Vom Sennen und der Liebe am Bahnhof

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Rudolf Pilser,  Jahrgang 1929,  sitzt an seinem Küchentisch  und erzählt Geschichten  aus seinem Leben Rudolf Pilser, Jahrgang 1929, sitzt an seinem Küchentisch und erzählt Geschichten aus seinem Leben

Der 93-jährige Rudolf Pilser verbrachte dreißig Sommersaisonen auf Almen, das war anstrengend  und doch auch ein bisschen wie Urlaub. Ans Meer traute er sich nie, dafür hat er ja die Berge als Ausgleich zum Alltagsleben.

von Katja Trafoier

Rudolf wuchs mit neun Geschwistern auf einem kleinen Hof mit drei Kühen und ein paar Hühnern in Kortsch auf. Seine Kindheit endete abrupt, als er bereits mit 14 Jahren zur Grundausbildung des Militärs nach Annaberg musste. In den Krieg ziehen musste er nie, nach der zweimonatigen Grundausbildung kehrte er zurück nach Hause.
Rudolf arbeitete fortan immer. „Pugglt hon i ollm“, sagt er selbst zu seinen arbeitsreichen Lebenstagen. Zunächst arbeitete er fünfzehn Jahre bei der Mühle in Schlanders, als Knecht und bei anderen Beschäftigungen. Bei einer Anstellung zerstritt er sich mit seinem Arbeitgeber, da dieser lieber auf die Jagd ging als zu arbeiten und Rudolf die ganze Arbeit allein erledigen musste.
Dann kam Rudolf zu seiner großen Leidenschaft, dem Sennen. Zunächst hütete er vier Jahre lang Kühe und Kälber, ehe er selbst zum Senner auf verschiedenen Almen wurde. Dreißig Sommer verbrachte er als Senner, zehn Jahre auf der Kortscher Alm, einige Jahre im Zerzertal, auf der Upialm, und neun Jahre lang in der Schweiz. Auf die Frage, auf welcher Alm es ihm am besten gefallen hatte, sagt Rudolf, ihm habe es überall gut gefallen und die Berge seien für ihn immer wie Urlaub gewesen, ans Meer habe er sich nie getraut. Richtigen Urlaub gemacht hatte Rudolf allerdings nie. Er ging im Frühling in die Dorfsennerei Matsch, wo er einmal in zehn Tagen tausend Kilogramm Käse produziert hatte. Die Sommer verbrachte er auf den Almen, und im Herbst arbeitete er als Handlanger in einem Maurerbetrieb. Später arbeitete Rudolf in der Fabrik, der Hoppe. Mit 78 Jahren verbrachte er den letzten Sommer als Senner. Er wollte auch im darauffolgenden Jahr noch einmal auf eine Alm zum Sennen, aber da bekam er schlussendlich eine Absage.
Auf den Almen, sagt Rudolf, sei es ihm immer gut gegangen. Als er auf die Kortscher Alm war, sagten die Bauern einmel zu Rudolf, dass er auf der Alm Käse machen soll, der nicht hantig schmeckt. Rudolf sagte darauf, dass er keine Angst habe, hantigen Käse zu machen, er hoffe nur, dass die Bauern nicht hantig seien.
Das Leben auf der Alm war anstrengend, wie Rudolf erzählt, der Tag habe um vier Uhr früh begonnen und erst um zehn Uhr abends geendet, und der Tag wurde nie nach Stunden bezahlt.
Rudolf erzählt auch von seinem Liebesleben. Er hatte eine Freundin in Seis gehabt, und auf dem Heimweg von einem Besuch bei ihr, lernte er dann in Bozen am Bahnhof seine spätere Frau Cäcilia kennen. Daraufhin musste Rudolf vom Bozner Bahnhof aus wieder umkehren und noch einmal nach Seis fahren, um sich von seiner dortigen Freundin zu verabschieden. Seine Frau Cäcilia heiratete er 1969. Mit ihr wurde er Vater von drei Kindern. Cäcilia verstarb im Jahr 2014.
Zwei Jahre später lernt Rudolf seine jetzige Lebenspartnerin Martina kennen. Mit ihr lebt er heute in seinem Haus in Kortsch. Er geht immer noch gerne einkaufen, schneidet die Reben und verrichtet allfällige Arbeiten. Vom Glück und vom Unglück in seinen 93 Lebensjahren sagt er: „Es gib holt ollm guate und schlechte Zeiten.“

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