Nur gemeinsam wird man nicht einsam. Diesem Leitspruch hat sich der pensionierte Verkäufer Vinzenz Alber verschrieben. Seit 11 Jahren dient er als Mesner in der Kirche zum hl. Martin in Tschars. Bereits vorher war er aktives Mitglied in unterschiedlichen Bereichen der Kirchengemeinde und im öffentlichen Leben. Er ist überzeugt, dass vieles nur miteinander und im gegenseitigen Respekt funktioniert.
von Magdalena Dietl Sapelza
Für die vielen helfenden Hände ist Vinzenz dankbar, zum Beispiel wenn es gilt, die Kirche zu reinigen, oder wenn er vor dem Kirchtag im November die große Statue des hl. Martin mit der Gans auf den Hochaltar hebt. „Deis isch dr schwarschte Heilige in der Kirch“, lacht er. Es gibt noch die kleinere Statue, die den hl. Martin mit dem Pferd darstellt. Welcher Heiliger jeweils aufgestellt wird, entscheidet der Mesner. Dem Kirchenjahr folgend ist Vinzenz laufend damit beschäftigt, die Kirche neu zu gestalten. Er schmückt den Altar, tauscht Kerzen aus, zündet sie an. Vor jedem Gottesdienst legt er in der Sakristei die Messkleider in der jeweiligen Farbe der Liturgie für den Priester bereit. Er hilft ihm beim Ankleiden und auch den Ministranten. In einer Mappe hat er sämtliche Rituale des Kirchenjahres fein säuberlich dokumentiert.
Vinzenz wuchs als achter von 11 Kindern in Göflan auf. Sein Vater war Schneider und Friseur. Die Familie führte auch eine kleine Landwirtschaft. Als Volkschüler verdiente sich Vinzenz zusammen mit seinem Zwillingsbruder sein erstes Taschengeld in der Obstgenossenschaft. „Miar hobm Marilln ausboandlt unt inz norr a aufgrichtetes Radl kaft“, erzählt er. Zu zweit auf dem Rad landeten beide schon kurze Zeit später im Straßengraben. „Und aus isches mitn Radl gewesn, miar hobm wieder kennt zfuaß gean“, lacht er. Vinzenz besuchte die Klosterschule bei den Eucharistinern in Meran, wo täglich die Frühmesse auf dem Programm stand. „I bin religiös erzogn und norr nou vom Kloster oughaucht gwortn“, meint er. Im Konsumverein Schlanders begann Vinzenz die Verkäuferlehre und wurde der Filiale beim Daml zugeteilt. 3.000 Lire war sein Monatslohn. Täglich holte er mit dem kleinen Ziehkarren Milch aus der Sennerei. „Di Kondlen sein selm foscht greaßer gwesen als i“, verrät er. Er lieferte mit einem Fahrrad morgens Milchflaschen an Privatkunden aus, und das sogar frühmorgens am Berufsschultag. Einmal rutschte er auf glatter Straße aus, und es gab ein Malheur. Als Geselle arbeitete Vinzenz im Delikatessen Geschäft Seibstock in Meran, wechselte in die Drogerie Niederwieser, aus der dann die Importfirma Midefa wurde. Bis zu seiner Pensionierung 1999 war er dort als Magazineur tätig, zuerst im Sitz in Meran, dann in Lana. Vinzenz verbrachte seine freie Zeit oft daheim. Auf einem Ball in Tschars lernte er als guter Tänzer die sechs Jahre jüngere Johanna Platzgummer kennen. Am 4. November 1951, damals noch ein Feiertag zu Ehren von Kaiser Karl der Große, führte er sie in der Göflaner Kirche zum Traualtar. „Sie isch oa Stund zspat kemman, weil si pan Friseur nit fertig gwortn isch“, scherzt er. „Und dein Feirta hobm si norr a ogschofft“. Die Frischvermählten richteten sich in ihrem Elternhaus ein. Vinzenz pendelte täglich nach Lana. Jahre später zog das Paar mit den drei Kindern - zwei Töchter und ein Sohn - ins Eigenheim. Dieses war im Rahmen einer Wohnbaugenossenschaft entstanden, in der Vinzenz als Obmannstellvertreter Verantwortung übernommen hatte.
Vor elf Jahren wurde das Familienglück nach Johannas Leukämie Diagnose getrübt. „Sel isch a horter Schlog für miar unt di Kindr gwesn, verrät Vinzenz. Glücklich ist er, dass sie heute mit Hilfe von Therapien alles gut meistert und dass es ihr gut geht. Heuer feiert er mit seiner Frau die Goldene Hochzeit. Engagiert und mit viel Humor brachte sich Vinzenz stets in die Dorfgemeinschaft ein. 35 Jahre war er Pfarrgemeinderatsmitglied und 30 Jahre lang Tenor-Sänger im Kirchenchor. Im Einsatz war und ist er als Lektor, als Cantor, als Wortgottesdienstleiter, als Mitbetreuer der Ministranten, als Vorbeter bei den Seelenrosenkränzen und einiges mehr. Das Mesner-Amt hat er übernommen, nachdem sein Vorgänger in den Ruhestand getreten war. Unterstützt wird er von seinem Mesnerkollegen Ludwig.
Mehrmals wöchentlich schaut Vinzenz in der Kirche und im Friedhof nach dem Rechten. Sein Privatleben ist den Aufgaben im Kirchenjahr untergeordnet. „Meiner Frau weart`s oft schun a bissl zviel“, verrät er. Viel Zeit bleibt ihm nicht, sich seiner Briefmarkensammlung, einem „Karterle“ mit den Senioren und einer Bergwanderung zu widmen, wo er gerne Kräuter für Tee und zum Ansetzen sammelt. „Dr Wermutwein hot schun so monchen pa Mognverstimmung gholfn“, meint er.
Vinzenz stöbert gerne in seinen Tirolensien, von denen er einige seltene Exemplare besitzt. Er liebt die Geselligkeit, ist umsichtig im Umgang mit Menschen. Bei seinem Einsatz als Mesner sieht er sich als einer von vielen, die in der Kirchengemeinde dienen, immer seinem Leitspruch folgend: Nur gemeinsam wird man nicht einsam.