In Richtung Hofübergabe, in Richtung Loslassen, eine Art Regeln der Dinge. Dieser Jemand ist Messners älteste Tochter Magdalena. Magdalena Messner hat soeben ihr druckfrisches Buch vorgestellt: „Reinhold Messner - Selbstversorger & Bergbauer“ - im blv-Verlag erschienen, in der Bozner Druckerei Longo gedruckt und mit Bildern vom berühmten Fotografen Udo Bernhart. Es ist der 9. September 2014 im Schlosswirt Juval. Viele Freunde, viele Journalisten, viele Mitarbeiter, Pächter, Angestellte sind der Einladung zur Buchvorstellung gefolgt und genießen ein Gala-Dinner von Starköchin Anna Matscher.
Die Buchvorstellung ist ein großes Fest. Wohl mehr als ein großes Fest. Denn Magdalena Messner hat mit ihrem Buch ein mehrfach eingebettetes Imperium beschrieben, welches ihr Vater in den letzten Jahrzehnten in Südtirol aufgebaut hat. Reinhold Messner ist in Südtirol ein nicht mehr wegzudenkender Wirtschaftsfaktor. Messner hat seine Träume in Felswänden, an den Bergen der Welt, im Eis, in den Wüsten ausgelebt und mit seinen Grenzerfahrungen eine ungeheure Bekanntheit - auch dank seiner unermüdlichen Tätgikeit als Buchautor - erreicht. Und er hat in Südtirol Handfestes errichtet. „Meine Museen und meine Bauernhöfe sind greifbare Tatsachen“, formuliert es Reinhold Messner. Das MessnerMountainMuseum besteht aus fünf Museen und wenn das „Corones“ auf dem Kronplatz, geplant von der international anerkannten Stararchitektin Zaha Hadid, dazukommt, sind es sechs. Das MMM betont Messner, „ist wirtschaftlich selbsttragend“. Keine Subventionen, keine Beiträge. Seine Bauernhöfe, Ober- und Unterortl in Juval und „Yak und Yeti“ in Sulden, sind Vorzeigemodelle.
Magdalena Messner hat genau diese Wirtschaftszweige in ihrem Buch beschrieben. In ihren Interviews mit Reinhold Messner, mit den Hofpächtern, der Familie Schölzhorn auf Oberortl, Martin Aurich auf Unterortl und Hannes Bacher vom Yak&Yeti, in Gesprächen mit den MuseumsleiterInnen, mit Otto Mair, dem guten Schlossgeist auf Juval und mit Ruth Ennemoser - der „Frau, bei der alle Fäden zusammenlaufen“ gibt sie tiefe, neue, ungeschminkte, ungezwungene und sehr informative Einblicke in das Tun und Lassen von Reinhold Messner abseits der Abenteuer.
Wie das klingt, wenn Magdalena Messner ihren Vater aus der Schule plaudern lässt? Ein Beispiel:
Magdalena Messners Frage: Erst kürzlich, ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst, fragte dich Anna beim Frühstück, ob du nun als Beruf auch Regisseur bist. Und du meintest: „Genau, aber ich bin auch weiterhin Museumsdirektor, Autor und Bauer.“ Das konnte sie nachvollziehen, aber bei Bauer stutzte sie und sagte: „Aber Papa, du weißt ja nicht mal, wie man einen Traktor richtig fährt!“
(Reinhold Messner) Das mache ich auch nicht. (lacht)
(Magdalene Messner) Ja eben, warum bestehst du dennoch auf Bauer? Du bist doch viel eher ein „Hofbesitzer“?
(Reinhold Messner) Nein, ich bin Bauer. Ich lebe im Zustand eines Selbstversorgers, der das Gefühl hat: Ich kann nicht verhungern mit meiner Familie. Und auch, weil ich das alles kann: Ich kann Holz aus dem Wald holen, ich kann ein Schwein schlachten, ein Huhn rupfen und Simon kann es wahrscheinlich bald besser als ich. Aber vor allem: Der Bauer früher - natürlich klingt das alles sehr großspurig, aber so war es - hat das auch nicht selbst gemacht, er hat lediglich organisiert, er hat die Anleitungen gegeben.
Kann Messner Traktor fahren? Journalisten würden solche Fragen nicht stellen. Magdalena Messner tut es. Solche Beiläufigkeiten finden sich zuhauf in den Interviews im Buch und geben Einblicke auch in die Familienwelt. Von besonderem Interesse sind auch Aussagen von engsten Mitarbeitern der Familie Messner. Martin Aurich, der zusammen mit seiner Frau Gisela seit mehr als 20 Jahren Messners Unterortl-Hof bewirtschaftet, sagt zum Beispiel, dass Reinhold Messner damals jemand gesucht habe, „der ihm seine Apfelbäume, die hier rundherum noch standen, bewirtschaften würde.“ Als dann die Rede von jemand, der Wein ziehen würde, kam, hat Messner gesagt: „Ja das würde mir auch gefallen.“ Aurich hat dann - mit zunehmenden Erfolg - Wein angebaut.
Und Reinhold Messner, selbstbewusst und sich der Strahlkraft seiner Museen bewusst, kokettiert im Buch: „Obwohl alle sechs Häuser nur saisonal, vorwiegend in den warmen Monaten des Jahres, geöffnet sind, lockte das MMM, neben den Landesmuseen die größte museale Struktur Südtirols - in den letzten Jahren ein Zehntel der 1,5 Millionen Museumsbesucher des Landes an. Seinen berühmten Mitbewerber, den Mann aus dem Eis, kann es die Eintritte betreffend zwar nicht überflügeln, dies muss allerdings nicht immer so bleiben.“
Messner steht, wenn man so will, in Konkurrenz zu Ötzi, im Bekanntheitsgrad und als wirtschaftlicher Magnet in den Museen. Der Mann aus dem Eis, Ötzi, war auf dem Juvaler Hügel. Das sagt Magdalena Messner. Spuren aus Ötzis Zeit seien auf dem Hügel nachgewiesen. Schloss Juval hat eine wechselvolle Geschichte. Magdalena Messner hat darüber ihre Diplomarbeit zum Abschluss des Kunstgeschichtestudiums mit dem Titel „Juwel Juval“ verfasst (Vinschgerwind Nr. 6/14). Dass Magdalena die Schlossführung selbst übernahm und der „Papa“ Begleiter war, bevor das neue Buch „Reinhold Messner - Selbstversorger & Bergbauer“ beim Schlosswirt auf Oberortl vorgestellt werden sollte, versteht sich von daher von selbst. Viele Journalisten aus dem deutschsprachigen Raum, viele Fotoapparate und Kameras begleiteten die sachkundige junge Frau durch die renovierten Räume des Schlosses.
Reinhold Messner ist am gestrigen Mittwoch, den 17. September, 70 Jahre alt geworden. Er ist, auch aus diesem Anlass, der Star in allen Zeitungen Südtirols. In allen Zeitungen? In allen. Denn auch Ebners „Dolomiten“, seit 1978 Messners Widersacher und, wo es ging, Prügel in den Weg legende Zeitungsmaschine, haben sich in den Reigen der Gratulanten eingefügt - mit einem zweiseitigen Interview. Auch das ist ein Anzeichen dafür, dass Reinhold Messner Dinge zu regeln beginnt. Auch das gehört zum „16. Achttausender“ - dieses Loslassen.
Magdalena Maria Messner
Reinhold Messner - Selbstversorger & Bergbauer
160 Seiten mit zahlreichen Farb-Abbildungen
fest gebunden mit Schutzumschlag
€(D) 39,99 / €(A) 41,20 /
sFr 53,90
ISBN 978-3-8354-1307-8
München, September 2014
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