„Da hab ich mich selbst ertappt.“

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Der Latscher BM Mauro Dalla Barba ändert seine Meinung in Bezug auf den Polizeidienst, räumt Fehler und Lerneffekte beim Hallerhof ein und fordert, dass im Zuge der Elektrifizierung auch die Wartezeiten bei den Schranken geändert werden sollen. Ein Interview mit einem von Tatendrang beseelten BM.

 

Vinschgerwind: Herr Bürgermeister, sind Sie ein Wendehals?
Mauro Dalla Barba: Was heißt Wendehals? Diesen Ausdruck kenne ich nicht.

Vinschgerwind: Sie haben Ihre Meinung in Bezug auf den übergemeindlichen Polizeidienst komplett geändert. Sie sagten im Gemeinderat, dass Sie eher auf Knien zur Latscher Brückenkapelle gehen, als nach Schlanders zum Polizeikommando. Was hat Ihre Meinung geändert?
Mauro Dalla Barba: Als ich damals diese von Ihnen zitierte Aussage getätigt habe, hat es kein Konzept gegeben. Mittlerweile gibt es das Konzept und das enthält vier Phasen. Wir reden zunächst von Phase 1 und 2. Da ist die Eigenständigkeit der Gemeinden enthalten und dass die Entscheidungskompetenz beim Bürgermeister liegt. Aus diesem Grund glaube ich, dass es gut ist, sich für neue Sachen zu öffnen. Der Phase 1 und der Phase 2 stimme ich inhaltlich schon zu. Die Richtung ist, dass man sich in der Organisation verbessern kann. Auch die Polizeistelle in Latsch sieht darin Positives, etwa wenn man einheitliche Formulare verwendet, dass man Dokumente vereinheitlicht, auch dass man zusätzlichen Support erhält. Tatsächlich werden die Themen für die Ortspolizei zunehmend komplexer und deshalb finde ich es für sinnvoll, dass man neben dem derzeitigen Abfindungsbüro in der Bezirksgemeinschaft einen zusätzlichen Ansprechpartner hat.

Vinschgerwind: Sie streben auch andere übergemeindliche Zusammenarbeiten an. Bei der Erstellung des Gemeindentwicklungskonzptes wird mit Schlanders, mit Martell und mit Kastelbell-Tschars die Zusammenarbeit gesucht. Latsch ist nun vorgeprescht. Ihr habt einem Ingenieurbüro mit der Datensammlung beauftragt und das Leitbild für Latsch ist beim Abschluss. Was ist Ihre Motivation?
Mauro Dalla Barba: Ich habe schon im Wahlkampf gesagt, dass ich ein Leitbild in Auftrag geben werde. Um abzutasten, wo die Politik steht und auch was den Leuten unter den Nägeln brennt.

Vinschgerwind: Was brennt den Latschern unter den Nägeln?
Mauro Dalla Barba: Wir haben am 4. April eine große Bürgerversammlung und dort werden die Themen und die Auswertung vom Leitbild vorgestellt.

Vinschgerwind: Wo brennt’s denn in Latsch?
Mauro Dalla Barba: Es sind, wie wohl in jeder Gemeinde, viele Themen. Es gibt drei große Themen: die Mobilität, alles was mit Nachhaltigkeit zu tun hat und was das Wohlbefinden der Bürger:innen betrifft. Mit dem Büro rcm haben wir Maßnahmen herausgeschält und die werden von drei Arbeitsgruppen behandelt werden, bevor wir in die Umsetzungsphase gehen. Lassen Sie mich auf Ihre Frage der Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinde zurückkommen. Für die Gemeinden ist in der laufenden Periode die Erstellung des Gemeindeentwicklungskonzeptes von zentraler Bedeutung. Auch weil Neuausweisungen von diversen Zonen solange blockiert werden, bis man das Konzept stehen hat. Das Land hat die Gemeinden Latsch, Schlanders, Martell und Kastelbell-Tschars als funktionelles Gebiet vorgegeben. Wir Bürgermeister haben uns oft getroffen und beraten. Es ist zwar eine Vorgabe vom Land, aber ich finde es extrem spannend und positiv, dass wir uns austauschen. Wir haben auch andere Dinge besprochen. Vielleicht wäre das Gespräch weniger gepflegt worden, wenn diese funktionale Zuteilung nicht erfolgt wäre. Um 80% der Finanzierung für das Entwicklungskonzept rückerstattet zu bekommen, muss in verschiedenen Bereichen übergemeindlich zusammengearbeitet werden. Eine vertiefende landschaftliche Analyse soll in Auftrag gegeben werden. Wir sind beim Suchen von Technikern.

Vinschgerwind: Im Zuge der Leitbilderstellung wurde auch das heiße Eisen Leerstand erhoben. Hat Latsch viel Leerstand?
Mauro Dalla Barba: Gefühlt hat man gemeint, dass Latsch viel Leerstand hat. Leider fehlt bis heute die Definition, was denn überhaupt als Leerstand angesehen werden kann. Ein verfallenes Haus? Eine leerstehende Wohnung? Da fehlen leider noch die Durchführungsbestimmungen vom Land. Wir haben Gebäude und Wohnungen erhoben, von denen wir zu wissen glauben, dass sie seit längerem leerstehen. Aber, auch dank der regen Bautätigkeit, die in den letzten zwei Jahren in Latsch begonnen hat, ist viel Leerstand verschwunden. Beim Hallerhof etwa, der seit mehr als 50 Jahren leer steht, wird die Kubatur nun verwertet werden.

Vinschgerwind: Bleiben wir beim Hallerhof. Welche Lernphase haben Sie da durchgemacht? Als traditionsverbundener Vereinsmensch wollten Sie den Hallerhof niederreißen und neu aufbauen lassen.
Mauro Dalla Barba: Das stimmt. Da hab ich mich selbst ertappt. Ich habe als Referent den Ensembleschutzplan miterstellt. Da will ich mich gar nicht herausreden. Meine Anweisung bei der Wiedergewinnung des Hallerhofes war, dass die Fassade stehen bleiben muss. Die Architekten haben Vor- und Nachteile aufgezeigt und man hat sich auf einen Abriss mit einer Nachbildung der Fassade geeinigt. Vielleicht habe ich mich da in der Euphorie etwas verleiten lassen, endlich etwas bewegen zu können. Ich wohne ja in unmittelbarer Nähe des Hallerhofes, gehe öfters da vorbei und es ist ein markantes Gebäude und auch ein kleiner Schandfleck für das Dorf. Nun hat man sich in einem Kompromiss mit dem Denkmalamt auf den Erhalt der Fassade geeinigt.

Vinschgerwind: Werden Sie künftig mehr Sensibilität walten lassen?
Mauro Dalla Barba: Auf jeden Fall. Wir werden nichts anders machen, als es der Ensembleschutzkatalog vorgibt.

Vinschgerwind: In Latsch steht mit dem Umbau des Ex-Ortler-Areals ein riesiges Bauvorhaben an. Hat Latsch ein Wohnungsproblem?
Mauro Dalla Barba: Latsch hat aufgrund der vielen Anfragen nach Wohnungen gefühlt ein Wohnungsproblem. Es vergeht kaum eine Woche, dass nicht Leute um Wohnungen anfragen. Das Ex-Ortler-Areal ist heute als Gewerbegebiet ausgewiesen und im Besitz der Mivor. Man ist dabei eine Mischzone daraus zu machen, mit einem innovativen Wohnkonzept, weg vom klassischen Reihenhaus. In verschiedenen Wohntürmen soll attraktives Wohnen gestaltet werden. 40 % soll für den freien und 60% für den geförderten Wohnbau vorgesehen werden. Die Verhandlungen laufen. Wenn es soweit sein wird, wird dieses Gebäude das Ortsbild von Latsch wesentlich verändern.

Vinschgerwind: Themenwechsel. Wie weit ist man bei der für die Gemeinden Schlanders und Latsch wichtigen Primärkabine in Goldrain?
Mauro Dalla Barba: Die Primärkabine ist wichtig für den ganzen Vinschgau. Natürlich besonders für die Gemeinde Latsch. Das hat man spätestens dann gesehen, als im vergangenen Herbst der Transformator in Kastelbell kaputt ging. Wir hatten große Probleme mit der Stromversorgung, gerade in der Zeit der Apfeleinlagerung. Der von den ehemaligen SGW-Mitarbeitern prophezeite Supergau ist da eingetreten. Dank der Edyna konnte mit teuren Aggregaten und mit Kosten von mehreren 100.000 Euro die Stromlücke überwunden werden. Da ist dann aber Schwung in die Primärkabine gekommen. Gemeinsam mit Albrecht Plangger ist es gelungen, das Problem zu lösen, einen neuen Standort für den notwendigen neuen Masten mit sehr kooperativen Grundeigentümern zu finden. Damit konnte man auch das Gerichtsverfahren abschließen. In den nächsten Wochen kommt der neue Masten und bis im Sommer soll Terna die Primärkabine anschließen.

Vinschgerwind: Die Primärkabine ist, wie Sie gesagt haben, für den ganzen Vinschgau von Bedeutung, nämlich für die Stromversorgung der Vinschgerbahn. Warum machen die Bürgermeister bei der Elektrifizierung nicht mehr Druck?
Mauro Dalla Barba: Bei den Bürgermeisterrunden, die mit LR Alfreider und auch mit LH Arno Kompatscher vor einem halben Jahr abgehalten worden sind, haben wir auf die Elektrifizierung gedrängt, damit die nicht hinten angestellt wird. Wir hoffen, dass unser Intervenieren so stark war, dass bei der Elektrifizierung weitergemacht wird. Was ich aber betonen möchte, ist, dass im Zuge der Elektrifizierung das alte Signalsystem an den Schranken ersetzt wird. Denn es kann nicht sein, dass wir dann den Zug im Halbstundentakt durch den Vinschgau schicken und die Schranken für lange Zeit geschlossen sein werden. Das ist nicht nur ein Problem in Latsch, sondern auch in anderen Gemeinden. Unterführungen, so hat es uns der Landesrat gesagt, werden keine gemacht. Die würden das Schranken-Problem auch nur punktuell lösen. Dafür, das ist meine Forderung, die von den Kollegen Bürgermeistern geteilt wird, könnte man das Geld eben für ein neues Schrankensystem verwenden, so dass das Problem für alle gelöst wird. Da dürfen wir nicht müde werden, das anzusprechen.

Vinschgerwind: Kommen wir zurück nach Latsch. Sie haben kürzlich Ihre Bürger gerügt. Durch die privaten Feuerungen gibt es größere Rauchgasentwicklungen. Hat Latsch trotz Fernheizwerk ein Smogproblem?
Mauro Dalla Barba: Smogprobelm würde ich nicht sagen. Das Problem hat sich in den letzten Jahre ja eh verbessert. Die Anschlüsse an das Fernheizwerk war schon ein enormer Schritt in die richtige Richtung. Es gibt Leute, wie in jeder Gemeinde, die alte Heizanlagen in Funktion haben. Ich mache immer wieder darauf aufmerksam, dass die Leute ihre Heizanlagen prüfen lassen sollen. Wir machen auch Kontrollen. Es kann nicht sein, dass jemand bewusst Müll verbrennt oder seine Heizung nicht richtig wartet. Das stößt bei mir auf völliges Unverständnis. Da machen wir die Leute darauf aufmerksam. Die Leute sollen sich vom Kaminkehrer beraten lassen. Uneinsichtige werden bestraft. Ich habe schon eine Heizanlage schließen lassen.

Interview: Erwin Bernhart

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