Anregungen aufgezählt. Es war dies ein heiteres Fest voller Zuversicht. In der Schludernser Au, die DSC_0179man vor dem Müll gerettet hat, enstand ein geschütztes Biotop. Hier vereinigen sich zahlreiche Wasserläufe, mehrere Flüsse und Bäche. Der oft wütende Saldurbach aus dem Matscher Tal wurde vorbildlich saniert, mit „biologischer Dammsicherung“, also mit Natursteinen und vor allem mit tief ins Flussbett eingerammten Baumstämmen. Das Wasseramt kann sich hier in allen Techniken entfalten und muss Frieden zwischen den auf verschiedenem Niveau fließenden Gewässern stiften. Verwirrend ist vor allem die Puni, die zur Zeit mehr Wasser führt als die Etsch. Sie bekommt nämlich das Wasser vom Schludernser E-Werk, das wiederum vom Wasser aus dem Matscher Tal und aus dem großen Reschner Stausee gespeist wird. Was da wie und wohin fließt und durcheinader vermischt wird - die Puni kommt ganz unschuldig aus dem Planeiltal und muss nun alles mögliche erdulden. Es stimmt nichts mehr. Das schlägt auf den Magen. Wir brauchen einen Magenbitter, einen Braulio... nein einen eigenen, einen Vinschger Trunk. Auch für Südtiroler Politiker wegen aufsässiger Vinschger Umweltschützer.
Der geplagten Puni wollen wir Trost spenden, immer an sie denken und, wenn wir zu viel gegessen haben, verlangen wir demnächst einen „Punibitter“!

Hans Wielander

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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