Gerade auch, weil es hunderte Arbeitsplätze betrifft und das in einer Zeit der Krise, in der Arbeitsplätze nicht leicht zu schaffen sind. Ich habe den Eindruck, dass zum Teil Privatinteressen vertreten werden.
Sie werfen der Gemeindeverwaltung Privatinteressen vor und dass sie nicht zum Wohle der Gemeinschaft arbeitet?
Ja, so meine ich das.
Eine Rückblende: Vor knapp 15 Jahren war eine ähnliche Situation. 1999 hat man ein ausgearbeitetes Projekt Kaunertal vorgestellt. Dies wurde damals von der Gemeindeverwaltung und von den Skigesellschaften im Oberland versenkt. Wiederholt sich die Geschichte?
Mehr oder weniger sind wir wieder am gleichen Standpunkt angelangt. Mit dem einen großen Unterschied, dass wir heute einen Investor gehabt hätten, der alles vorfinanziert hätte. Bei uns in Graun wurde der Hans Rubatscher nicht mit Respekt behandelt. Der Rubatscher ist kein Pinco-Palino. Er hat die Pitztaler Gletscherbahnen aufgebaut, er hat Kaunertal saniert. Die haben heute einen Brutto-Cash-Flow von 2 Millionen Euro. Rubatscher hat die Rathausgalerie in Innsbruck bauen lassen. Er ist in Nordtirol eine angesehene Wirtschaftsgröße. Die Verhinderungspolitik in der Gemeinde Graun hat ihm und der Arbeitsgruppe leider die Leidenschaft genommen. Ein ernsthafter Investor, der das Gewerbe kennt, weiß was und in welcher Reihenfolge zu investieren ist. Leider Gottes steht bei uns im Vinschgau nicht die „Sache“ im Vordergrund, sondern die „Personen“, wodurch es keine sinnvolle Entwicklung geben kann. Menschen können manipuliert werden, die „Sache“ nicht. Das Konzept, welches ich miterstellt habe, war für die Gemeinde nichts wert. Für die Gemeinde Graun gibt es anscheinend nur die gemeindeinterne Lösung, den Zusammenschluss Haideralm mit Schöneben. Fertig. Für einen möglichen Zusammenschluss Haideralm-Schöneben wurde die letzten 14 Jahre geplant. Das Ergebnis laut Expertenmeinung (Ing. Zegg u. Ing. Gasser): „Der Zusammenschluss ist aus wirtschaftlicher u. technischer Sicht nicht sinnvoll und würde mit Sicherheit kein Mehr an Skifahrern bringen“. Weiters ist das Projekt UVP-mäßig nicht durchführbar u. zulässig!
Haben Sie das Gefühl, dass das Verhalten des Gemeindeausschusses mit den Wünschen der Bevölkerung konform geht?
In keinster Weise. Die Bevölkerung war imstande, sich die Vorschläge anzuhören. Die Gemeindeverwalter haben das teilweise nicht getan. Und dann geht man her und stellt die fachliche Kompetenz von Hans Rubatscher in Frage. Der Investor wird schon selbst wissen, was ihm das Projekt kosten wird. Er muss sich ja auch einen Zeitplan machen. Meiner Meinung nach hat sich die Gemeinde zu wenig Zeit genommen, das Angebot seriös zu überprüfen. Ein Beispiel: BM Heinrich Noggler hat gesagt, dass ihm die Investitionszahlen von insgesamt 25 Millionen Euro zu ungenau seien. Wir sollten einen Techniker unserer Wahl mit der genauen Ausarbeitung beauftragen. Das haben wir mit Ingenieur Calderara gemacht. Aber der Bürgermeister hat dann zusätzlich eine Bahn auf die Seebodenspitze verlangt, die gesamte Beschneiungsanlage, die gesamten Pisten und die gesamte Lawinenverbauung. Dasselbe für das Projekt Kaunertal. Da war es logisch, dass für das Projekt Kaunertal anstatt 16 Millionen Euro 29 Millionen herausgekommen sind und auf Haider Seite statt 9 Millionen 13 Millionen Euro. Wenn ich heute eine Suppe bestelle, sind die Kosten natürlich anders als bei einem 4-gängigen Menü.
Was wäre Ihre Vision fürs Oberland?
In Mals steige ich vom Zug aus, komme - das ist noch zu definieren - auf den Watles, vom Watles fahre ich mit den Skiern zur Haideralm, von dort auf Schöneben. Von Schöneben auf Nauders und von dort ins Langtauferertal - da hat es auch schon Pläne dafür gegeben und vom Tal aufs Karlesjoch. Und die Krönung wäre, wenn eine Eisenbahn von Mals bis nach Nauders hinauffahren würde - eine Erlebnisbahn wie beim Jungfraujoch. Das wäre meine Vision. Auch weil wir eine Landschaft mit enormen Potenzial haben - immer mit Rücksicht auf die Natur, das möchte ich betonen. Aber wir Vinschger sind offensichtlich dermaßen Karrner, die sich das Weiße in den Augen nicht gönnen.
Die Landespolitik, der HGV, die Wirtschaftskammern Tirol und Südtirol und verschiedene Verbände stehen einem Zusammenschluss mit dem Kaunertal positiv gegenüber. Nur die örtliche Politik stellt sich dagegen.
Kirchturmpolitik ist das. So wird es keine Entwicklung im Oberland geben. Die Konsequenz könnte sein, dass die Haideralm schließen wird. Wir haben das Potenzial der Landschaft, wir haben eine bestimmte Infrastruktur, die noch auszubauen ist. Auch die Einstellung dem Gast gegenüber ist im Oberland zu verbessern.
Es ist die Aussage im Raum, dass es im Oberland zu viele Lifte im Verhältnis zu der Bettenanzahl gibt. Diese Aussage hat es bereits vor 15 Jahren gegeben.
Die Aussage ist teilweise richtig, weil wir zu viele kalte Betten haben. Von Pfunds bis Mals, das haben wir auch in der Konzepterstellung festgehalten, gibt es 13.000 Gästebetten. In der Hochsaison geht das für die vorhandenen Liftanlagen gut, in der Nebensaison fehlen die Gäste. Wir haben eine Auslastung von 110 Vollbelegungstagen. Alle Skigebiete, die in letzter Zeit zusammengeschlossen worden sind - Beispiel Gitschberg-Jochtal, haben eine Gästesteigerung von bis zu 30 Prozent gehabt. Sind die in Fiss-Serfaus blöd? Sind die Kaunertaler blöd? Sind die Pusterer alle blöd? Nur Zusammenschlüsse garantieren die Überlebensfähigkeit von Skigebieten.
Was erwarten Sie sich von der derzeitigen Gemeindepolitik in Graun für die Zukunft?
Ich erwarte mir, dass beide Konzepte abgewogen und seriös geprüft werden und dann eine weitsichtige Entscheidung für die Gesamtbevölkerung getroffen wird. Und dass nicht Privatinteressen im Vordergrund stehen oder gewisse Lobbys unterstützt werden. Ich frage mich, wenn in Langtaufers die Mehrheit der Bevölkerung für das Kaunertalprojekt ist, warum es nicht verwirklicht werden kann. Umgekehrt: Wenn die Verbindung Haideralm-Schöneben verwirklicht werden sollte, werden die Langtauferer auch nicht gefragt. Und ich erwarte mir von der Gemeindeverwaltung, dass sie den Leuten gegenüber Respekt hat, auch wenn diese eine andere Meinung haben. Meine Gedanken möchte ich als Hilfe in der Entscheidungsfindung verstanden wissen, die schlussendlich bei der Bevölkerung liegt und zu respektieren ist.
Interview: Erwin Bernhart