„Ein vermiedener Prozess ist immer der beste Prozess“

geschrieben von Ausgabe 7-19

s17 5066Als Klosterschüler in Marienberg hätte Peter Tappeiner eigentlich Geistlicher werden sollen. Doch er entschied sich anders. Er wurde Rechtsanwalt. In seiner Kanzlei in Schlanders beriet er jahrzehntelang unzählige Klienten in Rechtssachen und vertrat sie vor Gericht.

von Magdalena Dietl Sapelza

Peter war der jüngste Spross von 13 Kindern der Großfamilie Tappeiner vom Außerloretzhof in Laas.

Er wuchs in kleinbäuerlichen Verhältnissen auf. Der Volksschullehrer erkannte das schulische Talent seines Schützlings und riet dem Vater, den Buben doch studieren zu lassen. „Bei der Feldarbeit war ich auch nicht besonders geschickt“, scherzt Peter. Und so kam es, dass er die Mittelschule im Kloster Marienberg besuchte, wo er mit recht guten Leistungen überzeugte. Nach Hause kam er nur zu Weihnachten, zu Ostern und über den Sommer. Das Heim war also für Monate sein zweites Zuhause und auch Schauplatz für so manchen Lausbubenstreich. „Im Heimalltag waren wir immer auf der Lauer, gegen die Hausordnung zu sündigen“, lacht er. Weil ihm das Essen und die von ihm als „grauenhaft“ bezeichneten Knödel nicht schmeckten, brachte er einmal von einem Besuch zu Hause einen Gorgonzola-Käse mit. Dabei war das Mitbringen von Lebensmitteln strengstens verboten. Im Nachtkästchen entfaltete das gute Stück schon bald einen penetranten Geruch, der auch dem Pater Aufseher in die Nase stieg, was Sanktionen zur Folge hatte. Den Abschluss in Marienberg meisterte Peter mit Bravour. Und weiter ging sein Studienweg im Gymnasium Beda Weber in Meran. Im Rediffianum, dem Heim am Rennweg, wo er wohnte, wurde es ihm schon bald zu eng. Regelmäßig kletterte er über den Blitzableiter in die nächtliche Freiheit. Diese Flucht blieb allerdings nicht unbemerkt. Es folgte prompt der Rausschmiss aus dem „KZ“. Daheim durfte natürlich niemand etwas davon erfahren. Auf der Suche nach einer neuen Unterkunft wurde er in dem von Ordensfrauen geführten Philippinum in Obermais vorstellig. Um die Schwesteroberin für sich zu gewinnen, zog er im Laufe des Aufnahmegespräches ganz zufällig mit dem Taschentuch einen Rosenkranz aus seiner Hosentasche, der dann zu Boden fiel. Daraufhin bekam er sein Zimmer. Er maturierte und zog zum Studium nach Wien. Sein Berufswunsch war es anfangs, Journalist zu werden und er inskribierte Zeitungswissenschaften. Doch schon nach einem Monat wechselte er zu den Juristen. Nach drei Semestern legte er die erste Staatsprüfung ab und wechselte dann nach Padua, wo er 1968 promovierte. Sein Studium finanzierte er mit Stipendien, Jobs im Gastgewerbe, vorübergehender Unterrichtstätigkeiten und durch großzügige Unterstützung seiner Geschwister. Er praktizierte in den Kanzleien Thurin, Brandstätter und Gartner. 1970 heiratete er Sophie Pirhofer, die ihm die Söhne Christoph und Daniel schenkte. Zwei Jahre später eröffnete er seine eigene Kanzlei in Schlanders. Seine Haupttätigkeiten lagen im Bereich Zivilrecht. Sehr oft befasste er sich mit Erbstreitigkeiten und komplizierten Eigentumsrechten, später kamen immer öfter Trennungen und Scheidungen dazu. Nach 30 Ehejahren verhandelte er auch seine eigene Scheidung. „Als Rechtanwalt in der Peripherie ist man wie eine Landarzt, man muss alles machen“, erklärt er. Immer wenn es ihm gelang, Gerechtigkeit zu schaffen, vor allem für Personen, die Gefahr liefen, um ihre Ansprüche betrogen zu werden, erfüllte ihn das mit Genugtuung, genauso, wenn es ihm gelang, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. „Das Risiko zu verlieren, ist mit jedem Prozess verbunden“, meint er. „Ein vermiedener Prozess ist immer der beste Prozess.“ Mittlerweile hat Sohn Christoph in der Kanzlei Verantwortung übernommen. „Er macht jetzt die streitigen Sachen. Ich bemühe mich um Streitvermeidung, bin also rechtsberatend tätig, verfasse Verträge und regele Erbschaften“, erklärt Peter.
Mit Antonia Federico hat er inzwischen ein neues Glück gefunden. Nun nimmt er sich mehr Zeit für gemütliche Stunden im Kreise des Männergesangsvereins, für Wanderungen und Skitouren. Oft und gerne ist er auf dem Mountainbike unterwegs. Tagtäglich fährt er von seinem neuen Domizil auf Schloss Schlandersberg in seine Kanzlei in der Fußgängerzone in Schlanders. „Natürlich werde ich vom Elektroantrieb unterstützt“, verrät er. Mehrere Wochen im Jahr verbringt Peter mit seiner Partnerin in seinem Haus in Griechenland. „Griechenland ist seit 1981 meine zweite Heimat“, betont er.
Und er hofft, dass es ihm noch lange vergönnt ist, dorthin zu reisen.

{jcomments on}

Gelesen 5816 mal

1 Kommentar

  • Kommentar-Link Herbert Grassl Donnerstag, 09 November 2023 12:39 gepostet von Herbert Grassl

    Das hoffe ich auch! Alles Gute, lieber Peter.

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.