Psychologie
„Einfach genial der neue Job und die Kollegen“. So in etwa hört es sich an, wenn wir von etwas begeistert sind. Wir sind aufgeregt, gespannt und vielleicht sogar überrascht, insbesondere dann, wenn unsere Erwartungen übertroffen wurden. Begeisterung kann sich auf viele Bereiche des Lebens beziehen, auf die Arbeit, ein Hobby oder ein Projekt. Nehmen wir als Beispiel das Klettern: diejenigen, die dieser Sportart leidenschaftlich und mit viel Herzblut nachgehen, erleben die Begeisterung in vielen Facetten: die Vorfreude, den Enthusiasmus und die Hochstimmung, die ungemein motivierend sein können und die Leistungsfähigkeit steigern. Beim Klettern ist es die Faszination für die Bergwelt, die Bewältigung unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, der Austausch mit Gleichgesinnten, insbesondere der Flow, wenn man direkt am Felsen ist. All dies sorgt für gute Laune, wirkt inspirierend oder sogar ansteckend auf andere und man möchte am liebsten gar nicht mehr damit aufhören.
Mit der Aufregung, dem schnellen klopfenden Herzen und den Erfolgserlebnissen verspüren wir Selbstwirksamkeit. Die Welt mit ihren Möglichkeiten scheint grenzenlos und wir schwimmen in beinahe kindlicher Begeisterung. Die Passion für eine Sache geht mit dem Bedürfnis einher, sich entsprechend den eigenen Neigungen und Interessen auszudrücken und sich dabei mit dem Leben und Mitmenschen verbunden zu fühlen.
Verschreibt man sich allerdings ausschließlich einer Idee oder Sache, kann sich die Begeisterung ins Extreme steigern und den eigenen Blickwinkel einengen. Es gibt nur noch die eine „wahre“ Überzeugung, in der man aufgeht und sich mit Haut und Haaren engagiert. In der übersteigerten Form neigen wir dann zu einer Art Tunnelblick. Die Folge des unbedingten Dafür- oder Dagegenseins kann Abwertung oder sogar Ausgrenzung Andersdenkender sein.
Die Begeisterung als Triebfeder für eine Beschäftigung ist mit Maß und Ziel völlig in Ordnung. Zudem darf ich mich als Außenstehender an der Begeisterung anderer freuen, auch wenn ich dessen Motive nicht nachvollziehen kann. Dies ist glücklicherweise auch gar nicht nötig.
Elisabeth Hickmann
Systemische Therapie und Beratung (SG)
Tel. 333 269 0799
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