Räumlich frei ausgeübte Freizeitaktivitäten der Menschen, ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft können die Wildtiere allerdings auch sehr stark belasten. Für viele Tierarten bedeutet der Freizeitbetrieb der Menschen Lebensraumverlust, Beeinträchtigung der körperlichen Verfassung, verminderte Überlebensfähigkeit, Verminderung des Fortpflanzungserfolges und damit längerfristig immer auch einen Rückgang ihres Bestandes.
Aktive und passive Überwinterer
Für die im Winter aktiven Tiere des Hochgebirges sind die Nahrungsknappheit und die Kälte zwei einschneidende Faktoren, welche in schneereichen Bergwintern über Sterben oder Überleben bestimmen. Die verschiedenen Tierarten haben in den kontinentalen und polaren Klimazonen unserer Erde im Laufe der Evolution verschiedenste Überlebensstrategien entwickelt, den Winter als lebensfeindliche Jahreszeit zu überstehen. Es lassen sich aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Beispiele für passives Überwintern sind etwa der Winterschlaf der Murmeltiere, die Winterstarre der Fledermäuse oder der Lurche, die Winterruhe der Braunbären oder der Eichhörnchen. Eine Form des aktiven Überwinterns etwa bei den Vögeln ist der Vogelzug, wenn insektenfressende Vogelarten dem europäischen Winter ausweichen und in wärmere Südländer abfliegen, um sich dort mit Insekten zu versorgen. Die Kohlmeise ist ebenfalls ein Insektenfresser, aber sie ist kein Zugvogel. Ihre Überwinterungsstrategie heißt Umstellung der Nahrung von Insekten im Sommer auf ölhaltige Samen wie Sonnenblumenkerne im Winter.
Zwei unterschiedliche Speisekarten
Auch Huftiere und Nager wechseln vom Sommer zum Winter ihre Nahrungsquellen. In der Nr. 2/2012 des Mitteilungsblattes „Cratschla“ vom Schweizer Nationalpark stellen die Forscher M. Schütz, F. Fliri, und A.C. Risch die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Nahrungsaufnahme von Rothirsch, Gämse, Steinbock und Schneehase vor. Diese Tierarten wechseln ihren Speisezettel von der Sommer- in die Wintersaison. Beispielsweise ernährt sich das Rotwild im Sommer zu 80% aus Gräsern. Im Winter geht der Anteil der Gräser an der Nahrung auf 50% zurück und die Untersuchungen im Verdauungstrakt und im Kot ergaben einen Anteil der Nadelbäume von 43% an der Winternahrung des Rotwildes. Der Anteil der Nadelbäume an der Nahrung des Schneehasen steigt vom Sommer zum Winter von 40 auf 75%, während der Gras-Anteil an der Hasennahrung von 55 auf 25% sinkt.
Huftiere im Hochgebirgswinter
Alle vier einheimischen Huftierarten unter den Wildtieren (Reh, Rotwild, Gämse und Steinwild) sind aktive Überwinterer. Das Verhalten auch dieser alpinen Tierarten unter den Säugern wird unter anderem vom Faktor Licht gesteuert. Licht ist also ein Regelmechanismus für die Tag- und Nachtaktivität der Wildtiere, ihren Stoffwechsel und ihren Hormonhaushalt. In unseren Klimazonen bestimmt der Wechsel der Jahreszeiten den Rhythmus der Aktivitäten der Wildtiere. So reduzieren viele Tierarten ihren Stoffwechsel und ihre Bewegungsaktivität stark, um dadurch ihren Energieverbrauch zu verringern. In der nahrungsknappen Winterzeit kann Energie ja nicht durch erhöhte Nahrungsaufnahme beliebig wieder ergänzt werden, sondern die Wildtiere müssen von ihren angelegten Fettreserven zehren. Häufiges Flüchten bei Störungen etwa durch Wintersportler im freien Gelände oder beispielsweise auch durch tief fliegende Luftfahrzeuge setzt die Tiere nicht nur starkem Stress, sondern auch großen Energieverlusten aus.
Respektvolles Skitourengehen
Alle Wintersportarten abseits von Wegen, Routen und Pisten sind für die Wildtiere ausgesprochen belastend. Die dabei unter den Tieren ausgelösten Fluchten führen zu hohen Energieverlusten mit negativen Folgen für deren körperliche Verfassung bis hin zur Überlebensgrenze im Winter. Ein respektvoller, naturliebender und umweltbewusster Skitourengeher wird daher eine verantwortungsbewusste Tourenwahl treffen und die Wintereinstände von Wildtieren meiden, um die Tiere nicht zu gefährden.
Luftfahrzeuge
Nicht unerwähnt bleiben sollen die negativen Folgen für die Wildtiere in touristisch stark genutzten Gebieten, aber auch die panikartigen Fluchten von Wildtieren im verschneiten Hochgebirge als Reaktion auf Luftfahrzeuge. Zu diesen Reaktionen der Wildtiere gibt es inzwischen neben vielen Beobachtungen auch eine verdichtete Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen so unter anderem aus dem schweizerischen Teil des Alpenbogens. Bekannt ist etwa das Fehlen der Gämsen im touristisch stark genutzten Parsenngebiet bei Davos in Graubünden. Auf das Auftauchen von Hängegleitern und Hubschraubern reagieren Gämsen und Steinböcke heftig: Sie versuchen über große Fluchtstrecken vom offenen Gelände in den Wald zu flüchten, was im Winter mit gravierenden Energieverlusten einhergeht. Müßig zu sagen, dass wiederholtes Flüchten letale Folgen für Tiere mit schwacher Köperkonstitution haben kann.