Natur & Landschaft: Der Italienische Bachkrebs - Zwei Fundorte im Vinschgau

geschrieben von
Italienischer  Bachkrebs,  Austropotamobius pallipes italicus; Fotos: Ruth Perkmann Marini Italienischer Bachkrebs, Austropotamobius pallipes italicus; Fotos: Ruth Perkmann Marini

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Urban, 25. Mai 2024

Im November 2023 war ich vom Bildungsausschuss der Gemeinde Kastelbell Tschars eingeladen, in einem Vortrag die Landschaftsschutzgebiete und Biotope dieser Gemeinde vorzustellen. In die Bilderserie zu diesem Vortrag hatte ich auch ein Foto meines in Tschars wohnenden Schwagers Massimiliano aufgenommen, das einen Krebs in einem Gewässer der Talsohle in Tschars zeigte. Nur leider war der Krebs, in Rückenlage fotografiert, tot. Doch wo Totfunde gemacht werden, kann es auch Lebendtiere geben. Eva Prantl von der Umweltschutzgruppe Vinschgau hat den Impuls aufgenommen und das Südtiroler Landesamt für Naturschutz informiert. In der Folge wurden im Gebiet Fangkörbe aufgestellt, um festzustellen, ob es noch Krebse gab.
Und die Kontrolle der Fallen hat tatsächlich den Nachweis erbracht, dass die Population der Bachkrebse in Tschars vital ist. Es wurden weibliche und männliche Tiere gefunden. Selbstredend sind die Krebse an ihrem Fundort wieder in die Freiheit entlassen worden. Von der Freilassungsaktion habe ich von meiner Schwägerin Ruth Bilder bekommen, mit denen ich diesen Beitrag illustriere. Damit die Population der Bachkrebse nicht gefährdet wird, unterbleiben genauere Angaben zu ihrem Lebensraum.
Krebse Schlupfwinkel UferböschungenIn der Ausgabe vom Montag, 25. März 2024 der Tageszeitung „Dolomiten“ war berichtet worden, dass in Tartsch bei einer Entschilfungsaktion in einem kleinen Bächlein das Bachneunauge und der Dohlenkrebs gefunden und gerettet worden sind. Die beiden Vorkommen seltener und vom Aussterben bedrohter Tierarten von Wasserlebensräumen im Vinschgau sind sehr erfreulich. Sie zeigen auch, dass die Lebensräume noch geeignet sind, in denen diese Arten vorkommen. Es ist schon lange eine ökologische Erkenntnis, dass es keinen Artenschutz ohne einen Lebensraumschutz gibt.

Der Italienische Bachkrebs
Bei beiden Funden in Tartsch und in Tschars handelt es sich um den Italienischen Bachkrebs (Austropotamobius pallipes italicus).Die deutschen Namen Dohlenkrebs und Bachkrebs sind Synonyme. In der Zeitungsnachricht vom 25. März d.J. ist der Tartscher Krebsfund mit dem Namen Dohlenkrebs bezeichnet worden.
Klaus Hellrigl, der Brixner Zoologe, und Berta Thaler, die langjährige Mitarbeiterin des Landesbiologischen Labors in Leifers haben in der Tierenzyklopädie „Die Tierwelt in Südtirol“ (herausgegeben vom Naturmuseum Südtirol, Bozen 1996) die Krebstiere (Crustacea) bearbeitet. Die folgenden Angaben zu den Krebsen habe ich dem wissenschaftlichen Fachaufsatz der beiden Experten entnommen.

Die Krebstiere
Von den Krebstieren sind bisher weltweit ca. 42.000 Arten bekannt und beschrieben worden. In der zoologischen Systematik unterteilt man die Krebstiere in zwei Unterklassen: die niederen Krebse (Entomostraca) und die Höheren Krebse (Malocostraca).
Die Höheren Krebse sind in der heimischen Fauna mit den Zehnfußkrebsen (Decapoda), den Flohkrebsen (Amphipoda) und den Asseln (Isopoda) vertreten.
Der Italienische Bachkrebs gehört zu den Zehnfußkrebsen und damit zu den Höheren Krebsen. Für sein Vorkommen ist entscheidend, dass der Sauerstoffgehalt des Gewässers nicht zu gering ist und dass geeignete Schlupfwinkel in Form von überhängenden Uferböschungen und hohl aufliegenden Steinen vorhanden sind.

Vorkommen und Gefährdung
In den Binnengewässern Mitteleuropas als Süßgewässer kommen 5 Arten von Fluss- und Bachkrebsen vor. Hinzu kommen importierte Arten aus Nordamerika (Amerikanischer Flusskrebs Orconectes limosus) bzw. aus Ostasien (Wollhandkrabbe Eriocheir sinensis).
Klaus Hellrigl und Berta Thaler schreiben zum Vorkommen der Flusskrebse in Südtirol das Folgende: „In den heimischen Gewässern dürfte nur eine Art natürlich verbreitet sein, der Italienische Bachkrebs Austropotamobius pallipes italicus. Frühere Angaben mancher Autoren über das Vorkommen des Eropäischen Flusskrebses (Astacus astacus) in Südtirol, beruhten auf Verwechslungen mit Austropotamobius pallipes italicus. Der Europäische Flusskrebs Astacus Krebseastacus kommt in Südtirol nicht natürlich vor, erst in jüngster Zeit, d.h. 1981, wurde diese stattliche Art im Raum Bruneck aus Kärnten eingeführt (Adami & Gasser, 1994) und beginnt sich von da allmählich auszubreiten. Durch diese Konkurrenz scheint eine weitere Zurückdrängung des ohnehin stark gefährdeten Bachkrebses gegeben.“
Und weiter K. Hellrigl und B. Thaler: „Die tatsächlichen Gefährdungsursachen für den heimischen Bachkrebs scheinen weniger durch direkte Nachstellungen zu kulinarischen Speisezwecken bedingt und auch nicht durch die sogenannte Krebspest, einer unter den europäischen Flusskrebsen, vor allem Astacus astacus, verheerenden Pilzkrankheit (Aphanomyces astaci), die um die Jahrhundertwende mit dem aus Nordamerika importierten und dagegen immunen Amerikanischen Flusskrebs (Orconectes limosus) in Europa eingeschleppt und verbreitet worden war. Vielmehr ist die Gefährdung des Bachkrebses in Südtirol hauptsächlich durch zunehmende Rückdrängung seiner Brutgewässer – vor allem Wiesenbäche und Weiher – bedingt, wobei in den letzten Jahrzehnten noch die künstliche Einsetzung unverträglicher Raubfische hinzukam.“
Und die beiden Experten stellen weiters fest: „Die hinsichtlich Wasserqualität recht genügsamen Bachkrebse wurden früher landesweit in Teichen und Wassergräben zu Speisezwecken gehalten, und von einer Ausrottung konnte über Jahrhunderte keine Rede sein. Allein im Raum Brixen kamen Bachkrebse an mindestens 10 verschiedenen Stellen vor. …..Die meisten dieser ehemaligen Krebsbiotope existieren heute nicht mehr oder wurden durch menschliche Eingriffe so stark verändert, dass es seit 10 Jahren (Anmerkung: Stand 1996) im Raum Brixen keine Bachkrebse mehr gibt. Vorkommen von Bachkrebsen finden sich im Raum Südtirol heute (Stand 1996) nur mehr in einem Dutzend Quellbächen und Wassergräben vornehmlich im Etschtal zwischen Lana und Salurn und vereinzelt auch im Vinschgau und im mittleren Pustertal“. Soweit Klaus Hellrigl und Berta Thaler.
Vor diesem Hintergrundwissen ist das aktuelle Vorkommen des Italienischen Bachkrebses in Tschars und Tartsch umso bemerkenswerter. Es sei den Tartscher und den Tscharser Bachkrebsen noch ein langes Heimrecht im Vinschgau beschieden. Der Italienische Bachkrebs ist eine Natura 2000-Art! In der „Roten Liste gefährdeter Tierarten Südtirols (1994) stufen die beiden Limnologen Vito Adami und Michael Gasser den Italienischen Bachkrebs als „vom Aussterben bedroht ein“.

Gelesen 844 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 25-24

titel Vinschgerwind 24-24

titel vinschgerwind 23-24

 weihnachtsbroschüre 2024

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.