Der Fall Schiebel – die große Peinlichkeit

geschrieben von

Aus dem Gerichtssaal - Der Vorfall liegt nun schon bald drei Jahre zurück. Aus der zeitlichen Distanz hat er einiges von seiner ursprünglichen Brisanz verloren. Damals organisierte das Umweltinstitut München am dortigen Hauptbahnhof eine für unsere Obstwirtschaft und das ganze Land nicht gerade schmeichelhafte Aktion, indem es ein in einer Obstanlage tätiges Sprühgerät mit dem Untertitel auffahren ließ: „Pestizidtirol“. Im gleichen Jahr publizierte Alexander Schiebel das Buch „Das Wunder von Mals“ mit dem Untertitel: „Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet.“ Beide Vorfälle ließen beim Bauernbund die Alarmsirenen schrillen. Zu ihrem Sprachrohr machte sich der für die Landwirtschaft zuständige Landesrat Arnold Schuler. Aber nicht etwa nur in der Weise, dass er mit politischen Stellungnahmen und publizistischen Aktionen das für unsere heimische Obstwirtschaft negative Bild zurechtzurücken versuchte. Nein, er ließ sich, vielleicht auch im Hinblick auf bevorstehende Wahlen und unter dem massiven Druck der mächtigen Lobby der Agrarwirtschaft, zu Aktionen hinreißen, die er jetzt möglicherweise bedauert, die sich jedenfalls unter dem Strich als kontraproduktiv für das vertretene Anliegen erweisen dürften, auf jeden Fall jedoch mit einem Imageschaden für unser Land verbunden sein werden. Landesrat Schuler brachte nämlich, unterstützt von einer stattlichen Heerschar von Landwirten, bei der Staatsanwaltschaft Bozen Strafantrag wegen Rufschädigung sowohl gegen das Umweltinstitut München als auch gegen Alexander Schiebel ein. Die erste Aktion scheitere schon einmal daran, dass die Staatsanwaltschaft München, welche von jener in Bozen um Amtshilfe bei der Ausforschung der Personen ersucht wurde, die konkret für die Aktion „Pestizidtirol“ am Münchner Hauptbahnhof verantwortlich waren, ihre Mithilfe verweigerte. Und wissen Sie mit welcher Begründung? Die Aktion schien den Münchner Staatsanwälten strafrechtlich nicht verfolgbar, weil durch das europäische Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt!
Das scheint mir ein schlechtes Vorzeichen für die im Oktober vor dem Gericht in Bozen anberaumte Vorverhandlung im Verfahren gegen Alexander Schiebel zu sein. Denn in seinem Buch übt er zwar manchmal auch harsche Kritik an unserer Agrarwirtschaft und an dem aus seiner Sicht hemmungslosen Einsatz von Pestiziden. Aber darauf wie Schuler und Konsorten mit Strafantrag zu reagieren und zu meinen, den Autor der missliebigen Meinung dadurch mundtot machen zu können, dass man ihn vor Gericht zerrt, zeugt von fehlendem Fingerspitzengefühl, um nicht zu sagen Phantasie- und Hilflosigkeit. Jedenfalls wird der Prozess gegen Schiebel unserem Land im deutschen Sprachraum und darüber hinaus kein positives Image bescheren. Denn Äpfel sind nun mal Lebensmittel, und man wird es dem Verbraucher nicht verbieten können, sich über die Art und Weise von deren Erzeugung Gedanken zu machen. Zudem sollte man Schiebels Buch wohl eher zum Anlass nehmen, über die Renaturierung des Obstbaus grundsätzliche Überlegungen anzustellen.

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dnet.it

 

Gelesen 2210 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 18 23

titel Vinschgerwind 17-24

titel vinschgerwind 16-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.