Aus dem Gerichtssaal - Der plötzliche Tod des Rechtsanwalts Alberto Valenti hat viele Menschen im Vinschgau berührt. Denn er war auch im Tale ein bekannter und geschätzter Advokat. Und auf seine Vinschger Wurzeln – seine Mutter war eine „Litzerin“ – wies er immer wieder hin und war er stolz. Er stellte sie nicht ungern in der Weise unter Beweis, dass er in der Umgebung von Landsleuten aus „dem Tale“ in breitesten Vinschger Dialekt verfiel. Seine Kindheit verbrachte er in Laas. Ich sehe ihn noch heute vor mir, wie er mit seinen Brüdern, den „Valenti-Buabn“, an meinem Elternhaus in der Schießstandstraße vorbei zur Schule stapfte, durch einen „Passamontagna“ aus dicker Wolle gegen den winterlichen Oberwind geschützt.
Später trennten sich unsere Wege. Sie kreuzten sich erst wieder in den 1970-iger Jahren, als wir beide als junge Anwälte, Alberto in Bozen, ich in Schlanders, unsere Laufbahnen begannen. Und da sollte sich schon bald die Gelegenheit für einen gemeinsamen „Auftritt“ geben. Ein „Kriminalfall“, der sich in Laas ereignet hatte, verschaffte uns dazu Gelegenheit. Der bei der Gemeinde Laas als Straßenarbeiter beschäftigte Robert Kaufmann, der „Riescher Robert“, hatte nach einem Streit mit seinen Verwandten aus seinem Jagdgewehr einen Schrotschuss auf die Tür der Stube abgefeuert, hinter der sich seine Verwandten aufhielten. Die Carabinieri verhafteten ihn. Er kam mit der Anklage des versuchten Mordes erst in Untersuchungshaft und anschließend vor das Schwurgericht. Roberts „Teit“, also sein Pate, der Kaufmann Hans, betraute uns mit der Verteidigung. Bei der Hauptverhandlung konnten wir glaubhaft machen, dass die Schrotladung nicht geeignet gewesen war, die Stubentür zu durchbohren und das Leben der dahinter sich aufhaltenden Verwandten zu gefärden. Im Dorfe hatte sich mittlerweile eine zahlreiche Fangemeinde gebildet, welche durch eine Unterschriftenaktion das Gericht um Roberts Freilassung ersuchte. Diese Bitte machte auf die Geschworenen Eindruck. Die Anklage wurde schließlich, auch weil die Angehörigen auf eine Einlassung als Nebenkläger verzichtet hatten, abgemildert in Bedrohung mit Waffengewalt. Die dafür verhängte Strafe hatte der Angeklagte bereits in der Untersuchungshaft verbüßt.
Die beruflichen Erfolge Alberto Valentis waren nicht zuletzt auch auf seine gewinnende Art als Mensch zurückzuführen. Nicht nur seine Mandanten fühlten sich bei ihm in guten Händen, auch Richter und Anwaltskollegen wussten seine offene Umgangsweise zu schätzen. Jüngeren Kollegen und vor allem seinen Mitarbeitern war er ein Lehrmeister, Beispiel und Vorbild, um gute Ratschläge und einen warmen Händedruck nie verlegen. Er war ein Gentleman alter Schule, aus einem Holz geschnitzt, das heute allzu selten geworden ist. Dabei begegnete er jedem Menschen auf gleicher Augenhöhe, und konnte sich auf eine fast kindliche Art und Weise für Schicksale und Besonderheiten der verschiedensten Personen interessieren, ohne je über sie zu richten. In Erinnerung bleiben werden nicht nur Alberto Valentis wortgewaltige Plädoyers, sondern auch der warme, raumfüllende Klang seiner Stimme und die Großzügigkeit seiner Gesten.
In diesem Sinne: Grazie, Maestro!
Christoph und Peter Tappeiner