Dem Marteller BM Georg Altstätter kommt mir Abi Plangger ein wichtiger Mitstreiter in Rom abhanden. Altstätter spricht im Wind-Interview über mögliche Entwicklungen im Nationalpark, darüber, dass es noch viel Luft nach oben in der Bewerbung und in der Produktentwickung gibt, über Mobilitätskonzepte und über Leader-Projekte.
Vinschgerwind: Albrecht Plangger ist bei den SVP-internen Vorwahlen für eine Kammer-Kandidatur gescheitert. Plangger ist für Sie eine große Stütze beim Nationalpark. Fällt damit eine wichtige Verbindung zu den römischen Institutionen weg?
Georg Altstätter: Ja,sicher. Albrecht Plangger hat auch intern viel geholfen. Mit seinen Beziehungen zum Land, zum Bauernbund, mit Texte verfassen, zu den Wirtschaftserbänden, zu den Gemeinden. Es waren also nicht nur die wichtigen Verbindungen in Rom. Aber - in erster Linie obliegen die Kompetenzen im Nationalpark dem Land Südtirol, der zuständigen Landesrätin, der Abteilung 28 und dem LH. Südtirol hat ja die Verwaltungskompetenzen übernommen. Der Abi hat als SVP-Bezirksobmannmitgeredet mitgeredet, mitorganisiert und geschoben. Dafür danke ich dem Abi und ich hoffe, dass er weiterhin mithilft.
Vinschgerwind: Den Parkplan und das Reglement hat die Landesregierung verabschiedet. Darf im Park, in den Gemeinden Martell und Stilfs, nun problemlos gebaut werden? Herrscht jetzt Rechtssicherheit?
Georg Altstätter: Der Beschluss ist noch nicht veröffentlicht, da müssen wir noch warten. Ich gehe davon aus, dass es so genehmigt ist, wie es eingereicht worden ist. Damit haben wir viel die besseren Voraussetzungen als vorher. Auch was die Rechtssicherheit betrifft. Nun müsste im Großen und Ganzen das Landesurbanistikgesetz auch im Nationalpark gelten. Natürlich zählt die Zonierung. In den D-Zonen, also in den Wirtschaftszonen, wird in Zukunft die jeweilige Gemeinde mehr Entscheidungskompetenz haben.
Vinschgerwind: Ist die Südtiroler Selbstverwaltung der Parkangelegenheiten spürbar?
Georg Altstätter: Ein Bauherr hat natürlich den Wunsch, sich entwickeln und auch erweitern zu können und dabei nicht schlechter behandelt zu werden, als außerhalb des Nationalparkes. Wir haben jetzt natürlich ein besseres Instrument, vor allem die Bauangelegenheiten besser verwalten zu können. Die Aussage von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer ist, dass wir mit dem genehmigten Parkplan und mit der genehmigten Zonierung ab sofort arbeiten werden.
Vinschgerwind: Der Westen kommt – mit Ausnahme des Grauner Kirchturms – in den Werbelinien der IDM so gut wie nicht vor. Ist zumindest der Nationalpark in der IDM-Bewerbung angekommen?
Georg Altstätter: Der Nationalpark hat ein bestimmtes Budget, welches der IDM zur Verfügung gestellt wird. Damit werden Bewerbung gemacht und Initiativen gefördert. Die Bewerbung des Ortler Höhenweges etwa und auch andere Initiativen. Es wurden schon in diversen Zeitschriften Artikel lanciert. Es passiert etwas. Aber es ist noch viel Spielraum nach oben. Die Projekte im Nationalpark, was die Nachhaltigkeit betrifft, müssen weitergeführt werden. Etwa die Entwicklung landwirtschaftlicher Produkte. Gerade dafür braucht es im Nationalparkgebiet, aber auch im gesamten Bezirk, Unterstützung.
Vinschgerwind: Welche Haltung nehmen die Kleingemeinden, wie Martell vielleicht auch stellvertretend für den ganzen Vinschgau, gegenüber dem landesweiten Tourismusentwicklungskonzept ein?
Georg Altstätter: Auch hier gilt: Es ist viel geredet worden und man müsste den Gesetzestext vor sich liegen haben. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es in einem strukturschwachen Gebiet, wie es der Vinschgau eines ist, das mit einer großen Fläche 2 Millionen Nächtigungen generiert, keinen Overtourismus gibt. Ich wäre froh, wenn in Martell ein Gastwirt oder ein Hotelier etwas machen möchte. Das wäre für Martell mit seinen 600 Gästebetten in jeder Hinsicht von Vorteil. Für den Vinschgau hätte es diese Initiative des Bettenstopps nicht gebraucht. Nun muss man schauen. Es hat geheißen, dass jede Gemeinde ein Bettenkontingent hat und vom Landeskontingent sollen die Bettenzuweisungen für strukturschwache Gebiete erfolgen. Die erworbenen Rechte müssen natürlich bestehen bleiben.
Vinschgerwind: Haben Sie das Gefühl, dass Touristiker in Martell investieren möchten?
Georg Altststätter: Aufgrund der Teuerungen muss man die Entwicklung abwarten. Vor drei Jahren waren solche Teuerungen nicht absehbar. Jeder, der etwas in Martell investieren möchte, hat meine volle Unterstützung. Wenn ich nochmals die erworbenen Rechte ansprechen kann, solche sind zum Beispiel beim Hotel Paradies vorhanden. Arnold Schuler hat gesagt, dass erworbene Rechte für 5 Jahre aufrecht bleiben sollen. Was machen wir nach 5 Jahren mit dem Hotel Paradies oder auch mit dem Suldenhotel, wenn bis dahin nichts passiert ist? Lassen wir das Hotel Paradies und das Suldenhotel dann zusammenfallen?
Vinschgerwind: Gibt es konkrete Bestrebungen um das Hotel Paradies? Besitzer ist die Bierbrauerei Forst.
Georg Altstätter: Es gibt immer wieder Bestrebungen. Der LH hat angeregt, mithelfen zu wollen. Es geht darum, ein konkretes Projekt einmal durchzuspielen und von allen Instanzen genehmigen zu lassen, um einem eventuellen Investor ein bereits genehmigtes Projekt in die Hand geben zu können. Bei solchen Überprüfungen sind viele Ämter involviert. Da sind viele Fragen offen. Kommt ein Abriss in Frage, kommt eine Sanierung in Frage? Welche Kubatur? Sind die Fundamente noch intakt? Ein potenzieller Bauherr will solche Fragen im Vorfeld geklärt haben. Mein Wunsch ist es, in konkretes Projekt überprüfen zu können. Nur mit architektonischen Studien ist nichts getan. Studien gibt es ohne Ende.
Vinschgerwind: Werden die Berggemeinden im Zuge des Klimawandels touristisch eine wichtigere Rolle spielen?
Georg Altstätter: Gute Frage. Das kann durchaus eine Chance sein. Man muss aber einwerfen, dass ein Tourismusbetrieb ganzjährig wirtschaften muss, nicht nur in heißen Sommern. Die Strategie der IDM ist sicher richtig, dass die Saisonen verlängert werden. Natürlich wird eine Bewerbung des Frühjahres in höheren Lagen schwierig. Es klingt zwar zynisch, aber die Klimaerwärmung könnte durchaus eine Chance für höher gelegene Lagen sein. ei den Tagestouristen sieht man das ja schon. Wir verzeichnen sehr viele Tagesausflügler, auch aus Südtirol.
Vinschgerwind: Genau diese Tagestouristen leiten uns auf eine andere Frage. Welches Mobilitätsmanagement schwebt Ihnen für das Seitental Martell vor?
Georg Altstätter: Ich sage es so: Mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft werden wir ein neues Mobilitätskonzept machen müssen. Das werden wir mit den Nachbargemeinden Latsch, Kastelbell-Tschars und Schlanders zusammen erstellen. Wenn man einen Teil der Tagesgäste mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Martell bringen möchten, wo muss ich denn einen Auffangparkplatz machen? In Martell Dorf? In Goldrain? In Latsch? Ich kann mir das nur schwer vorstellen. Zudem müsste man in guten Zeiten 10 Busse gleichzeitig nach Martell fahren lassen. Ein Mobilitätskonzept muss wahrscheinlich viele Lösungsvorschläge berücksichtigen. Auf dem Punkt wie in Prags sind wir jedenfalls noch lange nicht. Interessant wäre, wenn das Amt für Personennahverkehr, das Land, in den Nationalparkgemeinden mit dem Einsatz von Elektrobussen oder Wassserstoffbussen beginnen würde. Das gilt für Martell und für die Gemeinde Stilfs. Wir können Konzepte machen, wie wir wollen, letztlich sind die Buslinien Landeskompetenz. Wenn für das nächste Jahr eine stündliche Anbindung gelingt, so ist das schon mal ein guter Ansatz. Mein Traum wäre ein Touristenbus, der über W-Lan Informationen über die Kleinodien in Martell auf das Smartphone spielt. Dann wäre es nicht mehr nur ein Linienbus, sondern einer der auch Informationen mit Erlebniswert liefert.
Vinschgerwind: In den Bürgermeisterrunden kommt sicher auch die Verkehrsproblematik im Vinschgau öfters zur Sprache. Welche Gedanken und Lösungsansätze schlagen die BM vor?
Georg Altstätter: Das Thema kommt immer wieder vor, ja. Wir erwarten uns, dass baldigts eine Lösung beim Tunnelbau in Kastelbell kommen wird. Auch dass die Elektrifizierung für den Vinschgerzug zackig vorangeht. Für die Zukunft ist eine bessere Zugverbindung in die Landeshauptstadt wichtig. Auch die Umfahrung in Rabland-Töll wäre wichtig. Das wird wohl eine lange Geschichte werden, weil die Finanzierung nicht ohne ist.
Vinschgerwind: Derzeit wird viel Geld im Pustertal für Verkehrsprojekte ausgegeben. Auch wegen der olympischen Spiele. Wehrt man sich im Vinschgau zu wenig?
Georg Altstätter: Ich kann nicht sagen, wieviel im Pustertal hineingepumpt wird. Ich kann nur sagen, dass der Tunnel in Kastelbell für den Vinschgau eine große Geschichte ist. Natürlich werden wir uns wehren müssen. Aber die Umfahrung in Rabland hängt mir den Burggräfler Gemeinden zusammen. Derzeit wird der Küchelbertunnel gebaut. Die nächste Herausforderung muss Rabland-Töll und Forst sein. Auch der Kreisverkehr auf der Töll, auch eine Lösung für den Radübergang an der Töll. Das muss kommen, lieber früher als später. Denn, wenn der Tunnel in Kastebell fertig sein wird, wird der Verkehrsdruck auf der Töll steigen. Das ist halt meine Meinung. Zukunftsweisend wird auch eine Bahnverbindung in die Schweiz sein. Daran glaubt auch der Landeshauptmann. Das muss man einstielen, sonst passiert nichts.
Vinschgerwind: Sie sind in der Bezirksgemeinschaft für die Leader-Projekte zuständig. Welche vorzeigbaren Projekte wurden in der letzten Periode verwirklicht?
Georg Altstätter: Da sind einige. Es sind rund 30 Projekte umgesetzt worden und einige teilweise noch in der Umsetzung. Einige Almen wurden saniert und umgebaut, so dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und touristischer Nutzung gegeben ist. Übergemeindliche Gemeinschaftsprojekte, wie der Marmorweg, wurden umgesetzt und die archäologischen Wanderwege sind in der Umsetzungsphase.
Die Hängebrücke am Sonnenberg oberhalb von Vetzan ist eine gute Sache. Eine weitere Hängebrücke wird in Schluderns am Saldurbach umgesetzt. Auch im kulturellen Bereich wurde einiges umgesetzt, wie die Sanierung des Kalkofens in Prad oder die Sanierung des Badhauses samt Ausstellung über den 1. Weltkrieg in Martell. Die Stadtmühle in Glurns und die alte Mühle in Valatsches in Stilfs sollen demnächst saniert werden. Das ist nur ein Auszug aus den 30 Projekten. Wir sind dabei, uns für die neue Förderperiode ab 2024 aufzustellen, eine neue Strategie auszuarbeiten. Wir wollen wieder Leader-Gebiet werden, die mündlichen Zusagen sind da.
Interview: Erwin Bernhart