Nationalpark Stilfserjoch: Die Trentiner Braunbären - Und: Die Bärenjagd im Laaser Tal 1854

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Foto: Vincenzo Martegani Foto: Vincenzo Martegani

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Sebastian, 20. Jänner 2023

Der Wolf hat den Braunbären in der Berichterstattung der Medien in die zweite Reihe zurückgedrängt. Deswegen möchte ich in meinem heutigen Beitrag die Entwicklung der Trentiner Braunbärenpopulation wieder einmal zusammenfassen. Ich stütze mich dabei auf den inzwischen 15. Jahresbericht der Trentiner Landesverwaltung zu den Gro-ßen Beutegreifern Bär Wolf, Luchs und Goldschakal, der im April 2022 veröffentlicht und bis auf das Jahr 2021 aktualisiert worden ist.

Bestand
Die Bärenpopulation im Trentino wird einschließlich der Jungtiere derzeit auf ca. 100 Individuen geschätzt. Dabei liegt die sichere Mindestgröße der Population ohne die Jungen unter einem Jahr bei 69 Bären. Im Jahr 2021 wurden 9-10 neue Würfe mit 12-14 Jungen verzeichnet.
Das Monitoring der Trentiner Bären erfolgt durch Radiotelemetrie, Fotofallen und genetisches Monitoring. Beim genetischen Monitoring werden Haar-, Kot- oder Speichelproben auf die Erbsubstanz DNA untersucht und den verschiedenen Bären zugeordnet. Im Jahr 2021 waren von 678 systematischen oder zufälligen Probenfunden 580 Proben für die genetische Untersuchung brauchbar.
Im Berichtsjahr 2021 waren drei Bären mit Halsbandsendern ausgestattet: Zwei Weibchen (JJ4 mit 15 Jahren Lebensalter, F 43 mit 3 Jahren) und ein Männchen (M3 dreijährig).

Totfunde
Fünf Bären wurden im Jahr 2021 tot aufgefunden. Was deren Todesursache betrifft, sind drei Bären 117B1 Fabio Battistellawahrscheinlich von eigenen Artgenossen getötet worden. Bei Bären gibt es arteigene Aggression vor allem von Männchen gegenüber Jungtieren. Ein Bär ist durch den Zusammenprall mit einem Auto ums Leben gekommen. Die Todesursache des fünften Bären konnte wegen des fortgeschrittenen Verwesungszustandes nicht mehr festgestellt werden.

Verteilung
Was das Streungebiet und die Raumnutzung betrifft, kann auch nach Jahren seit Beginn des Wiederansiedlungsprojektes festgestellt werden, dass die weiblichen Bären das Kerngebiet des Trentiner Adamello Brenta-Gebirgsstockes und dessen unmittelbaren Nachbargebietes nicht verlassen. Aus insgesamt 983 Nachweisen, welche 2021 gesammelt werden konnten, ergibt sich zur Größe und Nutzung des Lebensraumes folgendes Bild: Die Bärinnen bestreichen ein Gebiet von 2.039 Quadratkilometern (zum Vergleich: Das Land Südtirol ist 7.400 km² groß). Die Männchen, und unter ihnen vor allem die Jungbären auf der Suche nach einem eigenen Territorium, streunen in einem Gebiet von 30.550 km² und erreichen dabei auch Süddeutschland. Im Jahr 2021 hielten sich 7 der 69 sicher festgestellten Bären außerhalb des Trentiner Landesgebietes auf. Lauter Männchen, zwei davon auch in Südtirol, nämlich die Männchen M68 und M78.

park baeren tabMehrjahresbeobachtungen der Streifzüge
Im Mehrjahreszeitraum der Jahre zwischen 2005 und 2021 konnten die Wanderungen und die Raumnutzung von insgesamt 51 Bären dokumentiert werden. Alle teilweise auch weit herumstreifender Bären waren ausschließlich Männchen. 15 der 51 Streuner (gleich 29 %) sind inzwischen gestorben oder verschollen. Von 6 Wanderbären (12 %) gibt es keine auf das Jahr 2021 aktualisierten Informationen, 14 Bären (27 %) sind wieder in das Trentiner Kerngebiet zurückgekehrt, wovon 5 gestorben sind oder als verschollen geführt werden. Zwei Bären sind abgewandert, einer wurde eingefangen und wird in einem Gehege gehalten. 13 der 51 Bären sind derzeit noch auf Wanderschaft.

Die Bärenjagd im Laaser Tal 1854
Zum Schluss noch ein Kuriosum. Im säuberlich geordneten Archiv meines allzu früh verstorbenen Baerenjagd 1854Schwagers Franz Grassl fand sich eine interessante Zeitungsnotiz aus einer Beilage zur Volks- und Schützenzeitung Nr. 105 von fernen 29. September 1854. Der Zeitungsbeitrag schildert die Jagd auf einen der letzten, wenn nicht des letzten Bären im Laaser Tal eben im Jahr 1854. Am 18. September dieses Jahres 1854 waren 70 Treiber und Schützen auf dem Weg, um dem Bären auf den Pelz zu rücken. Die Schilderung von dessen Jagd ist abenteuerlich, überhöhend, vermenschlichend und teilweise auch grausam-gruselig. Den letzten Teil dieser zwei Tage dauernden Hetzjagd geben ich als Fotografie des Originaltextes aus dem Jahr 1854 wieder.

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