Nationalpark Stilfserjoch: Neue Schätze von Marienberg - Das Schuldepot des vormaligen Benediktiner-Gymnasiums

geschrieben von

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Ulrich, 4. Juli 2020

Die Benediktiner-Patres vom Kloster Marienberg führten und unterhielten über viele Jahrzehnte das Humanistische Gymnasium in Meran. Dieses Gymnasium war damals ob seines hohen Niveaus als Eliteschmiede überregional bekannt und wurde von Schülern aus dem historischen Tirol von Kufstein bis Ala besucht. Mit der faschistischen Lex Gentile wurde in Südtirol der Unterricht in der deutschen 20200610 1030174FMuttersprache verboten und das Benediktiner-Gymnasium schloss 1928 seine Tore. Die umfangreiche Sammlung von Lehrmitteln, Unterrichtsbehelfen und Anschauungsmaterialien wurden in das Kloster Marienberg gebracht und dort in Sicherheit verwahrt.
Mit dem Bau der neuen, unterirdischen Klosterbibliothek im Herrengarten und der Einräumung des großen und wertvollen Bücherbestandes in die neuen Räume sind die Räume der alten Bibliothek frei geworden. Abt Markus und seine Mitbrüder haben diesen Klostertrakt in den letzten Jahren und Monaten einfühlsam und unter Einhaltung aller Auflagen des Denkmalschutzes bei Planung, Aufsicht und Bauleitung durch Arch. Dr. Werner Tscholl mustergültig sanieren und restaurieren lassen.

Schuldepot in den Räumen der vormaligen Bibliothek
20200624 10585720200619 08443420200624 131250Zusammen mit Dr. Helmut Moser darf ich derzeit bei der Sichtung, Ordnung, Systematisierung und Katalogisierung des umfangreichen naturwissenschaftlich-physikalischen Kabinetts aus dem vormaligen Benediktiner-Gymnasium helfen: Eine riesige Mineraliensammlung, weiters Sammlungen von Schmetterlingen und Käfern, Muscheln, Schnecken und Korallen, Stopfpräparate von Vögeln und Säugetieren, Reptilien in Alkohol, aber auch handkolorierte Schau- und Lehrtafeln, mikroskopische Dauerpräparate zu Botanik, Zoologie und Humanhistologie, Versuchsgeräte für den Physik- und Chemieunterricht sind Teil dieser Unterrichtsbehelfe. Die Marienberger Sammlung umfasst zudem ein Herbarium aus der Zeit um 1860-1870 mit ca. 4000 Pflanzenarten der Sporen- und Blütenpflanzen. Zu der 20200519 120038 IIHirschkäferEinordnung und Bedeutung des sogenannten Treuinfels-Herbariums (benannt nach einem der Hauptsammler Abt Leo Maria Treuinfels, geb. 1848 in Triest, gest. 1928 in Burgeis) sei wiedergegeben, dass die Flora der Blütenpflanzen in den Alpen ca. 4.500 Arten umfasst. Damit ist das Marienberger Herbar eine fast vollständige Sammlung der Alpenpflanzen, enthält aber auch Pflanzen aus der Mediterranflora und aus weiteren Florenregionen. Mit seinen Angaben nebst den Artnamen zu Standorten und Fundorten der Pflanzen in lateinischer Sprache ist das Herbarium ein Kulturgut und eine Wissenschaftsquelle. Bis jetzt nur als Teilausstellungen gezeigt oder noch gänzlich unbekannt, sollen die Schätze aus dem Meraner Gymnasium in den frei gewordenen Räumen der alten Marienberger Bibliothek auf- und ausgestellt und damit den Interessierten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
DSC 7122Die bisher nur einem begrenzten und kleinen Kreis von Interessierten und Experten bekannten Marienberger Schätze sind ein wertvolles Kulturgut. Die nunmehr verfügbaren Räume der alten Bibliothek ermöglichen die Präsentation dieser Kleinodien. Weitblick, Überzeugung und Verwurzelung vor Ort von Abt und Mönchen, ganz im Sinne der stabilitas loci, der Verbundenheit mit dem Ort im Geist der Benediktinischen Ordensregel, sorgen dafür, dass diese Kulturschätze dem Vinschgau erhalten bleiben und nicht in städtischen Museen zentralisiert, aber den interessierten Menschen und der Wissenschaft vor Ort zugänglich werden. Im heurigen Spätherbst soll es soweit sein. Dafür gebührt der Klostergemeinschaft von Marienberg Dank und Anerkennung.

DSC 7281DSC 7284

 

 

 

Gelesen 2685 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 18 23

titel Vinschgerwind 17-24

titel vinschgerwind 16-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.