Dienstag, 18 Oktober 2016 09:26

„Es muss weitergehen“

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s17 DSCF6032„Es muss weitergehen“ – nach diesem Leitsatz ließ sich Frau Zita Aster auch in ausweglosen Situationen nicht klein kriegen und meisterte mit Entschlossenheit, unermüdlichem Arbeitseifer und Organisationstalent alle Stationen ihres Lebens.

von Maria Gerstgrasser

Zita ist mit acht Geschwistern im Sarntal aufgewachsen und durchlebte eine der vielen Kindheiten von damals, die heute kaum mehr vorstellbar sind.

Als Kind eines Tagwerkers wurde sie schon früh mit der harten Realität der schwierigen Überlebensmöglichkeiten konfrontiert und musste die großen Verzichte der Mutter zum Wohle der Familie wahrnehmen. Die Mutter war stets auf der Suche nach einem kleinen Nebenerwerb. So konnte sie durch Beerenpflücken und Anfertigen von Hausschuhen einen bescheidenen Beitrag zum Erhalt der Familie leisten. Durch diese Erfahrungen festigte sich ihr Sinn für Verantwortung und Fürsorge.
Als Älteste war sie die erste, die bereits mit sechs Jahren die Schulferien bei einem Bauern verbrachte, bei dem sie dann vier Sommer lang altersgemäße Arbeiten verrichtete. Auch daheim wurden sie und ihre Geschwister zur Mithilfe heran gezogen. Zita erinnert sich noch lebhaft an das Sammeln von „Tschurtlen“, die dann verfeuert wurden und an das „Kirchnhoaßn“ bei Todesfällen. Mit der Einladung zur Teilnahme an Gebet und Beerdigung war auch die Bitte um Essbaren verbunden. Die Kinder schämten sich manchmal, doch Zita verstand, wie nötig dies war. Mit vierzehn Jahren trat sie als Magd in den Dienst eines Bauern im Tale und forderte, was eigentlich unüblich war, neben der kargen Entlohnung auch ein Fuder Holz für die Mutter.
Dann zog Zita nach Bozen, um wiederum als Magd in der Nähe des heutigen Krankenhauses tätig zu sein. Hier erlebte sie in mancher Hinsicht das Gefälle zwischen Stadt und Land. Keine guten Erinnerungen blieben ihr an den täglichen Transport der Milchkannen mit dem Fahrrad. Damals trugen die Frauen keine Hosen, und die Frostbeulen an den Knien schmerzten. Sie hatte aber auch die Möglichkeit, ihren Eltern im Sarntal jeden Sonntag einen Sack Brot und manchmal auch Obst zukommen zu lassen.
Weitere Dienststellen waren in Nals und Lana. Zu dieser Zeit wurde auf der Naturnser Alm eine Sennerin gesucht, und für Zita war dies ein reizvolles Angebot. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann Luis kennen, der das Leben auf Almen immer schon bevorzugt hatte. Nach der Hochzeit verbrachten sie vier gemeinsame Sommer auf der Seiser Alm. Da legte sich Zita mächtig ins Zeug. Wegen des anstrengenden Melkens schmerzten ihr die Arme, dass sie in der Nacht kaum Schlaf finden konnte. Selbstgebackenes Brot mit wohlschmeckender Almbutter wurden bald zum Besuchermagnet. 1973 übersiedelte die junge Familie, die nun fünf Kinder hatte, definitiv nach Naturns und nahm die Zetnalm in Pacht. Alles Erforderliche transportierte ihr Mann mit seiner Vespa dort hinauf. Als er aber im Jänner darauf einem tödlichen Verkehrsunfall erlag, war Zita in den folgenden Almsommern auf sich allein gestellt. Um den Warentransport für die Bewirtschaftung zu bewerkstelligen, machte sie gleich die Fahrschule. Da zeigte sich ihre schnelle Entschlossenheit und Risikobereitschaft, aber auch der Mut, sich von der Meinung anderer nicht beeindrucken zu lassen und ein eigenständiges, vom Rollenzwang befreites Leben, zu führen. So erlebte die Alm einen bedeutenden Aufschwung. Nachdem das Fahrverbot tiefer gesetzt worden und die Pachtzeit abgelaufen war, verzichtete Zita auf das Almleben, dies wohl auch zum Wohle der heranwachsenden Kinder, denn die Familie war ihr nun das Wichtigste. Sie arbeitete dann jahrelang im Obstmagazin von Naturns, übernahm aber auch zusätzliche Tätigkeiten, bediente bei Vereinsfeiern und Festlichkeiten, führte Putzarbeiten durch und arbeitete stets bis spät in die Nacht hinein, vor allem dann, wenn es um das Anfertigen von „Sarner Toppern“, Hausschuhe aus Filz, für ihre Kunden ging. Jede Arbeit ging ihr flott von der Hand, und wiederum bewährte sie sich als Frau, die sich dem  Opfer und der Selbstlosigkeit verschrieben hatte, auch um den Kindern eine gediegene Ausbildung zu ermöglichen.
Doch da fielen schwere Schicksalsschläge über sie herein. Ein Sohn hatte gerade eine Lehre abgeschlossen und das Militär hinter sich gebracht, als ein schwerer Autounfall mit drei Toten das hoffnungsvolle Leben beendete. Ein weiterer  Sohn überlebte einen Unfall, bei dem der Fahrer den Tod fand und heuer verstarb die zukünftige Schwiegertochter eines plötzlichen Todes.
Trotz der schweren Schicksalsschläge ist Zita ein fröhlicher Mensch geblieben. Die fünf Enkel und ihr Urenkelkind bedeuten ihr viel. Sie machen von sich reden, zum Beispiel Michael als Sportgröße im Dreikampf und Lisa als Lebensretterin eines kleinen Jungen im Schwimmbad.
Als freiwillige Helferin bei den Seniorentreffen war Zita unentbehrlich und durch ihr offenes, geselliges Wesen sehr beliebt. Heute noch nimmt sie regelmäßig am „Offenen Singen“ für Ältere teil, und die Freude an Gesang und Tanz ist ungebrochen. Sie erfuhr auch das Glück einer späten Liebe, die aber dann zum Prüfstein wurde, nachdem der Rollstuhl für den Lebensgefährten unentbehrlich geworden war. Wie selbstverständlich nahm Zita auch dies, wie alles in ihrem Leben, als Herausforderung an, die sie wiederum vorzüglich meisterte.

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