„Mir geats guat in Göflan, meine Familie und olle umsorgen mi liebevoll“, für das ist der 95-Jährige sehr dankbar und er hat das Gefühl, diese Dankbarkeit kommt zu ihm zurück.
von Christine Weithaler
Oswald Astfäller, der am 2. Jänner 1928 geboren ist, kannte seinen Vater nicht, da dieser 1929 nach Österreich ging und dort drei Jahre später verstarb. Seine Mutter stand allein mit sechs Kindern da, war gezwungen für alle eine Bleibe zu suchen. Als Jüngster kam Oswald mit einem knappen Jahr auf den Steinhof am Schlanderser Nördersberg. Er besuchte am Patschhof die italienische Schule und im Haus nebenan, heimlich die Katakombenschule. Er sei kein guter Schüler gewesen, sagt er, erhielt oft Nachhilfestunden. Das machte ihm nichts aus, denn dort bekam er manchmal von der Lehrerein einen „Struzen“, der mit Karottenraspeln verfeinert besonders gut schmeckte. Er hatte es gut bei seinen Zieheltern. Es war immer für Essen gesorgt. Die Kirschen beim Nachbarn zu stehlen, war dennoch verlockend. Als „Hiatbua“ hatte er einmal „saftig Schleig kriag“. Er neckte eine Kalbin, die wild und aufgeschreckt ausriss. Er erzählt von den anstrengenden Arbeiten auf den Höfen, dem Mist- und Korntragen und den damit verbundenen Feiern am Abend. Oswald wollte Schuster werden. Seine Patin riet ihm „eppas Gscheits“ zu lernen. Er suchte einer Lehrstelle als Tischler, kam mit seiner Suche bis nach Bozen. Erst mit dem Vertrag in der Tasche radelte er noch am selben Tag nach Göflan zurück. Er arbeitete in mehreren Betrieben im Vinschgau und schloss seine Lehre in Stilfs ab. Er richtete sich in Göflan in einer Garage eine kleine Werkstatt ein. Er nahm ein Darlehen auf und kaufte sich die erste Maschine. Da ein älterer Bruder im Krieg gefallen war, wurde Oswald unerwartet als dritter Sohn zum Militärdienst eingezogen. Das Darlehen blieb gleich, die Zinsen zahlte er mit dem wenigem Lohn des Militärs zurück. Damals schon kannte er seine spätere Frau Ida. Sie heirateten 1953 und es kamen fünf Kinder auf die Welt. Das jüngste verstarb wenige Tage alt im Schlanderser Krankenhaus. 1955 baute das Ehepaar in Göflan ihr Heim. Ein Jahr später kam die Werkstatt dazu. Das Grundstück hierfür erhielten sie von den Schwiegereltern. Sie hatten es nicht immer leicht, doch Ida war sparsam und sorgte gut für die Familie. 1959 war Oswald Gründungsmitglied der Schützenkompanie Schlanders, Göflan, Kortsch, Vetzan. 1977 gründete er die 1. Südtiroler Jungschützen-Kompanie. Im Oktober 1979 wurde er wegen angeblichen Sprengstoffbesitzes inhaftiert und 1980 trotz Unschuldsbekundung zu sechs Jahren Haft verurteilt. Diese wurde 1981 beim Berufungsprozess auf drei Jahre reduziert. Es war eine sehr schwierige Zeit für ihn und seine Familie. Nach 20 Monaten wurde Oswald wegen guter Führung in die Halbfreiheit entlassen, d.h. am Tag durfte er sich frei bewegen und die Nächte musste er im Gefängnis verbringen. Er erhielt 1985 in Passau den Andreas Hofer Preis. 1996 wurde ihm vom Südtiroler Schützenbund die silberne Verdienstmedaille und 2019 die Langjährigkeitsmedaille für 60 Jahre verliehen.
1993 verstarb Ida, Oswalds Frau, nach schmerzvoller Krankheit. Bald darauf lernte er Monika kennen. Sie gehen nun seit mehr als 25 Jahre zusammen durchs Leben. Sie wandern viel, urlauben einmal im Jahr im Zillertal und besuchen immer wieder die Göflaner Alm. Der Glockenstuhl, Kirchenbänke und Dach der kleinen Kapelle dort sind aus seiner Hand. Den passionierten Tischler trifft man fast täglich in seiner Werkstatt. Er liefert Gartenbänke in die Schweiz, nach Österreich und Deutschland, fertigt Vorrats- und Käseschränke, „Brotriggalen“, Barhocker für Groß und Klein. Am liebsten werkelt er für seine zehn Enkel und die elf Urenkel. Weiters bildete er mehrere Lehrlinge aus. Mit einem bestieg er 1957 den Ortler. Ein einmaliges Erlebnis von dem er heute noch nachts träumt. Langsam schwinden seine Kräfte. An Namen erinnerte er sich immer schon schlecht, aber in letzter Zeit „tratzen“ ihn Geschichtsdaten, bekennt der rüstige 95jährige. Das Frühstück und Abendbrot richtet er sich selbst. Beim Mittagessen umsorgen ihn seine Familie und die Lebensgefährtin Monika. Oswald besucht den sonntäglichen Gottesdienst, genießt anschließend einen Halbmittag und dazu ein Glas Wein.
Er findet, jeder solle das essen und trinken, was ihm schmeckt; täglich ein wenig arbeiten, versuchen Stress zu meiden, und „a Schnapsl af Nobat“ trinken. Das halte ihn fit. Er geht gern unter die „Leit“, und tut das, was ihm guttut. Auch im hohen Alter ist er fleißig bei Schützenaktivitäten dabei. Viel hätte Oswald noch zu erzählen - vielleicht dann beim 100sten Geburtstag.