Bozen/München/Vinschgau - Südtiroler Pestizidprozess: Nachdem im Südtiroler Pestizidprozess gegen Karl Bär alle 1376 Anzeigen wegen übler Nachrede zurückgezogen wurden, wird am Landesgericht Bozen am 6. Mai darüber verhandelt, ob die Verfremdung der Südtirol-Dachmarke für die satirische Aktion „Pestizidtirol“ im Sommer 2017 von der Meinungsfreiheit gedeckt war. Die Gerichtsverhandlung findet ausgerechnet in der Woche der Meinungsfreiheit statt – und nur etwa eine Woche, nachdem die EU-Kommission eine europaweite Initiative gegen Einschüchterungsklagen vorgestellt hat.
Der Vorwurf der üblen Nachrede ist nach dem Rückzug aller Anzeigen bereits vom Tisch – die Anklage wegen einer vermeintlichen Markenfälschung bleibt als so genanntes Offizialdelikt bestehen. Sie bezieht sich auf die 2017 veröffentlichte Website pestizidtirol.info, auf der Bär, damals Referent für Agrarpolitik am Umweltinstitut, den hohen Einsatz von Pestiziden in den Südtiroler Apfelplantagen angeprangert hatte.
Bärs Anwalt Nicola Canestrini erachtet den Vorwurf der Markenfälschung nicht nur für haltlos, er sieht darin sogar einen Missbrauch des Markenrechts. „Die Südtirol-Dachmarke wurde hier nicht verfremdet, um Verbraucher:innen zu täuschen und einen geschäftlichen Gewinn zu erwirtschaften, sondern um mit einer satirischen Aktion ökologische Missstände zu kritisieren“, so Canestrini, der Bär zusammen mit Anwältin Francesca Cancellaro vor Gericht vertritt. „Klar ist: Das Markenrecht schützt nicht davor, kritisiert zu werden.“