Schlanders - Thomas Casagrande hat ein Buch über die Südtiroler Mitglieder der Waffen-SS und eine ausführlichen Biografie über seinen Vater Otto Casagrande geschrieben und in der Bibliothek Schlandersburg einem interessierten Publikum vorgestellt. Mit 20 Jahren hat sich Otto Casagrande aus Neumarkt freiwillig zur Waffen-SS gemeldet, er kam an die Ostfront und wurde verwundet. Bis am Ende seines Lebens war er stolz darauf, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein. Dies führte oft zu heftigen Streitereien mit seinem Sohn Thomas. Als Otto Casagrande mit 70 Jahren bei einem SS-Veteranentreffen zusammenbracht und starb, begann für seinen Sohn Thomas eine lange Spurensuche. Die Frage, wer sein Vater war, was er während des Krieges gemacht hat, führte ihn in verschiedene Archive in Deutschland, Österreich, Italien und sogar nach Amerika. Bis Kriegsende waren es 3.500 bis 5.000 Südtiroler, die Mitglieder der Waffen-SS waren. Die ersten meldeten sich freiwillig, in den letzten Kriegsjahren wurden viele junge Burschen gezwungen, der Wehrmacht bzw. der Waffen-SS beizutreten. Für die Südtiroler war es nach der Option eine Möglichkeit, dem gehassten Wehrdienst bei den italienischen Streitkräften zu entgehen. Die Zugehörigkeit zu einer Elitetruppe, weg aus der Enge der häuslichen Verhältnisse und der Traum vom Tausendjährigen Reich, waren für viele das Hauptmotiv, sich freiwillig zu melden. Casagrande schreibt im Buch, dass alle Armeen der Welt die Jugend rekrutieren. Diese träumt von Heldentaten und verfällt der Kriegspropaganda. Das war damals so und ist leider auch heute vielfach so. Die Frage, warum viele ehemalige Nazis nach dem Krieg sich nicht von ihren Taten distanzierten und warum heute viele Jugendliche sich für totalitäre Ideologien begeistern, wurde in der Diskussion ausführlich besprochen. Mit dem Buch „Südtiroler in der Waffen-SS“ hat Thomas Casagrande, der in Frankfurt lebt, einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung dieses Kapitels der Südtiroler Geschichte geleistet. (hzg)
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