Kultur: „Wir schöpfen aus alten Quellen und neuem Repertoire“

geschrieben von
kantentreffen“ am 15. April 2023 in Mals, aufgezeichnet von   RAI-Südtirol mit Moderatorin Heike Tschenett kantentreffen“ am 15. April 2023 in Mals, aufgezeichnet von RAI-Südtirol mit Moderatorin Heike Tschenett

Der Südtiroler Volksmusikverein, gegründet 1981 als Südtiroler Volksmusikkreis, hat sich der Pflege der traditionellen Volkskultur verschreiben. Mit Musik, Gesang und Tanz leben alte Traditionen in der Europaregion Tirol auf und begeistern Alt und Jung.

von Magdalena Dietl Sapelza

Die Verantwortlichen im Südtiroler Volksmusikkreis, heute Volksmusikverein, haben bereits vor der Gründung der Europaregion Tirol im Jahre 1998 mit Musik, Gesang und Tanz die Grenzen zwischen Süd- Nord- und Osttirol abgebaut. Das sagt Gernot Niederfriniger aus Mals, der den Verein seit 2014 als Landesobmann leitet. Der Vinschger Musiker, Sänger und Musiklehrer mit Eyrser Wurzeln ist geradezu prädestiniert für diese Aufgabe. Denn er spielt über zehn Instrumente. „I woaß selbr nimmer, wia viele es sein“, antwortete er kürzlich auf die entsprechende Frage der Moderatorin von RAI Südtirol, Heike Tschenett, beim Sänger- und Musikantentreffen in Mals. Regelmäßig transkribiert er historische Stücke und komponiert neue. Derzeit zählt der Volksmusikverein in Südtirol rund 650 Mitglieder Im Volksmusikbezirk Vinschgau sind es 100 Mitglieder. Dort zieht seit Februar 2023 der Chorleiter Martin Moriggl aus Glurns die Fäden. „Die politischen Bezirksgrenzen spielen bei uns kaum eine Rolle“, erklärt Moriggl. „Wir arbeiten alle eng zusammen, denn Musik kennt keine Grenzen.“ Für Moriggl ist Volksmusik traditionelle heimatverbundene Lebensfreude. Der Südtiroler Volksmusikverein besteht seit dem Jahre 1990 aus sechs Bezirken. Sebastian Kurz (Eyrs) war erster Vinschger Bezirksobmann. Ihm folgten Anna Riedl (Glurns), Gernot Niederfriniger (Eyrs/Mals), Angelika Stecher (Langtaufers), Gaby Tscholl (Goldrain) und nun Martin Moriggl. Sechs Volksmusikbegeisterte unterstützen ihn (siehe Foto rechts). Im Team des Landesvorstands um Obmann Niederfriniger ist mit Hubert Kuppelwieser aus Schlanders noch ein zweiter Vinschger als Rechnungsrevisor vertreten. Niederfriniger und Moriggl regen die Volksmusikliebhaber:innen an, Mitglieder im Verein zu werden, um die Pflege der traditionellen Volksmusik zu unterstützen.

 

Volksmusikkreis - Gründung

 

Treibende Kräfte bei der Gründung einer Volksmusikinitiative in Südtirol waren Ende der 1970er Jahre eine Gruppe Pusterer um Sepp Mulser. Nach der Gründung des Südtiroler Volksmusikkreises am 27. Februar 1981 in Bruneck wurde er erster Obmann. Als Zeichen der Verbundenheit mit dem Tiroler Volksmusikverein wurde das gleiche Logo TVM („Tiroler Volksmusik“) gewählt. Auch die gemeinsame inhaltliche Ausrichtung ist seither dieselbe. Im Mittelpunkt stehen die Tiroler Volksmusikpflege im Kontext der historischen Volkskultur als Ganzes. Es hatte also in diesem Bereich wieder das zusammengefunden, was nach der Teilung Tirols 1919 getrennt worden war. In die Wege geleitet wurde auch die Zusammenarbeit mit Verbänden wie Institut für Musikerziehung, Arge Volkstanz, Südtiroler Sängerbund und Verband Südtiroler Musikkapellen. Seit 1981 erscheint auch das gemeinsam erstellte Magazin „G‘sungen & G‘spielt“, das den Mitgliedern viermal im Jahr zugestellt wird. Die jüngste Namensänderung von Volksmusikkreis in Volksmusikverein erklärt Niederfriniger folgendermaßen: „Wir wollten den Kreis, der einen geschlossen Ring darstellt, durch die Namengebung Verein in sprachlicher Hinsicht für alle öffnen.“ Wobei zu sagen sei, dass der Kreis immer für alle offen war.

 

Der Tradition verpflichtet

 

s26 9800Bis ins 20. Jahrhundert war die Tiroler Volkskultur bäuerlich geprägt. Musik und Lieder waren eng mit dem religiösen und weltlichen Brauchtum verbunden. Man bedenke, dass es bis zum Ende des 19. Jahrhundert noch keine Radios, geschweige denn andere Tonträger gab. Musikstücke und Lieder begleiteten den Lauf des Jahres. Gern besungen wurde beispielsweise das Almleben oder die stille Zeit des Jahres.
Torol verfügt über ein besonders reiches weihnachtliches Musik- und Liedgut, das mit Bräuchen wie der „Herbergsuche“ im Advent, dem Räuchern oder dem Sternsingen zu Dreikönig in Verbindung steht. Die Menschen konnten sich mit der Weihnachtsbotschaft an die Hirten besonders identifizieren, weil sie selbst Viehwirtschaft betrieben und Hirten waren. Die vielen Lieder und Instrumentalstücke des alpenländischen Weihnachtskreises werden heute in dem neu entstandenen Brauch des „Adventsingens“ weitergepflegt. Der Volksmusikverein diesseits und jenseits der Grenze fühlt sich dieser Tradition verpflichtet und pflegt die musikalische Volkskultur in allen ihren Ausdrucksformen wie Musik, Lied und Tanz. Überliefertes Lied- und Musiziergut wird gesammelt, dokumentiert, erforscht und publiziert. „Wir schöpfen aus alten Quellen und neuem Repertoire“, erklärt Niederfriniger.

 

Bühne für Alt und Jung

 

Groß geschrieben wird die Aus- und Weiterbildung. Jährlich werden zahlreiche Seminare und Kurse angeboten, die sehr gut besucht sind. Finanziert wird der Verein von der Kulturabteilung des Landes. Zu den Sponsoren zählen die Stiftung Südtiroler Sparkasse und die Raiffeisenkasse.
Ein großes Anliegen der Verantwortlichen ist es, die Freude an der traditionellen Volksmusik, am Singen, Tanzen und Musizieren speziell in der jungen Generation zu fördern. Den Kindern und Jugendlichen, die in den Musikschulen des Landes Instrumente lernen, bieten sie regelmäßig Gelegenheiten zu öffentlichen Auftritten, indem sie unterschiedliche größere und kleinere Veranstaltungen organisieren. Sie unterstützen die jungen Menschen bei der Suche nach geeigneten Liedern und Musikstücken, nach Notenmaterial, nach Instrumenten. Und sie ermutigen zu Auftritten in Gasthäusern, auf Marktplätzen, bei kirchlichen und weltlichen Festen. „Wir motivieren alle, ihr Können öffentlich zu zeigen“, so Moriggl. „Denn es ist uns wichtig, dass wieder gespielt und gesungen wird.“ Eine gute Gelegenheit dazu bieten die regelmäßigen „Hoangorts“ in den Gasthöfen des Tales (siehe Programm), bei denen Solisten und Gruppen eine Bühne geboten wird. Dass dieses Bemühen Früchte trägt, und dass sich jungen Menschen von traditioneller Volksmusik infizieren lassen, zeigen die vielen begeisterten Jungmusiker:innen und die Sänger:innen bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen landauf landab. Niederfriniger ruft allen Musikanten:innen und Sänger:innen zu: „Am beschtn tean, selbr spieln unt singen unt sel guat“.

Südtiroler Volksmusikverein
www.volksmusikkreis.org
Mail: info@volksmusikkreis.org
Infos: Telefon 340 4088597 (Martin Moriggl)

 

Südtiroler Volksmusikverein
Bezirk Vinschgau

Programm bis Dezember 2023

Fr. 26. Mai: Vinschger Hoangort im Gasthof Lamm in Laatsch

Do. 22. Juni – So. 25. Juni: Vinschger  Musiziertage auf Maseben (Langtaufers) mit Abschlusshoangart am Sonntag ab 14:00 Uhr

Mi. 16. August: Hoangort auf der
Stilfser Alm zum Rochustag

So. 27. August: Sänger- und
Musikantenwallfahrt von St. Johann in Taufers i. M. bis Kloster St. Johann
im Müstair

Do. 31. August – So. 3. Sept.: Harfen - und Raffelelbaukurs in der Mittelschule Mals

So. 22. Oktober: Mariensingen in Tschengls

Dezember: Offenes Singen im Advent

Von Juni bis Oktober: Musik auf dem Mittwochsmarkt in Mals

Monatlicher Musikantenstammtisch
ab 18:00 Uhr
jeden 3. Freitag im Monat auf dem
Planöfhof bei Marienberg und zwar am
19. Mai; 16. Juni; 15. September;
20. Oktober; 17. November und am
15. Dezember

Gelesen 814 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 19 24

titel Vinschgerwind 18-24

titel vinschgerwind 17-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.