Dieses Frühjahr erregte der Pfarrer von Bürglen im Kanton Uri großes mediales Aufsehen. Er hatte die Beziehung zweier Frauen gesegnet. Schnell schaltete sich die Bistumsleitung ein, um den Pfarrer zur Räson zu bringen. Aber ebenso schnell bekundeten über 30.000 Menschen in einer Petition ihre Solidarität mit dem Pfarrer, darunter zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus der Seelsorge. Auch Kirchenrat und politische Gemeinde von Bürglen sprachen sich ohne Wenn und Aber für den Verbleib des beliebten Pfarrers aus. In guter innerschweizerischer Tradition bot man der kirchlichen Obrigkeit die Stirn.
Vor kurzem wurde in Irland abgestimmt: Dieses traditionell erzkatholische Land entschied sich nicht etwa für kirchliche Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren – nein, es wurde sogar eindeutig für deren Ehe votiert. Die Sensation war perfekt. In übertrieben pathetischer Art kommentierte der Kardinalstaatssekretär diese Abstimmung als „Niederlage für die Menschheit“. Diese Bezeichnung scheint völlig außer Acht zu lassen, wie es gerade in Irland dazu gekommen ist. Erinnern wir uns (um der von Papst Franziskus angemahnten ‚spirituellen Alzheimer‘ nicht zu verfallen!), dass Irland vom Missbrauchsskandal besonders hart getroffen wurde. Unter anderem geschahen diese Missbräuche durch kirchliche Institutionen und deren Angehörige. Genau DAS bezeichne ich als ‚Niederlage für die Menschheit‘ (und nicht die Beziehungen zwischen Menschen gleichen Geschlechtes) oder besser noch: als Verbrechen an der Menschlichkeit!
Insofern ist klar, dass sich die Menschen in Irland, die u.a. von der Kirche derart enttäuscht wurden, von dieser ganz sicher nicht mehr dreinreden lassen. Diesen Bonus hat die Kirche selbst verspielt – für lange Zeit oder gar für immer. Der Vatikan sollte also mit Kritik an den Iren etwas sparsam umgehen. Vor der eigenen Türe gibt’s immer noch genug zu kehren.
Es ist evident, dass andere Länder Irland in dieser Beziehung folgen werden. Schon in Bälde. Die Kirche tut gut daran, ihr Verhältnis wenigstens bezüglich einer möglichen Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren zu überdenken. Vor wenigen Jahren fragte der Wiener Dompfarrer bei Kardinal Schönborn nach, wie er sich denn am Valentinstag verhalten müsse, da doch immer mehr Paare gleichen Geschlechtes zur Segnung in den Stephansdom kämen. Schönborn meinte lediglich, der Segen dürfe niemandem verweigert werden!