Südtirol soll die Klimaneutralität zehn Jahre vor den EU-Zielen erreichen. Das hat die Landesregierung im heute vorgestellten Klimaplan – Teil 1 festgeschrieben und sieht darin viele Chancen.
Südtirol strebt die Netto-Klimaneutralität bis ins Jahr 2040 an. Das ist zehn Jahre früher als von der Europäischen Union vorgegeben. Dies hat die Landesregierung im "Klimaplan Südtirol 2040 – Allgemeiner Teil" am Dienstag, 30. August festgelegt. Eine Woche später, am heutigen Dienstag (6. September) haben alle Mitglieder der Landesregierung die Details im Rahmen der Nachhaltigkeitstage 2022 in der Messe Bozen vorgestellt.
"Das +1,5 °C-Ziel und das dazugehörige Nettonull-Ziel ist aus derzeitiger Sicht nur unter großer Kraftanstrengung noch realistisch zu erreichen“, steht im Klimaplan, der in einem Beteiligungsprozess mit der Bevölkerung, den Sozialpartnern und relevanten Nicht-Regierungsorganisationen, der Forschung und Wissenschaft bis zur ressortübergreifenden Arbeit in der Landesverwaltung und Landesregierung entstanden ist. So arbeitete die beratende Expertenkommission 480 Seiten an Vorschlägen aus der Bevölkerung, wie Kommissionspräsidentin Federica Viganò erklärte. Anschließend stellte der wissenschaftliche Koordinator Gottfried Tappeiner die in den Klimaplan eingeflossenen Ergebnisse und Ziele vor. Angesichts der dramatischen und spürbaren Klimaentwicklung sei rasches Handeln nötig. In Zahlen ausgedrückt sieht der Klimaplan 2040 daher fünf übergeordnete Ziele, sechs Hauptstrategien und insgesamt 16 Handlungsfelder vor.
Fünf übergeordnete Ziele
Die CO2-Emissionen sollen gegenüber dem Stand von 2019 bis 2030 um 55 Prozent und bis 2037 um 70 Prozent reduziert werden. Bis 2040 soll Südtirol klimaneutral sein.
Der Anteil erneuerbarer Energie soll von derzeit 67 Prozent bis zum Jahr 2030 auf 75 Prozent und auf 85 Prozent im Jahr 2037 steigen. Letztlich muss er für die Klimaneutralität 100 Prozent erreichen.
Treibhausgasemissionen, die von CO2 verschieden sind, also speziell N2O und Methan, sollen bis 2030 um 20 Prozent und bis 2037 um 40 Prozent reduziert werden gegenüber dem Stand von 2019.
Der Anteil der Südtiroler Wirtschaft an den durch die Klimawende wachsenden und neu entstehenden Märkten soll sich deutlich überproportional entwickeln.
Trotz der notwendigen Anpassung von Gesellschaft und Wirtschaft soll der Anteil der armutsgefährdeten Bevölkerung bis 2030 um zehn Prozentpunkte gegenüber dem Stand von 2019 (Stand 2019 rund 18 %) sinken.
Mit dem Beschluss der Landesregierung seien die im Klimaplan festgelegten Ziele und Maßnahmen verbindlich, erklärte der Landeshauptmann zu Beginn der Vorstellung: "Mit diesem Dokument verpflichten wir uns zu mutigen Entscheidungen, die wir bereits in der Nachhaltigkeitsstrategie Everyday for Future vor einem Jahr angekündigt haben und nach denen sich unser Handeln neu ausrichten muss. Der nun überarbeitete Klimaplan ist ein sehr wichtiger Teil dieser Gesamtstrategie."
Man wolle Klima-Vorzeigeland werden, betonten der Landeshauptmann und der Landesrat für Umwelt und Energie, der den Klimaplan vorgelegt hat. So steht im Klimaplan: "Ein Wohlstandsland wie Südtirol muss mehr als das Minimum erreichen.“ Dies würde längerfristig zu einem Standortvorteil führen. Die Maßnahmen würden "vielschichtige Chancen, aber auch Belastungen schaffen". Der Landeshauptmann und der Umwelt- und Energielandesrat verwiesen besonders auch auf die im Klimaplan vorgesehenen unabhängigen Messinstrumente. "Sollte das Monitoring zeigen, dass wir bei angepeilten Teilzielen hinterherhinken, müssen wir nachbessern", sagte der Landeshauptmann.
Der Umwelt- und Energielandesrat betonte, der Klimaplan sei ein wesentlicher Schritt in Richtung Nachhaltigkeit: "Vor allem wurde er nicht von der Politik diktiert, sondern mit der Beteiligung auf verschiedenen Ebenen erarbeitet. Besonders freut mich, dass das Ergebnis durch eine klare Einbindung der Bevölkerung und Experten entstanden ist und dass in der Folge die Landesregierung auf meinen Vorschlag hin den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Klimaplan verabschiedet hat." Die Politik werde weiterhin auf die Anliegen der Bevölkerung hören, ganz besonders in dieser Phase ständiger dramatischer Veränderungen. Der Landesrat hält es daher für unumgänglich, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um den von der Bevölkerung gewünschten ökologischen Wandel herbeizuführen.
Immer wieder stand die Aussage im Mittelpunkt, dass der Klimawandel alle Lebensbereiche betreffe. Somit sei die Nachhaltigkeit – und die Klimaneutralität als Teil davon – ein sektorenübergreifendes Querschnittsthema. Entsprechend stellten alle Landesregierungsmitglieder vor, welche Aufgaben sich für ihren Zuständigkeitsbereich ergeben. Gefragt seien aber alle, auch die Zivilbevölkerung und Privatwirtschaft, um die Ziele zu erreichen.
16 Aktionsfelder
Zu den 16 Aktionsfeldern zählen unter anderem Kommunikation und Bewusstseinsbildung, zum Schwer- und zum Personenverkehr, drehen sich um Bauen und Heizen, sehen Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft sowie in den verschiedenen Wirtschaftssektoren ebenso wie den Umbau der Energiesektoren vor. Auch langfristige CO2-Senken, die Resilienz und Anpassung an den Klimawandel, Ernährung und Konsum sind ein Thema. Eigene Aktionsfelder stellen die unterstützenden Leistungen und Zertifizierungen, aber auch die Forschung dar.
Drei Gruppen von Maßnahmen
Um die verschiedenen Ziele zu erreichen, sieht der Klimaplan drei Gruppen von Maßnahmen vor: Schnell wirksam seien Gebote und Verbote. Mittelfristig würden Anreize wirken, um bestimmte Verhaltensweisen zu belohnen. Besonders zielführend sei hingegen die dritte, langfristig wirkende Gruppe, die sich mit dem Oberbegriff „kultureller Wandel“ zusammenfassen lässt und Verhalten aus eigenem Antrieb verändert. Notwendig werde sein, alle Strategien und Wirkungsmechanismen in allen Aktionsfeldern einzusetzen.
Bis Juni 2023 umfassender „spezifischer Teil“
Der "Klimaplan Südtirol 2040 – Allgemeiner Teil" sieht auch vor, bis spätestens Juni 2023 den "Spezifischen Teil" zu erarbeiten. Der Allgemeine Teil sieht bereits viele sofort zu treffende Einzelmaßnahmen vor, um sofort ins Handeln zu kommen. Enthalten sind aber auch Beispiele von möglichen Maßnahmen, die für den spezifischen Teil zu konkretisieren und umzusetzen sind. Der spezifische Teil soll dann die Maßnahmen zu allen Aktionsfeldern und zudem eine deutlich ausgeweitete statistische Grundlage enthalten.
gst
Mit der Eröffnungsfeier fiel heute Vormittag (6. September) der Startschuss für die erste Ausgabe der "Sustainability Days" in der Messe Bozen. Die Zielsetzung: "Aufzeigen, was geht".
Impulse geben für eine nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum: Darum drehen sich ab heute vier Tage lang die "Sustainability Days – Internationale Plattform für die Regionen der Zukunft" in der Messe Bozen. Ehrengäste der heutigen (6. September) Eröffnungsveranstaltung, durch die Moderator Andreas Pfeifer dreisprachig führte, waren der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung und der italienische Minister für Infrastrukturen und nachhaltige Mobilität.
Der Landeshauptmann blickte in seinen einführenden Worten auf die zahlreichen Krisen, denen die Welt heute begegnet. "Neben all dem braucht es vor allem eins: Aufzeigen, was geht, um die Heimat Erde für uns alle ein Stück besser zu machen", unterstrich der Landeshauptmann. Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen träume von einer besseren Welt. "Dafür müssen wir Dinge ändern und anders machen. Und dafür müssen wir auch gewisse Dinge nicht mehr machen", so der eindringliche Appell des Landeshauptmanns.
Deshalb sei dies genau der richtige Moment für die Eröffnung der Nachhaltigkeitstage 2022, sagte der Landeshauptmann. "Aufzeigen, was geht, können uns internationale Redner wie Jane Goodall, Robert Engle, Gail Bradbrook, David Wallace-Wells, Sophie Bayley, Paolo Braguzzi und Clover Hogan, aber auch viele herausragende Expertinnen und Experten aus Südtirol."
Plattform für die Regionen der Zukunft
Dabei gelte es auf die besonderen Erfordernisse des ländlichen Raums einzugehen. "In Europa leben 150 Millionen Menschen im ländlichen Raum. Gerade der Alpenraum, in dem wir leben, bekommt die Auswirkungen der Klimaerwärmung besonders zu spüren", fuhr der Landeshauptmann fort. Südtirol habe mit seiner Autonomie immer daran gearbeitet, Entwicklung für die Menschen zu ermöglichen. "Die Nachhaltigkeitstage sind ein weiterer Baustein auf unserem Weg Richtung Nachhaltigkeit. Sie sind keine Eintagsfliege, sondern hier arbeiten viele Menschen an neuen Lösungen, wie nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum gelingen kann", erklärte der Landeshauptmann und verwies auf das Empfehlungspapier zur Unterstützung zukünftiger politischer Entscheidungen, das bis Ende der Veranstaltung am Freitag vorliegen wird.
Südtirol eine der ersten Regionen mit SDG-Monitoring
Als eine der ersten Regionen hat sich Südtirol vor zwei Jahren erstmalig einem kontinuierlichen Monitoring der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) unterstellt, dem sich bisher nur Staaten unterziehen müssen. "Es zeigt, dass Südtirol einiges in die Wege geleitet hat, dennoch bleibt auf dem Weg der Nachhaltigkeit noch viel zu tun", sagte der Landeshauptmann. Hier werden die Nachhaltigkeitstage ansetzen: "Jeder Anfang ist schwer, aber jedem Anfang wohnt frei nach Hermann Hesse ein Zauber inne. Die nachhaltige Entwicklung ist der Treiber, der es uns ermöglichen wird, mit neuem Mut und neuer Freude in die Zukunft zu blicken", sagte der Landeshauptmann und wünschte den Anwesenden viele inspirierende Momente.
Marco Frey: "Müssen unser Wirtschaftsmodell ändern"
Im Anschluss gab Marco Frey, Professor an der "Sant'Anna School of Advanced Studies" in Pisa und Vorsitzender des Advisory Board der Nachhaltigkeitstage, unter dem Titel "Die Weichen stellen" einen Überblick über aktuelle EU-Initiativen und Programme zur Nachhaltigkeit. Eine nachhaltige Entwicklung erfülle die Bedürfnisse der Gegenwart, ohne sich negativ auf die Möglichkeiten der künftigen Generationen auszuwirken. Frey erklärte, dass wir zu viele Ressourcen verbrauchen, um unseren wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsstand zu halten: "Die einzige Möglichkeit, Nachhaltigkeit zu gewährleisten, besteht darin, unser Wirtschaftsmodell zu ändern", sagte der Professor und nannte die grüne Wirtschaft und die Kreislaufwirtschaft als Beispiele. "Der Europäische Green Deal ist bereits eng mit diesen Modellen verknüpft", schloss Frey und hob die vier Schwerpunktthemen der Nachhaltigkeitstage hervor: erneuerbare Energien und Energieeffizienz, Landwirtschaft und Ernährung, nachhaltige Mobilität und widerstandsfähige regionale Lebensräume.
Italiens Minister: "Der Wandel ist möglich"
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit dem italienischen Minister für Infrastrukturen und nachhaltige Mobilität und dem EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung ging es um nachhaltige Entwicklung in Italien und Europa.
Nicht nur den Namen seines Ministeriums habe er geändert, sondern auch die Politik und die Gesetzesgrundlagen, erklärte der Minister für Infrastruktur und nachhaltige Mobilität, der stolz darauf verwies, dass der von seinem Ministerium umgesetzte Plan als europäische Best Practice bezeichnet werde: Neue Projekte müssen nämlich unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit bewertet werden. "Wir haben einen noch nie dagewesenen Investitionsplan in Höhe von 298,5 Milliarden Euro erstellt, der in die richtige Richtung geht", sagte der Minister. 70 Prozent der 61,5 Milliarden Euro, die aus dem Wiederaufbaufonds PNRR für unser Ministerium kommen, sind für die Bekämpfung des Klimawandels vorgesehen, ein großer Teil davon für Eisenbahnprojekte. "Der Wandel ist möglich, es liegt an uns", schloss der Minister.
EU-Minister: "Es führt kein Weg an grüner Wende vorbei"
Auch der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung betonte: "Ein grüner Übergang ist stärker notwendig denn je." Im Energiebereich gehe es insbesondere darum, sich angesichts der Krisen von außereuropäischen Versorgungen unabhängig zu machen und Lieferanten stärker zu diversifizieren, so der Kommissar. "Ich bin überzeugt, dass die jüngsten globalen Ereignisse uns helfen, diese grüne Wende schneller zu bewerkstelligen, als erwartet. Es führt kein Weg daran vorbei. Und am Geld wird es nicht scheitern", sagte der EU-Kommissar.
Die Eröffnungsveranstaltung endete mit einem eindrücklichen Poetry Slam zur Nachhaltigkeit von Lene Morgenstern, die unter anderem sagte: "Wir haben gelernt zu verschwenden, wir müssen das Blatt jetzt wenden."
mpi
Die Rede des Wirtschaftsnobelpreisträgers 2003 Robert Fry Engle und die UN-Friedensbotschafterin Jane Goodall haben den ersten Tag der Sustainability Days geprägt.
Der erste Tag der Sustainability Days Südtirol 2022 war von der Eröffnungsveranstaltung und von der Vorstellung des Klimaplans durch die Landesregierung geprägt. Besonders die Reden der internationalen Referentinnen und Referenten, insbesondere jene von Robert Fry Engle und Jane Goodallwaren mit Spannung erwartet worden.
Robert Fry Engle
Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit: Das sagt Robert Fry Engle, emeritierter Professor für Finanzwirtschaft und Nobelpreisträger für Wirtschaft des Jahres 2003. Er sprach im Rahmen seines Vortrags über die Auswirkungen des Klimawandels auf ländliche Regionen und ging auch auf die Folgen für Südtirol ein. Besonders die beiden zentralen Wirtschaftszweige Landwirtschaft und Tourismus werden mit großer Sicherheit unter den extreme Wetterereignisse leiden und so vor große Herausforderungen gestellt. Aus Sicht von Engle ist es daher unablässig, die CO2-Emissionen umfassend zu reduzieren. Das werde sich besonders auf jene Investoren und Unternehmen auswirken, die von aus dem Klimawandel resultierenden Risiken besonders betroffen sind. Diese werden Einbußen in Kauf nehmen müssen. Insgesamt aber könnten die konkreten und spürbaren Folgen (wie Dürren, extreme Temperaturen, Schneemangel) in Südtirol noch gebremst werden, sagte Engle.
Gerade ländliche Gebiete hätten zudem die besten Voraussetzungen, alternative Energiequellen zu etablieren. Laut seien immer mehr Konsumenten dazu bereit dazu, Änderungen für mehr Nachhaltigkeit mitzutragen. Auch innerhalb bei den Unternehmen zeichne sich ein Wandel ab. Nicht nur immer mehr Arbeitnehmer bevorzugen Firmen, die nachhaltig agieren, auch immer mehr Investoren unterstützen lieber Unternehmen mit einer Nachhaltigkeitsstrategie.
Engle zufolge müssen sich Regionen nun mehr denn je zusammenschließen, um gemeinsam nachhaltige Projekte zu realisieren.
Paolo Braguzzi
Paolo Braguzzi sprach in seinem Vortrag darüber, dass die Menschheit bereits die Kontrolle über die Klimakrise verloren habe. Der Aktivist für business for good betonte, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, gleichzeitig konsumieren wir mehr, als die Erde hervorbringen kann. Damit beuten wir sie aus, sagte Braguzzi. Noch immer gelte das Bruttoinlandsprodukt eines Staates als Ausdruck seines Reichtums. Dabei würden viele Faktoren wie Gesundheit, gute Bildung, Mut und Wissen meist außer Acht gelassen, obwohl sie ebenso essenziell für das Wohlbefinden der Bevölkerung seien.
Braguzzi stellte das Konzept des Stakeholder-Kapitalismus vor. Unternehmen, die diesem Konzept folgen, betrachten Nachhaltigkeit nicht bloß als Strategie, sondern als konkretes Unternehmensziel. Diese Unternehmen wollen zwar Profit erarbeiten, der Umwelt gleichzeitig aber keinen Schaden zufügen. Immer mehr Bürger wie Investoren würden dieses Geschäftsmodell gerne unterstützen, zudem sei es ethisch Hinsicht vertretbar und trage zur Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft bei.
Das Ausmaß des Klimawandels
Das Ausmaß des Klimawandels verdeutlichten vier Forschende im Rahmen einer Mischung aus Live- und Videokonferenz. Hans Pörtner ist Physiologe und Meeresbiologe und forscht am Helmholtz Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Sonia Seneviratne ist ordentliche Professorin am Institut für Atmosphären- und Klimawissenschaften der Universität Zürich. Keywan Riahi leitet als Direktor das Forschungsprogramm für Energie, Klima und Umwelt am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Wien. Georg Kaser schließlich ist pensionierter Professor für Klima- und Kryosphärenforschung an der Universität Innsbruck und Mitglied des Advisory Board der Sustainability Days.
Sie wiesen auf die Ursachen, zunehmenden Auswirkungen, Grenzen der Anpassung und Wege zur Eindämmung des Klimawandels hin. Die Kernaussage des letzten IPCC-Berichts (Intergovernmental Panel on Climate Change) ist eindeutig: Der Klimawandel ist zu einer globalen Krise geworden und betrifft alle Regionen und Kontinente sowie alle Bereiche menschlicher Aktivitäten, Ökosysteme und die Menschheit als Ganzes.
Physisch gesehen bleibe uns nur ein kleines Zeitfenster, um die globale Erwärmung bei 1,5°C zu stabilisieren. Um dies zu erreichen, wäre ein sofortiger und radikaler Wandel unserer Gesellschaft erforderlich.
Darüber hinaus müsse man auch mit einer Welt rechnen, die sich um mehr als 1,5°C erwärmt, sondern sich darauf vorbereiten. Dies sei unvermeidbar mit höheren Kosten und Verlusten verbunden, da die Optionen zur Anpassung aufgrund der Grenzen der Natur und Menschen eingeschränkt sei. Je wärmer das Klima wird, desto weniger Möglichkeiten haben wir Menschen, die Klimarisiken zu verringern.
Goodall: "Ich bin hier, weil das Schicksal unsers Planeten wichtig ist"
Gegen Abend füllte sich der große Saal in der Messe Bozen immer mehr mit Menschen, um den Vortrag der bekannten Forscherin und UN-Friedensbotschafterin Jane Goodall zu hören. Goodall ist weltweit für ihre Pionierarbeit bei der Erforschung der wilden Schimpansen bekannt. Mittlerweile bereist Goodall die Welt, um vor den Folgen der Umweltzerstörung zu warnen und die Botschaft zu vermitteln, dass sich jeder für die Erde einsetzen soll: Immerhin bewohnen sie alle Lebewesen gemeinsam.
"Ich möchte bei euch sein, weil diese Begegnung wichtig ist, um über die Zukunft unseres Planeten zu diskutieren", sagte die Forscherin, die via Livestream zugeschaltet war. Sich um Schimpansen zu kümmern, wie sie es lange getan habe, bedeute für sie, sich um das Schicksal der Erde zu kümmern, sagte Goodall. "Wald zu schützen bedeutet nicht nur, Pflanzen zu schützen, sondern auch die Zukunft zu schützen. Wenn wir das gemeinsam machen, haben wir noch ein wenig Zeit, um den Klimawandel zu verlangsamen", meinte die Forscherin und fügte hinzu: "Meine größte Hoffnung sind die Jugendlichen, weil sie die Welt verändern, während wir reden."
mdg/at/red
Bereits vergangene Woche hat die europäischen Arzneimittelbehörde EMA die an die Omikromvariante des Coronavirus angepassten Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Mit gestern, 5. September, erfolgte auch die Zulassung durch die italienische Arzneimittelagentur AIFA. Nun kann die Auffrischungsdosis mit den neuen, bivalenten Impfstoffen Comirnaty und Spikevax auch in Italien erfolgen.
Die technische wissenschaftliche Kommission (Commissione Tecnico Scientifica - CTS) der AIFA hat auf ihrer gestrigen Sitzung grünes Licht für die Verwendung der bivalenten Impfstoffe Comirnaty und Spikevax der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna gegeben. Mit bivalent ist gemeint, dass die Impfstoffe sowohl gegen den ursprünglichen als auch gegen die verschiedenen Omikron-Subtypen wirken.
Zugelassen sind die Impfstoffe explizit als Auffrischungsdosen für alle Personen über zwölf Jahren. Für die Grundimmunisierung – sprich Erst- und Zweitimpfung – werden weiterhin die bisherigen Impfstoffe verwendet.
Die neuen Impfstoffe, so die Begründung der technisch-wissenschaftlichen Kommission der AIFA, hätten gezeigt, dass sie eine stärkere Antikörperreaktion auslösen als die ursprünglichen monovalenten Impfstoffe. Die im Zulassungsverfahren erhobenen Daten zeigen außerdem, dass die neuen Impfstoffe genauso sicher sind wie ursprünglichen.
Die Auffrischungsdosis mit den bivalenten Impfstoffen kann frühesten drei Monate nach Abschluss des ersten Impfzyklus oder einer bereits erhaltenen Auffrischungsdosis verabreicht werden.
Mit Blick auf die kommende kalte Jahreszeit wird die zweite Booster-Impfung allen Personen mit Risikofaktoren sowie allen Personen über 60 Jahre dringend empfohlen. Die Lieferung der neuen Impfstoffe wurde von Rom für Mitte September zugesagt. Bereits fest steht, dass die zweite Booster-Impfung nur nach einer entsprechenden Terminvereinbarung verabreicht wird. Einzelheiten zur Impfkampagne werden in den kommenden Tagen und Wochen noch bekanntgegeben.
(PAS)
Fünf Prozent der erwachsenen Bevölkerung krankt in der westlichen Welt in jedem Augenblick an Depressionen, das sind in Südtirol gut 20.000 Menschen, doppelt so viel Frauen wie Männer. In den Großstädten sind Depressionen noch häufiger: 10 Prozent ihrer Bewohner leiden daran. Allein schon dieser Umstand beweist, dass Depressionen auch mit der Leistungsgesellschaft zusammenhängen, mit dem hektischen Lebensrhythmus und den vielen sozialen Verpflichtungen, denen wir ausgesetzt sind. Darüber hinaus spielen erbliche Einflüsse und frühkindliche Erfahrungen bei ihrer Entstehung eine große Rolle.
Die Depression ist laut WHO die Volkskrankheit, die der Menschheit am meisten gesunde Lebensjahre raubt. Sie verschlingt in hoch entwickelten Ländern 1% des Bruttosozialproduktes. Laut Schätzungen der Weltbank und der WHO ist sie 2022 nach dem Überstehen der Coronakrise für Frauen die weltweit bedeutendste aller Erkrankungen, für Männer die zweitbedrohlichste nach Herzinfarkt und Hirnschlag. Sie kann jeden treffen, auch Prominenz schützt nicht vor Depression.
Wolfgang Amadeus Mozart, Abraham Lincoln, Winston Churchill und Prinzessin Diana litten daran. Ernest Hemingway, Adalbert Stifter, Marilyn Monroe, Heinrich von Kleist und Robin Williams verstarben daran. Tom Waits, Jean Claude van Damme und Sting können ein Lied davon singen. Und Cara Delevigne erklärte vor Jahren: “Ich war suizidal. Ich wollte, dass alle Moleküle meines Körpers sich auflösten.“
Ein Drittel aller depressiv Erkrankten sucht keine Hilfe. Nur die Hälfte aller depressiven Patienten wird von Ärzten als solche erkannt und richtig behandelt. 40 bis 70 Prozent aller Selbsttötungen sind laut internationalen Schätzungen auf die Erkrankung Depression zurückzuführen. In Südtirol sind laut einer Zehnjahresstudie 55 Prozent aller Suizidopfer depressiv gewesen. Wären alle Betroffenen korrekt diagnostiziert und rasch behandelt worden, hätte man die Suizidrate Südtirols wohl halbieren können.
Bei diesen Sachverhalten ist Handlungsbedarf gegeben: Aufklärung der Bevölkerung, Schulung der Fachleute, Stärkung der Selbsthilfe. Denn Depression ist eine häufige, ernst zu nehmende Erkrankung, die heute sehr gut behandelt werden kann.
Die drei wichtigsten Kennzeichen der Depression sind dauerhaft gedrückte Stimmung, der Verlust von Freuden und Interessen und ein kompletter Mangel an seelischer Energie. Betroffene haben manchmal nicht mehr die Kraft, Entscheidungen zu treffen, sich Hilfe zu holen oder zu klagen. Viele beschreiben sich als so leer, dass sie nicht einmal mehr weinen können. Andere sind innerlich unruhig, verspannt und voller körperlicher Symptome. Kopf- oder Rückenschmerzen, Druck auf der Brust, unerträgliches Kribbeln im Bauch, Schwindel und Schwäche bei allen Bewegungen sind die häufigsten körperlichen Merkmale einer Depression. Aber auch Mundtrockenheit, Sehstörungen und Haarausfall können auftreten.
Die Säulen der Behandlung stellen Psychotherapie, antidepressive Medikamente und Teilnahme an Selbsthilfegruppen dar. Psychotherapie ist Behandlung und Heilung durch das Wort, durch Gespräche, durch Übungen und das Erlangen neuer Einstellungen zu alten Problemen. Bis Psychotherapien wirken, können allerdings Monate vergehen. Medikamentöse Behandlungen mit Antidepressiva sind hilfreich, um innerhalb weniger Wochen die Energie und die Stimmung wieder zu normalisieren. Häufig wird beides kombiniert, um rasche Besserung und nachhaltige Veränderung zu erreichen. Aber auch Schlafentzug, Lichttherapie oder die Elektrokrampftherapie können in bestimmten Fällen zu besten Heilerfolgen führen.
Seit 17 Jahren wird in Europa der „Tag der Depression“ begangen. Er fällt auf den 1. Oktober und gewährleistet breit gefächerte Aufklärung über das Krankheitsbild und mögliche Hilfen. Zu diesem Zweck hat die „Europäische Allianz gegen Depression“ beschlossen, an den vier großen Krankenhäusern Südtirols einen Informationsstand Depression einzurichten. Den ganzen Tag über werden im Eingangsbereich die Broschüren „Depression - was tun?“ zum Mitnehmen aufliegen. Sie bieten einen verständlichen Überblick über die wichtigste psychische Krankheit des 21. Jahrhunderts.
Zusätzlich liegen so genannte „Notfallkärtchen“ auf, die telefonische Anlaufstellen für Menschen in Krise enthalten: Auf einer Seite die wichtigen Nummern für Erwachsene, auf der anderen Seite jene für Jugendliche. Das Projekt wird vom Südtiroler Gesundheitsbetrieb, vom Verband der Angehörigen „Ariadne“, von der Selbsthilfevereinigung psychisch Kranker „Lichtung/Girasole“ und von allen Rotariern Südtirols gemeinsam getragen. Rotary hat auch die Kosten für Broschüren und Kärtchen übernommen.
Seit mehr als 10 Jahren begeht die „European Depression Association“ zusätzlich den Nationalen Tag der Depression, der heuer auf Samstag, den 15. Oktober fällt. Auch bei dieser Gelegenheit werden dieselben Veranstalter dieselben Informationsstände im Inneren der vier großen Krankenhäuser betreiben, um die Bevölkerung möglichst umfassend zu informieren.
Als beste Anlaufstellen für depressiv Erkrankte gelten Hausärzte, Zentren Psychischer Gesundheit und Psychologische Dienste, aber auch privat praktizierende Psychiater, Psychotherapeuten und Lebensberater. In Notfällen, die mit schwerer Erkrankung oder Suizidgefahr verknüpft sind, soll man sich an die Notfallnummer 112 oder an die Ersten Hilfen der Krankenhäuser von Bozen, Meran, Brixen und Bruneck wenden. Dort besteht rund um die Uhr ein psychiatrischer Bereitschaftsdienst.
Ein Netzwerk der Beratung im Vorfeld besteht auch. Die „Telefonseelsorge“ der Caritas 0471 052052, „telefono amico“ 02 23272327 und „Young and direct“ 0471 1551551 stellen wertvolle Anlaufstellen und Gesprächspartner in seelischen Krisen dar. Selbsthilfegruppen für Betroffene werden von der Vereinigung „Lichtung/Girasole“, Tel. 0474 530266, im ganzen Land angeboten. Angehörigengruppen können beim Verein „Ariadne“, Tel 0471 260303, kontaktiert werden.
Roger Pycha im Namen der „European Alliance Against Depression“ des Südtiroler Gesundheitsbetriebes und aller Rotarier Südtirols
Partschins - In Partschins hat am 30. August eine Gemeinderatssitzung, von der Opposition gefordert, stattgefunden, die es in dieser Form wohl noch nie gegeben hat, auch südtirolweit nicht: 6 von der Neuen Bürgerliste gemeinsam mit den Freiheitlichen eingebrachte Anfragen und 2 Beschlussansträge von der Neuen Bürgerliste. Fazit: Am 17. September wird gemeinsam für die große Umfahrung von Rabland und Töll demonstriert. Protokoll eines Tagesordnungspunktes in einer außergewöhnlichen Sitzung.
von Erwin Bernhart
Er sei, so schickte es der Partschinser BM Luis Forcher um 19.00 Uhr nach dem Kirchenläuten im Ratssaal von Partschins voraus, mit dieser Sitzung nicht glücklich. Aber er werde das durchziehen. Er werde schon ein, so sagt er es wörtlich, Eiersack sein, schließlich koste die Sitzung einen Haufen Geld. Die Einberufung des Gemeinderates sei nach Artikel 43 Absatz 8 erfolgt.
Der besagte Absatz im Kodex der öffentlichen Körperschaften der autonomen Region Trentino-Südtirol lautet: „Sofern kein Ratsvorsitzender vorgesehen ist, beruft der Bürgermeister den Gemeinderat binnen 15 Tagen ein, wenn ein Fünftel der Ratsmitglieder dies verlangt. Die beantragten Punkte müssen in die Tagesordnung aufgenommen werden.“ Den Passus hat BM Forcher nicht wörtlich zitiert. Fest steht aber, dass die Gemeinderäte der Neuen Bürgerliste Partschins Rabland Töll und die Gemeinderäte der Freiheitlichen die Gemeinderatssitzung beantragt hatten. Mit Jutta Pedri, Monika Pföstl, Benjamin Schupfer, Johannes Tappeiner und Max Sparber von der neuen Bürgerliste und mit Sabine Zoderer und Christian Leiter von den Freiheitlichen sind das 7 Räte von 18.
Auf der Tagesordnung stehen 6 Anfragen, die von der Neuen Bürgerliste und von den Freiheitlichen gemeinsam eingereicht worden sind.
Und los geht’s. Auf die flapsige Bemerkung des BM, dass die Sitzung einen Haufen Geld koste, gibt Sabine Zoderer zu Protokoll, dass sie auf das Sitzungsgeld verzichten werde, „wenn es denn nur ums Geld gehen sollte.“ Die Gemeinderät:innen der Bürgerliste schließen sich dem an.
„Umfahrung SS38 - Grundsatzentscheidung (kleine oder große Umfahrung) - Anfrage...“ Jutta Pedri nimmt als eine der Anfragenden Stellung: Der Verkehr brenne unter den Nägeln. Es gehe um das Gefühl, dass man zu wenig Druck mache. „Die in Bozen schieben das auf die lange Bank, auch mit der Aussage ‚ihr seids euch nicht einig‘.“ Es müsse nun endlich rüberkommen, dass ein geteiltes Rabland nicht gehe. Unter dem vormaligen BM Albert habe es eine Demonstration in Rabland gegeben. „Wir wollen das wiederholen. Wir sollten uns als geeinte Gruppe zeigen.“
„Alfreider hat nichts getan“, sagt dann Sabine Zoderer. Denn ein Ideenwettbewerb sei noch gar nicht ausgeschrieben. Dies habe die Antwort auf eine Anfrage (sh. Seite 5) der Freiheitlichen im Landtag ergeben. Eine Demonstration sei ein Zeichen, „dass wir uns das nicht länger gefallen lassen“.
„Aber nicht während des Apfelklaubens“, sagt BM Luis Forcher allen Ernstes. „Ansonsten bin ich bereit mitzutun.“ Die große Umfahrung sei ein Projekt der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, der Gemeinden Algund, Marling und Partschins, sagt Forcher.
Die werde man zur Demonsatration selbstverständlich einladen, sagt Jutta Pedri.
Es gehe um ein einheitliches Auftreten, sagt Benjamin Schupfer von der Neuen Bürgerliste. Das Nadelöhr an der Töll sei nicht tragbar. „Wir wollen nicht anecken, aber wir wollen aufzeigen“, sagt Schupfer und weist auch auf den Stillstand beim Zug hin.
VizeBM Walter Laimer regt einen Termin Mitte Oktober an. Also nach der Klauberei.
Ob Klauben wichtiger sei, fragt Johannes Tappeiner von der Neuen Bürgerliste. Man habe den 17. September vereinbart - damit die Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt werde. Zwei Stunden würden reichen. Die Meldungen beim Regierungskommissariat werde man vornehmen und die Gemeinderäte der umliegenden Gemeinden einladen. Aber dazu müsse man eben auch wissen, wer von den Partschinser Gemeinderäten dabei sein wird.
Die Gemeindereferentin Jasmin Ramoser sagt, dass „wir als SVP“ die Themen beim Landesrat angesprochen hätten, man sei im Gespräch. Aber Ramoser sagt auch: „Klar ist, dass die Situation nicht tragbar ist.“ Man könne allerdings nur von einer großen Umfahrung reden.
Eine Demo bringe Aufmerksamkeit, sagt Regina Österreicher. Beim letzten Mal seien Eltern mit Kindern mehrmals über die drei Zebrastreifen in Rabland gegangen, die Autofahrer waren unfreundlich und es sei nicht ungefährlich gewesen. „Ich hatte danach gehofft, dass es mit der Umfahrung schneller gehen würde, aber ich bin enttäuscht worden.“ Sie hoffe, dass es diesmal mehr bringe.
„Wenn die Sache gut aufgebaut ist, bin ich dabei“, klinkte sich der Referent Ulli Schweitzer ein. Er erklärt sich bereit, den Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt Luis Kröll zur Demo-Teilnahme zu bewegen. „Klar muss sein, dass nur für die große Umfahrung zu reden sein wird.“ Man solle da nichts mischen. Sonst verfehle man den Zweck.
Ob es denn nicht über alle Verkehrskonzepte gehen solle, wirft Benjamin Schupfer ein. Es lägen Projekte auf, hinter denen wir stehen, entgegnet Schweitzer. Die Zuständigkeiten beim Zug etwa seien andere. „Es geht da nix weiter und es geht auf der anderen Seite nix weiter“, sagt Jutta Pedri, so gehe es nicht weiter und sie lenkt die Aufmerksamkeit auf das Datum des 17. September. Das sei ein Samstag und da stehe eh alles. Die Leute seien stuff und eine Woche vor den Parlamentswahlen würde sich das Datum gut eignen. Er würde schon alle Verkehrsproblematiken miteinschließen wollen, sagt Max Sparber. „Ich gebe zu“, sagt BM Forcher, „dass der Verkehr nicht mehr zumutbar ist.“ Der Kreisverkehr auf der Töll und die Radlösung aber seien der Gemeinde wichtig.
Sabine Zoderer sagt: „Eine Umfahrung erst 2040, das darf nicht passieren. Da krieg ich alle Zustände. Ich will die Umfahrung noch erleben. Alle sollen die E... raustun.“
Monika Pföstl sagt, dass alle Maßnahmen, die Rabland entlasten, rasch verwirklicht werden sollen, bei der Bushaltestelle angefangen. Dem stimmte Max Sparber zu, denn wenn ein Baubeginn für die große Umfahrung erst in 10 Jahren erfolgen könnte, seien „alle Kleinigkeiten“ wie Gehsteig und Bushaltestelle in Rabland wichtig. Das sei greifbarer. Man könne ja ein Plakat in diese Richtung nach der Demo hängen lassen.
Man habe dem Landesrat signalisiert, dass der Kreisverkehr und anderes wichtig seien, aber eine große Umfahrung nicht ausschließen, sagt BM Forcher: „Wir ersticken im Verkehr und das ist für Rabland nicht mehr zumutbar.“
Sabine Zoderer sagt, dass „wir Rablander im Verkehr ersticken“ und nicht jene, die auf der Forst wohnen. Der Succus müsse die große Umfahrung sein. Ansonsten müssen wir alle ins Büro von Alfreider gehen. „Da können wir auch alle miteinander hinunterpilgern, das ist mir gleich“, sagt Luis Forcher.
Ulli Schweitzer fordert ein „Drehbuch“ für die Demonstration - „Was tun wir? Was soll da passieren?“ Jutta Pedri versichert, dass „wir nicht die Clowns spielen werden, sondern dass es eine Art Revival der vergangenen Demo geben werde. Mit Referent Hartmann Nischler sei das abgesprochen, er stehe dahinter. Nischler konnte bei der Ratssitzung nicht dabei sein.
Pedri fragt direkt: „Wer ist am 17. mit dabei?“ Ulli, Tobias, Adi... „Wenn es mir ausgeht, bin ich dabei“, sagt VizeBM Laimer. Beim Klauben wisse er von vornherein nicht, wo er an diesem Tag umgehen werde. Walter Moser sagt: „Wenn da effektiv nichts getan worden ist, bin ich dabei. Sonst finde ich es nicht richtig.“ Er sei dafür, aber es sei ihm noch zu früh, sagt Christian Oberperfler.
„Was mir wichtig ist und was ich deponieren will, es muss ein Gemeinschaftsding sein“, sagt BM Forcher und meint damit die Demonstration. Christian Leiter muss den Termin absagen, weil er urlaubsbedingt abwesend sein werde.
Was ist denn nun die Zielsetzung, fragt Monika Pföstl nach. Das Hauptthema sei, so fasst es Pedri zusammen, die große Umfahrung. Man müsse nun Einigkeit zeigen. „Wir müssen alle 18 zu dem stehen und wer Zeit hat, geht zur Demo und setzt sich dafür ein, Punkt aus“, ruft Pedri auf.
Es geht darum aufzuzeigen, dass schneller etwas zu tun sei, sagt Benjamin Schupfer. Man müsse anstoßen. Politik funktioniere nur, wenn ein Thema öffentlichkeitswirksam kommuniziert werde.
Jasmin Ramoser ruft dazu auf, dass die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt mit hineinzunehmen sei, die anderen Gemeinden auch, auch Naturns, damit wir als große Gruppe, nicht nur die Gemeinde Partschins, damit die Wirkung... „Entschuldigung“, bringt sich BM Forcher ein, „man kann ohne weiters die Bezirksgemeinschaft Vinschgau mithineinholen, denn die leiden am meisten unter dem Verkehr.“ „Je mehr, desto besser“, sagt Pedri.
Man solle doch das Drehbuch zugeschickt bekommen, sagt Tobias Nischler, denn es seien sich da offensichtlich auch die Einbringer nicht ganz einig, um was es gehen solle.
Das machen wir, sagen Pedri und Tappeiner.
Nun steht fest: Am 17. September wird in Rabland demonstriert - für die große Umfahrung von Rabland Töll und vor allem für eine Beschleunigung der Verfahren, die zu einer Verwirklichung und zu einem Baubeginn führen sollen. Die Fortführung der Politik ist im Partschinser Gemeinderat eine Demonstration.
Vom Wind gefunden - Im Jahre 1949 schrieb die Psychologin Else Frenkel-Brunswik in einem Fachaufsatz über ein Persönlichkeitsmerkmal, das sie Ambiguitätstoleranz nannte. Die Welt und wir Menschen sind nicht einfach gut oder böse, schwarz oder weiß. Alles ist vielschichtig, komplex und oft auch widersprüchlich. Die Fähigkeit, in einer globalisierten und multikulturellen Welt zu lernen mit Mehrdeutigkeiten zu leben, Ungewissheiten und Widersprüchlichkeiten zu ertragen, Spannungen und Veränderungen auszuhalten, damit ist die Ambiguitätstoleranz gemeint. Es ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das man lernen kann, das aber besonders heute hoch aktuell ist. Menschen suchen nach Sicherheiten und Klarheiten. Aber in einer Welt, die sich schnell verändert, wo verschiedene Kulturen, Sprachgruppen und Religionsgemeinschaften zusammenleben, Menschen ihre Heimat verlieren und entwurzelt werden, ist das Aushalten von Ungewissheiten und Unsicherheiten nicht einfach. Deshalb haben religiöse und politische Fundamentalisten und Populisten großen Zulauf. Sie geben eindeutige und einfache Antworten auf komplexe Fragen. Dieses „Schwarz-Weiß-Denken“ ist nach Frenkel-Brunswik ein Extrem der Ambiguitätsintoleranz. Auch in privaten Beziehungen hängt vieles davon ab, wie viel Gespür für Mehrdeutigkeiten die Partner aufbringen. Man muss negative Gefühle und Unsicherheiten aushalten, die Sichtweise des anderen verstehen und Kompromisse schließen. Doch schrankenlose Ambiguität geht nicht, genauso wie grenzenlose Toleranz nicht möglich ist. (hzg)
Schlanders - Am morgigen Freitag sind die Bürgere:innen von Schlanders in den Kapuzinergarten geladen. Es gehe um einen partizipativen Prozess über die Nutzung des von der Gemeinde angekauften Kapuzinerareals, im Besonderen über die Nutzung des Kapuzinerangers. Ob denn eine Tiefgarage in Betracht gezogen werde, wollte der Vinschgerwind vom Schlanderser BM Dieter Pinggera (Bild) wissen. Eine Tiefgarage sei nicht geplant. Eine Gruppe von Fachleuten, vom Gemeindeausschuss beauftragt, habe, so Pinggera, ein Grobkonzept erstellt und auch dies soll mit den Bürger:innen diskutiert werden. Es handle sich um eine Art Rückführung der derzeit intensiv genutzten und verpachteten Obstanlage im Kapuzineranger in eine mit traditionellen Obstsorten bestückte Streuobstanlage. Pinggera sagt, dass es Wünsche und Bestrebungen aus Wirtschaftskreisen gebe, unter dem Anger eine Tiefgarage errichten zu wollen. „Aber wir haben gute und bessere Argumente gegen eine Tiefgarage“, sagt Pinggera selbstbewusst. (eb)
Partschins/Bozen - Eine im Juni 2022 eingereichte Landtagsanfrage des Freiheitlichen Andreas Leiter Reber und vor allem die Beantwortung der Fragen im Juli 2022 ergibt ein Bild davon, was an der möglichen und viel diskutierten großen Umfahrung von Rabland-Töll von Seiten des zuständigen Landesrates Daniel Alfreider getan worden ist. Nämlich so gut wie nichts. Leiter Reber schickt in der Anfrage folgendes voraus: „Entscheidend für eine nachhaltige Lösung der Verkehrsproblematik im Vinschgau liegt in der Entschärfung des Nadelöhrs im Bereich Töll/Rabland. Seit Jahrzehnten verspricht die Landesregierung den Menschen im Vinschgau und in den Anrainergemeinden sie mit einem Tunnel- und Umfahrungsprojekt zu entlasten.“
Wir veröffentlichen die Fragen und die Antworten von LR Daniel Alfreider (bearbeitet von Augustin Hueber) vollinhaltlich, auch weil die Informationen Auslöser für größere Proteste sein können:
„1. Wie viele Planungs- und Projektierungsaufträge hat das Land Südtirol seit dem 01.01.2010 vergeben? Wer hat die Projekte erstellt, wie hoch waren die Kosten und warum wurden diese Projekte bisher nicht umgesetzt?
Das Land Südtirol hat bzgl. der angedachten Umfahrungslösung Forst-Töll-Rabland seit dem 01.01.2010 keine Planungs- und Projektierungsaufträge vergeben. Lediglich bezogen auf die Ortsumfahrung von Rabland wurden im Auftrag der Landesverwaltung verschiedene Varianten untersucht und bewertet, jedoch keine Projekte ausgearbeitet.
2. In welchem Jahr kann die Gemeinde Partschins seitens der Landesregierung mit einer Umfahrung und/oder Untertunnelung des betroffenen Streckenabschnitts der SS38 in den Bereichen Töll und Rabland rechnen??
Bei Projekten dieser Größenordnung kann man nicht von dem Zeitpunkt der Fertigstellung sprechen, solange man sich noch im Bereich der Machbarkeitsstudien befindet. Dazwischen liegen zu viele technische und Verwaltungsschritte, die man nicht exakt planen kann, zudem kann es unvorhergesehene Einflüsse geben.
3. Trifft es zu, dass der Landesregierung bereits zwei Projekte vorliegen, aber sie erneut einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben hat? Aus welchem Grund?
Der Landesverwaltung wurde am 12.03.2021 von Seiten der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt eine Machbarkeitsstudie übermittelt.
Die Durchführung eines Ideenwettbewerbes ist angedacht, die Ausschreibung ist noch nicht erfolgt. Die Durchführung eines Ideenwettbewerbes dient, um die möglichen Lösungen aufzuzeigen und hinsichtlich der Kriterien Wirksamkeit, Kosten und Nutzen zu bewerten.
4. Wieviel Geld hat die Landesregierung für die umfangreiche Verkehrslösung „Töll/Rabland“ im Landeshaushalt reserviert?
Im aktuellen Dreijahresprogramm der Abteilung Tiefbau sind derzeit keine Gelder für eine Umfahrungslösung Forst-Töll-Rabland vorgesehen. Unabhängig davon können Studien und Analysen jederzeit in Auftrag gegeben werden.“
(r/eb)
Töll/Bozen - Der Direktor der Südtiroler Transportstrukturen AG (STA) Joachim Dejaco und sein Team waren in der Vergangenheit alles andere als untätig: Man hat sich aus dem Vertrag mit der sich im Ausgleich befindenden Firma Emaprice herauslösen können. Intensive Verhandlungen sind am Laufen.
von Erwin Bernhart
Der Stillstand auf den Zugbaustellen in den Tunnels auf der Töll und in Marling könnten ein Ende finden. STA-Direktor Joachim Dejaco vermeldet auf Anfrage des Vinschgerwind, dass man sich im Juli aus dem Vertrag mit der Baufirma Emaprice herauslösen hat können. Man habe einen „kleinen“ Fehler im Ausgleichsverfahren ausfindig machen und nutzen können. Emaprice, die auch den Tunnel in Kastelbell bauen hätte sollen und dort regelrecht stecken geblieben ist, hat um Ausgleich (concordato) angesucht. „Wir sind nun vertraglich entbunden“, sagt Dejaco. Emaprice habe zwar dagegen Klage eingereicht, aber öffentliches Interesse hat Vorrang und man werde sehen. Nun sei man in intensiven Verhandlungen mit der für die Bahn-Tunnelprojekte zweitgereihten Firma FIS aus Brescia. FIS habe, so Dejaco, Bereitschaft signalisiert. Man sei dabei, alle technischen Varianten mit der FIS durchzusprechen. Wenn es gelänge, die FIS zur Fortsetzung der Arbeiten in den Zugtunnels zu gewinnen, wäre das ein erfreulicher Meilenstein. Denn intensive Verhandlungen mit einem möglichen positiven Ergebnis seien auf jeden Fall besser als eine Ausschreibung mit offenem Ausgang machen zu müssen. FIS sei gut aufgestellt, sagt Dejaco.
Die gute Nachricht ist: In den kommenden Tagen werden die Arbeiten für die Elektrifizierung der Vinschgerbahn unterschrieben werden. Für die Oberleitungen wird die Bietergemeinschaft GCF Generale Costruzioni Ferroviarie/Ineo Ferroviaire für den Betrag von gut 26 Millionen Euro zum Zuge kommen. Die italienisch/französische Bietergemeinschaft werde dann die Planungen in Angriff nehmen, welche noch von einer Art TÜV-Prüfstelle zu genehmigen sein wird. Im Frühjahr könnten die ersten Masten für dei Oberleitungen stehen. Dejaco und seine Mannschaft sind froh, ein solides diesbezügliches Angebot erhalten zu haben, was angesichts von volatilen Preisen gar nicht so selbstverständlich sei.
Die bessere Nachricht: Letzte Woche wurde der Vertrag für die Vergabe des neuen Signalsystems unterschrieben. Für knapp 12 Millionen Euro wird die Bietergemeinschaft Progress Rail Signaling/CETIP das neue Signalsystem entlang der Vinschgerbahnstrecke realisieren. Und man baut schon: Das Strom-Unterwerk in Algund wurde vorgezogen und wird derzeit von Firma Marx umgesetzt. „Es wird wieder langsam besser“, bleibt Joachim Dejaco im Understatement.