Aus dem Gerichtssaal - Wir haben im letzten Beitrag zu erklären versucht, wie der Prof. Tappeiner zur zweifelhaften Ehre eines Strafverfahrens im Zusammenhang mit dem sog. Rentenskandal gekommen ist, nämlich so ungefähr wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind. Mindestens genauso arg, wenn nicht ärger, hat es in diesem Zusammenhang die damalige Präsidentin des Regionalrates, die Frau Rosa Thaler, erwischt. Dabei hatte sie das ganze „Unternehmen“ auch mit Rückendeckung ihrer Partei gestartet und in der besten Absicht, die Kosten der Politik zu senken und die Bezüge der Altmandatare, auch deren Leibrenten, zu deckeln. Natürlich konnte sie die zu deren Gunsten bereits angereiften Ansprüche nicht beschneiden. Diese Möglichkeit hatte der Landtag für spätere Generationen von Abgeordneten. Wohl aber hatte Frau Thaler in Zusammenwirken mit dem Präsidium des Regionalrates die Möglichkeit, die Kosten der Leibrenten durch eine Einmalzahlung bezifferbar zu machen und auch zu senken. Die Errechnung dieser Summen erfolgte nach allen Regeln der Versicherungsmathematik: Höhe des Rentenanspruchs (ca. 6.000 Euro monatlich nach Steuer), Dauer des Abgeordnetenmandates, Lebenserwartung des Begünstigten, Abzinsfaktor. Unter dem Strich erbrachte die von Rosa Thaler und dem Prof. Tappeiner angewandte Berechnung, deren Ergebnis den einzelnen Altmandataren (ca. 100 an der Zahl) zur Option vorgelegt und von den meisten auch akzeptiert wurde, eine Einsparung von ca. 50 Millionen für den Rententopf der Region. Als jedoch einige Einzelbeträge in der Öffentlichkeit bekannt wurden, war die Hölle los. Das Ganze lief dann nur noch unter dem Schlagwort von den „Politikerprivilegien“. Und obwohl das Gesetz die breite Zustimmung auch der Opposition (!) gefunden hatte, wollte es plötzlich niemand mehr gewesen sein. Auf wessen „Mist“ dann die Idee mit der Einleitung eines Strafverfahrens gegen Rosa Thaler und Gottfried Tappeiner gewachsen ist, konnte ich aus den Akten nicht schlüssig und eindeutig herauslesen. Offiziell ermittelte zuerst die Staatsanwaltschaft Trient und später die von Bozen gegen beide wegen Amtsmissbrauchs und Betrugs zum Schaden der Region in der Größenordnung von Euro 10.800.000. Im Zuge des Verfahrens platzten dann die Anschuldigungen buchstäblich wie Seifenblasen. So machte der Kronzeuge der Anklage, ein „Luogotenente“ der Finanzwache, die peinliche Aussage, er könne sich nicht erinnern, wie sie bei der Schadensberechnung auf den Betrag von Euro 10.800.000 gekommen waren, es hätten aber genausogut nur 2.000 Euro sein können. Als „Rohrkrepierer“ erwies sich dann schließlich das „Schlachtross“ der Anklage, nämlich die Behauptung, Prof. Tappeiner hätte den Abzinsfaktor von 0,81 des ursprünglich von Rosa Thaler konsultierten Triestiner Versicherungsexperten Visentin „gefälligkeitshalber“ auf 2,81 nach oben „korrigiert“. Im Zuge der Hauptverhandlung klärte dann der als Zeuge geladene Visentin den scheinbaren Widerspruch: Er hatte in seiner Berechnung die Inflation nicht berücksichtigt. Hätte er das, was versicherungsmathematisch notwendig gewesen wäre, getan, dann hätte das zum identischen Ergebnis und zu den gleichen Beträgen wie die von Prof. Tappeiner errechneten geführt. Damit fiel das ganze Gebäude der Anklage wie eine Kartenhaus zusammen. Auch der Staatsanwalt musste auf vollen Freispruch plädieren. Das Ergebnis ist bekannt.
Das Problem der Beschuldigten war, dass es in der aufgeheizten Stimmung unmöglich war, den ganzen Vorgang rational und auch als Sparmaßnahme zu erklären. Und den anderen Akteuren in der Partei und Politik kam das Strafverfahren nicht ungelegen, hatte man doch zwei Sündenböcke gefunden, auf denen man den ganzen Frust der „Wutbürger“ abladen konnte. Die schlechteste Figur machte dabei allerdings die Staatsanwaltschaft, die Äpfel mit Birnen verwechselte, indem sie einen Inflationsausgleich als Schwindel unterstellte und die Justiz als verlängerten Arm des Volkszorns missbrauchte.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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