Interview mit Julia Frank - Die Kunst erlaubt es mir Dinge auszusprechen, die ich linguistisch nicht in Worte fassen kann.“
Diese Worte stammen von der jungen und aufstrebenden Künstlerin Julia Frank aus Laatsch. Nachdem sie im Sommer zusammen mit anderen Vinschger Künstler:innen in Latsch ausgestellt hatte, kann man einen Teil ihrer Ausstellung „Kingdom of the ill“, nun noch bis zum 5. März 2023 in Museion in Bozen besichtigen. Der Vinschgerwind hat mit Julia Frank über ihr künstlerisches Dasein gesprochen.
Vinschgerwind: Wie haben Sie sich zu diesen Beruf entschieden? Was begeistert dich an diesen Beruf?
Julia Frank: Das ist eine gute Frage, ich habe mich bereits in jungen Jahren für das gestalterische interessiert. Mit der Zeit und dank der Unterstützung meines damaligen Kunstlehrers Florian Eller habe ich verstanden dass es die Möglichkeit gibt, mein Talent zu folgen.
Es gab damals keine Zugänge, wie Ateliers, Räume für Ausstellungen oder Kunstbücher für junge Künstler im Vinschgau. Auch das Internet war gerade erst in den Haushalten angekommen. In der Mittelschule gehörte ich zur Generation Nokia 3310. Obwohl ich die Steinmetz und Steinbildhauer Schule in Laas besucht habe und in dieser Zeit handwerklich vieles erlernen konnte, hat dies für mich nicht gereicht. Ich wollte nicht als Kunst-Handwerkerin angesehen werden und habe deshalb meine Zelte in Laas abgebrochen um mich anderweitig fortzubilden und meinen Weg zu finden. Über die Möglichkeit in die Ferne zu ziehen, freute ich mich. Ich sah die Möglichkeit den Beruf als Künstlerin als ein persönliches Privileg: das Privileg sich mit Themen vertieft auseinanderzusetzen, zu erforschen und eigene Ansichten in Form von Kunst an Öffentlichkeit zu bringen. Man ist ein/e Gestaltenwandler*in, die zwischen der Beobachtung und der Fragestellung schwingt. Wir (alle) begegnen eine Zeit voller Konflikte, Herausforderungen, Ängste und Chancen des Kurswechsels. Ich versuche eine Sprache zu entwickeln die den Nerv der Zeit trifft, eine Aufgabe, die sich wie ein Langzeit Projekt, über Jahre zieht. Tatsache ist, dass die Kreativen anders sind; sie sind die Jäger und die Gejagten zugleich. Es ist nicht einfach eine/r zu Werden, zu bleiben und zeitgleich kann man ohne nicht sein. Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der Kunst ist ein Mittel, die Zusammenhänge und Risse der Realität zu verstehen, sie so zu retuschieren, dass sie wieder im Gleichgewicht sind bzw. vertretbar sind, mit der frustrierenden Gewissheit dass sie das wohl nie völlig sein wird. Aber die Vision, etwas beitragen zu können das einen gesellschaftlichen Beitrag zum Umdenken und Wertschätzen leistet, reicht als Antrieb.
Vinschgerwind: Kannst du deinen Werdegang kurz erzählen?
Julia Frank: Für einige Monate habe ich die Kunstschule in Gröden besucht, bin dann aber nach Laas in die Steinmetzschule übersiedelt. Noch bevor meinem 18. Geburtstag zog ich in die Toskana, nach Carrara, und besuchte dort die Oberstufe in einer Abendschule die zusätzlich gestalterische Fächer anbot. Die Abendschule erlaubte es mir tagsüber meine italienisch Kenntnis aufzubessern. Anschließend, stieg ich offiziell in die Akademie ein. Später verbrachte ich ein Erasmus Jahr in Granada. Viel zu bald stand ich bereits vor meinem Abschluss an der Akademie im Fachbereich Bildhauerei.
Nach dem erfolgreichen Abschluss ging es für mich nach New York und dann für mein Master Studium an die international angesehene Universität Royal College of Art in London. Dort war mein Schwerpunkt immer noch Bildhauerei. Ich blieb noch für einige Jahre in London und versuchte dann, gemeinsam mit anderen, das Atelierhaus GAP in Glurns aufzubauen und zu leiten. Zeitgleich verfolgte ich meine eigenen Projekte mit der starken institutionelle Unterstützung aus Südtirol. Mittlerweile wohne ich in Wien mit zukünftigen Aufenthalten in Mexiko.
Vinschgerwind: Woher kommen deine Ideen für deine Projekte? Was inspiriert dich? Was möchtest du mit deiner Kunst ausdrücken?
Julia Frank: Meine früheren Projekte haben sich stark mit gesellschaftlichen Beobachtungen und Fragen beschäftigt, vor allem in dem Privaten und öffentliche Raum, der Beziehung zwischen Mensch und Natur (Klimawandel, Globalisierung, Konsum…), der Frage nach Identität. In den letzten Jahren kristallisiert sich stärker die Auseinandersetzung von Konflikten heraus. In den letzten Monaten habe ich Projekte und Arbeiten produziert die Gewalt an Frauen, und die generelle Zunahme an Gewalt thematisieren. Dabei habe ich die starke Dringlichkeit mich mit psychischer und körperlicher Fragilität auseinanderzusetzen. Ich sehe all dies weniger als eine Inspiration an, sondern vielmehr als eine Notwendigkeit. Die Kunst ist ein Filter, ein Sprachrohr, sie erlaubt es mir Hinweise zu geben, Dinge auszusprechen die ich linguistisch nicht in Worte fassen kann.
Vinschgerwind: Du hast einige Ausstellungen schon hinter dir. Welche Ausstellungen blieben dir besonders in Erinnerung?
Julia Frank: Unter anderen der MUSEION Prize und die Ausstellung der neuen IT Künstler*innen Generation im MAMbo Museum in Bologna. Zudem, die Biennale Beteiligung in Buenos Aires, als „englische“ Künstlerin und die Hühnerstall Intervention, in Wien, vom letzten Jahr.
Interview: Christine Alber