Eyrs/Laimburg - Am Außensitz des Versuchszentrums Laimburg in Eyrs im Vinschgau werden auf fünf Hektar verschiedenste Gemüsearten und -sorten zu Versuchszwecken angebaut, von Blumenkohl über Kartoffeln bis hin zu Stangenbohnen. Am vergangenen Freitag, den 12. August, hatten Interessierte die Möglichkeit, das Gemüsefeld zu besichtigen und sich insbesondere über eine Kultur zu informieren: den Einschneidekohl. Diese Form des Weißkohls wird – wie es der Name vermuten lässt – eingeschnitten und zu Kraut verarbeitet. In einem einjährigen Demonstrationsversuch wollen die Forscherinnen und Forscher der Arbeitsgruppe „Freilandgemüsebau“ aufzeigen, worin die Unterschiede im Anbau von lokalen Landsorten, samenfesten Zuchtsorten und praxisüblichen Hybridsorten liegen. Dafür bauen sie im Versuchsfeld insgesamt 20 verschiedene Einschneidekohl-Sorten an und erheben eine Reihe anbaurelevanter agronomischer Kennzahlen wie beispielsweise Keimfähigkeit, Vegetationszeit, Gewicht der Köpfe und Hektarertrag.
„Unsere Versuche im Gemüsebau verfolgen unterschiedliche Zwecke: Die Sortenversuche liefern uns wichtige agronomische Kenndaten, um eine Sorte genau charakterisieren zu können. Anbauversuche testen eine Kultur auf ihre Anbaueignung unter den gegebenen Rahmenbedingungen; Pflanzenschutzversuche analysieren den Effekt unterschiedlicher Wirkstoffe zur Abwehr von Krankheiten und Schädlingen. Allein im Jahr 2021 standen 38 verschiedene Gemüsearten im Versuchsfeld. Mit unserer vielfältigen Forschung erarbeiten wir wichtige Ergebnisse, die wir an die Praxis weitergeben können,” erklärte Markus Hauser, Leiter der Arbeitsgruppe „Freilandgemüsebau“.
Landsorten, Zuchtsorten und Hybride – Vergleichsanbau Einschneidekohl
Der Einschneidekohl zeichnet sich durch seine besonders schweren und großen Köpfe aus, die im Schnitt vier bis fünf Kilogramm wiegen. Er hat mit mehr als drei Monaten eine längere Vegetationszeit und einen deutlich kürzeren Strunk in der Mitte des Kopfes als andere Weißkohl-Linien. Damit eignet er sich hervorragend zum Einschneiden und für die Weiterverarbeitung zu Kraut.
Auf Initiative des Vereins Sortengarten Südtirol ist in diesem Jahr ein Projekt gestartet, das verschiedene Einschneidekohl-Linien miteinander vergleicht. Ziel ist es, Unterschiede zwischen lokalen Landsorten, samenfesten Zuchtsorten und praxisüblichen Hybridsorten zu erheben. Landsorten sind traditionelle Sorten, die sich im Laufe von Jahrhunderten an die Anbaubedingungen ihrer Herkunftsregion angepasst haben. Oft besitzen sie Hofnamen oder Ortsnamen wie zum Beispiel „Trudener“ und „Pragser“, abgeleitet von den Dörfern Truden und Prags. Das für den Versuch notwendige Landsorten-Saatgut hat der Sortengarten Südtirol bereitgestellt. Insgesamt stehen 20 Sorten im Versuch, davon elf Hybridsorten, vier samenfeste Sorten von zertifizierten Züchterfirmen und fünf lokale Landsorten. Auch wenn das Projekt noch nicht abgeschlossen ist und die Ernte der Krautköpfe noch bevorsteht, können bereits Unterschiede festgestellt werden. Auffallend ist, dass die hybriden Sorten wesentlich einheitlicher im Bestand und weniger krankheitsanfällig sind. Trotz der Angepasstheit an die lokalen Bedingungen zeigen sich vor allem die Landsorten im Versuch als krankheitsanfällig. Aber auch innerhalb der verschiedenen Landsorten gibt es Unterschiede in Bezug auf den Gesundheitszustand der Pflanzen. Der prognostizierte Ertrag liegt bei den Hybridsorten höher als bei den Landsorten und den samenfesten Zuchtsorten.
Lokale Gemüse-Landsorten liegen derzeit im Trend und werden am Markt nachgefragt. Für den gärtnerischen Bedarf und den kleinstrukturierten Erwerbsanbau mit Direktvermarktung können sie in Südtirol durchaus interessant sein und einen Mehrwert bieten. In landwirtschaftlichen Betrieben, die für den genossenschaftlichen Vertrieb und für Weiterverarbeitungsbetriebe produzieren, finden Hybridsorten mit ihren hohen und einheitlichen Erträgen Verwendung.
Das Projekt wurde im Rahmen des Aktionsplans für Berglandwirtschaft und Lebensmittelwissenschaft gefördert und unterstützt Forschung im Bereich der Diversifizierung der Kulturen.
Kohlgewächse im Vinschgau
Im Vinschgau nimmt der Anbau von Kohlgewächsen rund 90 Prozent der gesamten Gemüseanbaufläche ein. Angebaut werden vor allem Blumenkohl, aber auch Weißkohl wie der Einschneidekohl. Gewisse Gegenden des Vinschgau wie jene zwischen Gadria-Graben und Prad eignen sich besonders gut für die Produktion von Kohlgewächsen. Ein wichtiger Faktor ist der pH-Wert des Bodens, der für den Anbau von Kohlgewächsen im basischen Bereich liegen muss. Zusätzlich sollte im Boden viel freies Kalzium vorhanden sein. Der basische Boden schützt den Kohl vor einer bedeutenden Fruchtfolgekrankheit, der Kohlhernie. Dieses Krankheitsbild wird durch einen Pilz ausgelöst, der saures Milieu bevorzugt und im Boden Dauersporen bildet. Die Dauersporen sind äußert unempfindlich, verbleiben mehrere Jahre im Boden und verhindern den Anbau von Kohlgewächsen. Basische Böden hingegen hemmen die Entwicklung des Pilzes und ermöglichen einen mehrjährigen Anbau von Kohlgewächsen. Die Gemüsebäuerinnen und -bauern im Vinschgau liefern ihre Ware vorwiegend an die örtlichen Genossenschaften und haben aufgrund des späteren Erntefensters den Vorteil, den italienischen Frischmarkt dann mit Kohlgewächsen versorgen zu können, wenn er in kaum einer anderen Region Italiens erntereif ist.