Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 

s25 095225Vinschgau - Im oberen Vinschgau wurde heuer seit Jahrzehnten zum ersten Mal wieder Hanf angebaut. Bis in die vierziger Jahre war der Hanf eine weit verbreitete Nutzpflanze, vor allem in Mitteleuropa. Hanf – lateinisch Cannabis – ist eine der ältesten Kultur- und Nutzpflanzen der Menschheit. Nach dem 2. Weltkrieg geriet der Hanf jedoch in Verruf. Ausgehend von den USA wurde Hanf global wegen seiner Rauschwirkung verboten. Heute weiß man, dass es dabei vor allem darum ging, die vielseitig und einzigartige Nutzbarkeit der Hanffaser zuerst durch die Baumwolle, dann durch petrochemisch erzeugte Kunstfasern zu ersetzen. Ein weiterer Grund war das enorme Potential des Hanfes zur Herstellung von Medikamenten. Diese wurden ebenfalls Anfang des vergangenen Jahrhunderts durch petrochemisch erzeugte Medikamente verdrängt. Noch im 19. Jahrhundert wurden ca. 70% der in den US- Apotheken verkauften Arzneien aus Cannabisextrakten gewonnen, oder beinhalteten dieselben. In Europa wurde seit den 50er Jahren kaum noch Hanf angebaut, seit den 90er Jahren erlebt der Hanf jedoch eine Renaissance. Die Hanffaser ist eine der stabilsten in der Natur vorkommenden Fasern und ist der Baumwollfaser in vielerlei Hinsicht überlegen. Hanfsamen und das daraus gewonnene Hanfsamenöl enthalten hohe Konzentrationen an Omega 3-, 6- und 9- Fettsäuren, in einem für den Menschen idealen Verhältnis. Die Nutzbarkeit des Hanfes ist bei genauer Recherche schier unendlich und die Produktion hinkt vor allem in Europa der Nachfrage weit hinterher. Schon in der Steinzeit wurde in unseren Breiten Hanf genutzt, Ötzi trug einen Behälter mit Hanfsamen mit sich herum. Seit 2 Jahren wird nun auch in Südtirol wieder Hanf angebaut. Ausgehend von dem Pustertaler Pionierunternehmen Ecopassion. Heuer wurden in Südtirol ca. 10 Hektar Hanf angebaut, ca. die Hälfte davon im Vinschgau. Nächstes Jahr sollen es einige Hektar mehr werden. Der Hanfanbau benötigt weder Dünger noch Pestizide. s25 123339Durch seinen schnellen Wuchs verdrängt der Hanf jegliches Unkraut. Hanf wird je nach Höhenlage zwischen April und Juni ausgesät und ab September bis Anfang Oktober geerntet. Der im Südtirol geerntete Hanf findet verschiedene Verwendungszwecke, Samen werden zu Speiseöl gepresst, aus Blüten wird wohlschmeckendes Hanfbier gebraut und aus den Fasern werden nach der sogenannten „Feldröste“ Textilien, Baumaterialien und Dämmstoffe hergestellt, um nur einige davon zu nennen. Noch steckt der Hanfanbau in Südtirol in den Kinderschuhen, den Landwirten fehlt noch die Erfahrung mit dieser Nutzpflanze. Die Vermarktung sowie Vernetzung zwischen Landwirten und potentiellen Abnehmern befindet sich noch in der Aufbauphase. Heuer wurde von einigen Vinschger Bauern wahre Pionierarbeit geleistet. Man munkelt, dass vor allem im oberen Vinschgau der Hanfanbau eine nachhaltige, chemiefreie Alternative zur vorherrschenden Monokultur werden könnte.
Bruno Telser

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Publiziert in Ausgabe 22/2014

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