Reschenbahn 2.0 im Sockerhof

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Präsentation des Projektes Reschenbahn 2.0 – Redner im Bild: Siegfried Gohm Präsentation des Projektes Reschenbahn 2.0 – Redner im Bild: Siegfried Gohm

Mals/Vinschgau/Nordtirol - Am 20. Juni präsentierte die Initiativgruppe Reschenbahn das Projekt Reschenbahn 2.0. Dabei handelt es sich um die Fertigstellung der bereits vor über hundert Jahren begonnenen Bahnanbindung von Mals nach Landeck. 2.0 ist dabei nicht ganz richtig, denn die Anbindung von Mals nach Landeck wurde bereits mehrmals angedacht und war auch schon beim Bau der ersten Eisenbahntrasse von Meran nach Landeck, noch zu k&k Zeiten im Jahr 1890 vorgesehen. Die Bahnstrecke von Meran bis nach Mals wurde 1906 fertiggestellt, die Weiterführung aufgrund des 1. Weltkrieges aber abgebrochen, wobei die Bahnstrecke von Ried bis Landeck ebenfalls bereits gebaut wurde und auch schon die Gründe entlang der Strecke bis herein nach Mals enteignet waren. Diese wurden damals dann wieder zurückgegeben. Einen weiteren Anlauf gab es noch einmal während des 2. Weltkrieges, welcher durch den Verlauf des Krieges ebenfalls wieder aufgegeben wurde. Nach dem Krieg war die Bahn lange kein Thema mehr. Seit der Wiedereinführung des Vinschgerzuges bis nach Mals wurde die Anbindung nach Landeck, als auch nach Scuol ins Oberengadin, wieder zum Thema.
Siegfried Gohm von der Initiativgruppe leitete die Präsentation, in der angenehm sommerlichen Atmosphäre des Sockerhofes, ein und berichtete über die letzten Entwicklungen zur Wiederaufnahme des Projektes. Bereits im Jahr 2015 gab es einen Beschluss der Südtiroler Landesregierung das Projekt wiederaufzunehmen. Der Landtagsabgeordnete Sven Knoll bekundete 2018 in Landeck sein Interesse, das Projekt zu unterstützen und reichte ein Gutachten des ursprünglichen Projektes von 1918 ein. Im Jahr 2020 kam es schließlich zur sogenannten „Grauner Absichtserklärung“ mit der Willensbekundung, den Alpenbahnkreis nun nach über 100 Jahren endlich zu verwirklichen. Der Ingenieur Konrad Bergmeister wurde von der Südtiroler Landesregierung bemüht, bisher wurden aber keine hydrologischen bzw. geologischen Untersuchungen durchgeführt. Am 2.3.2022 gab es dann ein 4-Regionen Treffen (Bundesland Tirol, Provinz Südtirol, Kanton Graubünden und der Lombardei) mit der Vereinbarung am Projekt weiterzuarbeiten und erste geologische und hydrologische Untersuchungen vorzunehmen. Bis heute sei dahingehend aber nichts passiert, so die Initiativgruppe.
Interventionen der Gruppe gab es inzwischen bei verschiedensten Stellen wie z. B. bei Europaparlamentarier Herbert Dorfmann, welcher wie folgt zitiert wurde: „Wenn die Bahn nicht kommt, kommt der Ausbau der Straße“. Die Gruppe betonte auf der Veranstaltung, dass der Wille des Ausbaus der Bahn von unten kommen müsse. Die „da oben“ haben bisher zwar viel geredet, jedoch blieb es bei einigen Willensbekundungen, viel mehr aber nicht.
Nach der Einleitung Gohms präsentierte der bekannte Grinser Ingenieur Siegfried Starjakob, sehr ausführlich und detailliert das von der Projektgruppe ausgearbeitete Projekt, um die Lücke im Bahnnetz zu schließen, sowie die beiden möglichen Varianten einer zusätzlichen Anbindung nach Scuol. Für den Ingenieur stellt die Variante Mals-Nauders-Landeck, mit zum größten Teil oberirdisch verlaufender Strecke, die optimale Route dar, wobei Scuol oberirdisch von Pfunds über die Kajetansbrücke angebunden werden könnte. Die zweite, von den Schweizern bevorzugte Variante mittels eines Basistunnels von Mals nach Scuol, sei ökonomisch aufwändiger und die Möglichkeit einer Alpenpanoramabahn über den Reschen entlang der Seen ginge verloren. Die Vorteile der Bahnanbindung wären auch eine touristische Aufwertung der Region Oberes Gericht und Oberer Vinschgau, wobei auch eventuelle Anbindung an die Schipisten entlang der Strecke, mit dem Verweis auf die Pustertaler Bahnstrecke, angedacht wird. Der Verkehr muss auf die Schiene, betonte Starjakob, denn er wird nicht weniger werden. Die Vinschgerbahn befördert ca. 2 Millionen Fahrgäste im Jahr, ohne die Bahn würde das Tal längst schon im Verkehr ersticken. Dem Vinschgau drohe in den nächsten Jahren sowieso ein Verkehrskollaps, mit dem Ausbau der Bahn könne man dem entgegenwirken, zumindest in mittelfristiger Zukunft. Die Bahnanbindung hätte volkswirtschaftlich mehrere positive Auswirkungen, einerseits eine gewaltige Wertschöpfung durch die am Bau der Bahn beteiligten Betriebe, andererseits durch die optimale Erschließung touristischer Gebiete. Zudem sei der Zug vorteilhaft in puncto Umwelt- und Klimaschutz, sowie Co² Einsparungen.

Das bevorzugte Projekt sieht einen Bahnverlauf ohne Eingriffe in Biotope bzw. andere Stätten vor und so wenige Tunnelbauten als möglich. Starjakob verwies darauf, dass Tunnel sehr viel mehr kosten und dadurch wertvolle Panoramaaussichten verloren gingen. Wenn alle an einem Strang ziehen würden wäre das Projekt bis 2040 möglich. Allerdings ist es dafür notwendig, ins Zielnetz der ÖBB zu kommen und eine erste Machbarkeitsstudie noch heuer abzuschließen. Zudem muss der Wille der Politik vorhanden sein, wobei es vor allem auf Südtiroler Seite noch hapere.
Nach der Projektvorstellung kam es zu einer angeregten Diskussion mit anwesenden Touristikern und den Bürgermeistern der am Streckenverlauf liegenden Gemeinden. Die Nauderer betonten die Wichtigkeit, eine Lösung für den Verkehr zu finden, allenfalls drohe der Kollaps und man sei in Zukunft nicht mehr touristisch attraktiv, wenn sich die Verkehrslage verschlechtern würde. Während vor allem die Nordtiroler die vermeintliche Landeseinheit bemühten und meinten, man müsse die Variante über Nauders ohne Basistunnel vorziehen, denn vordergründig ginge es um ein EU- bzw. Nord- und Südtiroler Problem, kritisierte der Malser BM Josef Thurner dies und meinte auf Südtiroler Seite fehle der politische Wille und die Landesregierung sei derzeit kaum in der Lage eine Straße zu begradigen, geschweige denn ein solches Bahnprojekt zu realisieren. Thurner kritisierte auch den Einsatz der Südtiroler Freiheit, welche eine Familienpartei des Sven Knoll sei. Fazit der Diskussion: die großen Hoffnungen der Nordtiroler Projektgruppe wurden durch die offenbar mangelnde politische Unterstützung des ökologisch und ökonomisch durchaus sehr wünschenswerten Projektes etwas gedämpft. Gohm schloss die Veranstaltung mit einem Plädoyer an den Tiroler Landesgedanken ab und betonte, es müsse einen gemeinsamen Willen geben, um das Projekt endlich realisieren zu können und verblieb mit einer Bitte an die anwesenden Bürgermeister sich für den Ausbau der Bahnstrecke mehr ins Zeug zu legen. (uno)

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