Trafoier: Ja, das stimmt. Die Zahl der Grenzpendler hat in den vergangenen drei/vier Jahren stetig zugenommen. Aber genaue Zahlen kann man nicht nennen, weil keine Meldepflicht besteht, wenn jemand ins Ausland geht. Und wenn man versucht über Gemeinden oder andere Amtsstellen Auskunft zu erhalten, beruft sich jedes Amt in Italien und in der Schweiz auf den Datenschutz, die Privacy. Man kommt zu keinen Zahlen, geschweige denn zu namentlichen Verzeichnissen. Man schätzt, dass sich die Zahl der Grenzpendler seit dem vergangenen Jahr zwischen 1.300 und 1.400 Personen bewegt. Dabei zählen wir nicht nur die Tages- sondern auch die Wochenpendler. Als Grenzpendler gelten alljene Personen, welche von ihrem amtlichen Wohnsitz in Südtirol täglich oder wöchentlich hin- und herpendeln und von der Schweiz eine Aufenthaltsbewilligung „G“ besitzen.
Vinschgerwind: Auf welche Faktoren beziehungsweise Beobachtungen stützen sich die Schätzungen?
Trafoier:In den vergangenen Jahren erhielt die Bezirksgemeinschaft Vinschgau jedes Jahr steigend zwischen 400.000 und 600.000 Euro an Steuergeldern aus der Schweiz über Rom zugewiesen. Man ging deshalb von zirka 400 bis 600 Grenzpendlern aus. Im Juni 2017 wurden für das Steuerjahr 2015 von den Grenzkantonen Graubünden, Tessin und Wallis insgesamt 76,236 Millionen Schweizer Franken Steuerausgleich an Italien überwiesen. Der Großteil dieses Geldes erhält die Lombardei, wobei für Südtirol ein Anteil von 1,6 Prozent errechnet wurde. Die Bezirksgemeinschaft Vinschgau darf somit für das Steuerjahr 2015 und sicher auch noch für 2016 und 2017 eine Zuweisung von zirka einer Million Euro erwarten. Die Summe hat sich praktisch verdoppelt. Und somit wird die geschätzte Grenzpendler-Anzahl von 1.300 bis 1.400 bestätigt. Wie lange noch nach diesesm System der Steuerausgleich mit Italien erfolgt, ist immer noch offen. Die zwischenstaatlichen Vereinbahrungen für eine neue Steuerpflicht auch am Wohnort des Grenzpendlers sind zwar unterzeichnet, jedoch das Datum der Umsetzung ist weiterhin offen.
Vinschgerwind: Wie sind die Grenzpendler organisiert und von wem werden ihre Interessen vertreten?
Josef Trafoier: Die Grenzpendler waren bis heute ohne eigene Organisation. Die verschiedenen Probleme und Interessen wurden bis heute größtenteils über eine Grenzpendler-Arbeitsgruppe gesammelt, bzw. aufgezeigt und von der Arbeitsstelle für Heimatferne und dem KVW vertreten. Nachdem aber seit gut einem halben Jahr die Außenstelle des KVW in Mals infolge des Abgangs des langjährigen und in Grenzpendlerfragen sehr erfahrenen Mitarbeiters Roland Pircher nicht mehr dauerhaft besetzt ist, entstand in der Beratung und Betreuung der Grenzpendler ein Vakuum.
Vinschgerwind: Wird das Vakuum beseitigt? Wie schaut die Zukunft aus?
Trafoier: Das sich anbahnende Problem wurde rechtzeitig erkannt, und es wurde fieberhaft nach einer Lösung gesucht, welchen nun steht und deren Umsetzung bzw. Aufbau nun im Gange ist. Die Beratungstelle für Grenzpendler richtet sich derzeit in Mals ein, und sie nimmt mit der Grenzpendlertagung im Jänner 2017 ihre Tätigkeit auf. In der Tagung wird über die neue Struktur der Beratungstelle, über deren Finanzierung und über eine vorgesehene Zusammenarbeit mit einem starken Partner aus der Grenzpendlerregion der Lombardei informiert. Für das Zustandekommen dieser Lösung haben sich die Südtiroler Heimatfernenstelle, der KVW, der Parlamentsabgeordnete Albrecht Plangger sowie die Arbeitsgruppe der Grenzpendler eingesetzt. Die Landesregierung und die Bezirksgemeinschaft Vinschgau haben mit ihrer finanziellen Zusicherung das Vorhaben ermöglicht.
Vinschgerwind: In der vergangenen Woche waren Sie in Sachen Grenzpendler mit einer Delegation in der Lombardei. Was haben Sie besprochen?
Trafoier: Am 7. Dezember 2017 hat sich eine Delegation unserer Grenzpendler-Arbeitsgruppe mit Albrecht Plangger, Erich Achmüller, Christine Stieger und meine Wenigkeit mit einem Vertreter der vor Ort aktivsten Gewerkschaft im Grenzort Chiasso getroffen, und über eine mögliche Zusammenarbeit in der Beratung der Grenzpendler verhandelt. Der Verantwortliche für die Betreuung dieser Grenzpendler wird auch bei der kommenden Grenzpendlertagung in Schluderns anwesend sein.
Aus der Lombardei pendeln zirka 60.000 Personen zur Arbeit in die Schweiz. Viele dieser Grenzpendler sind gewerkschaftlich organisiert. Ihre Interessen werden sowohl in der Schweiz wie auch in Italien kompetent vertreten. Unter den Parlamentariern der Lombardei hat sich sogar eine Gruppierung „Amici dei frontalieri“ gebildet, welcher auch unser Abgeordneter Albrecht Plangger angehört und die sich in Rom wirklich für die Interessen der Grenzpendler einsetzt. Die Arbeitgruppe ruft alle Grenzpendler auf, sich das Datum der Tagung vorzumerken und zahlreich teilzunehmen.
Interview: Magdalena Dietl Sapelza
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