Frau Rosa Wallnöfer war jahrzehntelang die treibende Kraft im „Gasthaus Lamm“ in Laatsch.
Ihr zentraler Aufgabenbereich war die Küche, wo sie in kürzester Zeit aus den unterschiedlichsten Lebensmitteln etwas Schmackhaftes auf die Teller zauberte.
von Magdalena Dietl Sapelza
Rosa war ein Improvisationstalent in der Küche. Als einmal unerwartet Gäste eines Buses ankamen und erklärten, dass hier für sie das Mittagessen reserviert worden sei, überlegte sie nicht lange und setzte alle Hebel in Bewegung. Sie ärgerte sich zwar, weil sie glaubte, dass ihr Mann, der „Mala Peppi“, die Bestellung angenommen habe, ohne sie zu informieren. Fragen konnte sie ihn nicht, weil er sich in Bozen aufhielt. In kürzester Zeit schaffte sie es, die 60 Leute zu verköstigen. „Es hot selm holt lai oanfoche Sochn gebm“, meint sie. Noch bevor sie ihren Mann zur Rede stellen konnte, erfuhr sie, dass der Bus im „Gasthof Lamm“ in Latsch erwartet worden war.
Rosa kam in Tanas zur Welt. Fünf Tage nach ihrer Geburt starb ihre Mutter. Verwandte standen dem Vater bei der Betreuung der Neugeborenen und deren dreijährigen Schwester zur Seite. „I bin a Wonderbaby gwesn“, sagt Rosa. Der zweiten Ehe ihres Vaters entsprangen noch elf Geschwister. Rosa half auf dem Hof tatkräftig mit. Im Stall achtete sie darauf, dass die Muttersau ihre Ferkel nicht erdrückte. Das Vieh hütete sie in den „Tanaser Leiten“. Als 12-Jährige besuchte sie die „Bürgerschule“ in Prad, die sie zu Fuß erreichte, bis sie eine Verwandte dort aufnahm. Im Jahr darauf holte sie eine Tante nach Schluderns, weil sie eine „Kindsdiarn“ brauchte. Nach dem Schulabschluss arbeitete Rosa als Haushaltskraft bei einer Lehrerin in St. Valentin. Dann verstärkte das Küchenteam im „Bärenwirt“ in Mals. „Mitn Koch unt sai Schwestr bin i oft ausgongan“, erinnert sie sich. Sie lernte Josef Wallnöfer vom „Gasthof Lamm“ in Laatsch kennen. Mit ihm feierte sie 1964 Hochzeit. Nach der Hochzeitsreise führt ihr Weg direkt in die Gasthofküche, wo sie schon bald allein die Geschicke lenkte. Sie war kreativ, verwertete die Produkte aus der hauseigenen Landwirtschaft, die ihr Schwager „Mala Karl“ führte. Sie zerlegte geschlachtetes Vieh und verwertete alle Teile. Weitum bekannt war ihre „Saure Supp“. 365 Tage im Jahr stand Rosa im Einsatz. Es gab keinen Ruhetag. Geschickt gelang es ihr, Arbeit und Erziehung ihrer vier Kinder unter einen Hut zu bringen. Oft übernahm sie spät abends gerne auch noch den Bardienst. „Wenna olm lai in Kuch bisch, wearsch gach gonz toggat“, erklärt sie. Ihr Mann Peppi war oft unterwegs, als Funktionär im Braunviehzuchtverband, als Gemeinderat und Fraktionsverwalter. Rosas Stütze waren ihre Geschwister. „Ohne maine Gschwischtr war i aufgschmissn gwesn“, betont sie. Sie halfen bei größeren Feierlichkeiten, wie Hochzeiten, Erstkommunionen oder wenn alle Gästezimmer besetzt waren. „Zu Ferragosto hobm miar insr Zimmer a oft nou vermiatet unt in der Veranda gschlofn“, lacht sie. Kurzurlaube mit ihrem Mann waren immer mit einer Gästewerbung verbunden. Mit Speck, Käse und Brot im Gepäck besuchten sie in Deutschland die Organisatoren der Gästegruppen, die dann die Gästebetten in Laatsch füllten. Einschneidend für die Familie war Karls plötzlicher Tod 1984. Denn nun stand neben der Arbeit im Gasthof auch jene im Bauernhof an. Mit vereinten Kräften gelang es die Lücke zu schließen. „Selm hobm miar maine Gschwister a fescht gholfn“, bekräftigt Rosa. Als die Kinder älter waren, halfen auch sie mit. Peppi und Rosa investierten laufend in den Gasthof, renovierten die Zimmer und bauten einen neuen Speisesaal. In der Küche führte Rosa unangefochten das Regiment, unterstützt von drei Hilfskräften. Sie verköstigte nicht nur die Gäste im Haus, sondern auch Nachbarn, die sich an der Hintertür der Küche etwas abholten. Den traurigsten Augenblick ihres Lebens erfuhr Rosa am Morgen des 30. März 2008. Als sie aufwachte, lag ihr Mann tot neben ihr. „Sel isch a schiachr Schock gwesn“, sagt sie. Am Abend zuvor war er noch am Stammtisch mit Kollegen voll in seinem Element gewesen. „Antrisch isch, dass zwoa fa dia Kollegn spater norr a nochn Stommtisch gschtorbm sain“, meint sie. Der Verlust ihres Mannes stürzte sie in eine schwere Krise. Es musste ein Koch verpflichtet werden, der ihr nachher zur Seite stand. Mittlerweile ist Rosa als Köchin in den Hintergrund getreten. Doch ganz Abschied nehmen will sie nicht von ihrer Küche, in der sie ihr halbes Leben verbracht und oft mit viel Können geschickt improvisiert hat.