Der Gordische Knoten vom Niederjochferner

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Aus dem Gerichtssaal - „Endlich wieder ein Tappeiner.“ So euphorisch hat eine Leserbriefschreiberin meinen letzten Beitrag begrüßt. Bei so viel aufmunterndem und liebevollem Zuspruch steht man fast unter Zwang , zur Feder zu greifen und die Rubrik wieder aufleben zu lassen. Wohlan denn!
Dabei verschlägt es mich diesmal ins etwas abgelegene Schnalstal, genauer auf die eisigen Höhen des Niederjochferners. Und was hat der Gordische Knoten da oben verloren? Dort ist vielleicht einmal der Ötzi vorbeigekommen, aber sicher nicht Alexander der Große, von dem wir aus dem Geschichtsunterricht in dunkler Erinnerung haben, dass er einen „Rittl“, also einen kompliziert verschlungenen Knoten mit dem blanken Schwert zerschlagen hat. So einen Alexander bräuchte es da oben dringend, denn das Chaos, besonders das juristische, ist groß. Doch erzählen wir die Geschichte, die zu dem Schlamassel geführt hat, der Reihe nach: Der Pionier des Sommer- und Winterskilaufs im Schnalstal, der legendäre Leo Gurschler, schloss am 22. März 1974 mit dem Land Südtirol einen Konzessionsvertrag, der es der von ihm vertretenen Schnalstaler Gletscherbahnen AG erlaubte, auf Landesdomänengrund am Niederjochferner nicht nur die Bergstation der Seilbahn, sondern auf 3.200 Meter Meereshöhe auch das Hotel Grawand zu errichten. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 28 Jahren, endete also mit dem 31.12.2002. Auf dessen Grundlage wurde das Erbbaurecht an der Bergstation und am Hotel für die Gletscherbahnen AG im Grundbuch eingetragen. Im gleichen Vertrag war vorgesehen, dass, falls die Konzession vor dem Auslaufen mit Ende 2002 nicht verlängert worden wäre, Bergstation und Hotel nicht nur kostenlos ins Eigentum des Landes übergegangen wären. Die Gletscherbahnen waren darüber hinaus sogar verpflichtet, alles abzureißen und den ursprünglichen Zutand wiederherzustellen! Um die Verlängerung der Konzession wurde nicht nur nicht in geeigneter Form angesucht. Mit einem gemeinsamen Grundbuchsantrag vom 23.10.2008 ersuchten die Domänenverwaltung des Landes und die Gletscherbahnen AG sogar um Löschung des Oberflächenrechtes (des Erbbaurechtes) wegen dessen Verjährung! Erst als im Mai 2020 das Land Südtirol sich explizit dahingehend äußerte, dass es auf dem Standpunkt stand, nunmehriger Eigentümer von Bergstation und Hotel zu sein, klingelten bei der Gletscherbahnen AG die Alarmglocken, weshalb deren gesetzlicher Vertreter Dr. Michl Ebner am 06.08.2020 eine Klage gegen das Land Südtirol einbrachte. Diese wurde vom Landesgericht Bozen mit Urteil vom 16.08.2022 abgewiesen. Begründung: Fehlende Gerichtsbarkeit, da für die Auslegung eines Verwaltungsaktes wie dem Konzessionsvertrag ausschließlich das Verwaltungsgericht zuständig wäre. Auch in der Substanz ließ das Landesgericht die Gletscherbahnen AG abblitzen, da aus dem nachträglichen Verhalten des Landes der Wille zur Neubestellung eines Erbbaurechtes nicht herausgelesen werden könnte.
Die Verfahrenskosten für die 1. Instanz wurden der Gletscherbahnen AG auferlegt. Derzeit läuft das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht.
Das Land Südtirol hat schon mal im Rahmen einer informellen Markterhebung den Wert des ihm gehörigen Eigentums an Bergstation und Hotel vorsorglich mit Euro 3.631.000 veranschlagt. Die Lösung des Gordischen Knotens auf dem Schnalser Gletscher läuft also möglicherweise über die Brieftasche der Aktionäre.
Über diesen Rechtsstreit stand seltsamerweise im „Tagblatt der Südtiroler“ und in anderen lokalen Medien zwischen wenig und gar nichts zu lesen. Dabei wäre dessen Ausgang doch mindestens genau so spannend wie ein Fußballspiel. Nach der ersten Halbzeit steht es jedenfalls 1 : 0 für das Land.
Mancher Leser wird sich vielleicht fragen, wie die Gletscherbahnen AG auf die für ihren Betrieb so elementare Verlängerung der Konzession vergessen konnte. Eine Erklärung könnte sein, dass ihr gesetzlicher Vertreter bei der Fülle der von ihm bekleideten Ämter und des zu verwaltenden Vermögens den Überblick verloren hat.

Peter Tappeiner
Rechtsanwalt

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