Aus dem Gerichtssaal - Diese sprichwörtliche Redensart kannten schon die alten Römer: „Aliquid semper haeret.“ Wenn du verleumdet und in deiner Ehre verletzt wirst, kannst du dich noch so rein waschen, ein Restverdacht bleibt übrig. Der griechische Philosoph Plutarch verglich daher die Verleumdung mit einer Bisswunde, von der immer eine Narbe zurückbleibt.
Anlass für diese Gedanken bildete die Nachricht in der Presse, dass im Dopingverfahren gegen Alex Schwazer nun auch gegen den Meraner Primar Dr. Christian Thuile ermittelt wird. Nun ist allein der Umstand, dass von den eben erst eingeleiteten Erhebungen schon in den Medien berichtet wird, eine Ungeheuerlichkeit, unterliegen doch solche delikaten Verfahrenshandlungen der absoluten Geheimhaltung. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass über gezielt ausgestreute Indiskretionen Beschuldigte aus der Zeitung erfahren müssen, dass der Staatsanwalt gegen sie vorgeht. Das Problem dabei ist, dass Pressemitteilungen über strafrechtliche Voruntersuchungen Menschen zugrunde richten können. Denn für den Mann von der Straße spricht der Staatsanwalt mit der Autorität des Staates. Heribert Prantl schreibt in der „Süddeutschen“ im Zusammenhang mit dem Verhalten mancher Staatsanwälte gegenüber Prominenten von „krankhafter Verfolgungssucht“, in seiner schlimmeren Form gar von „Verfolgungsgeilheit“. Für das Gesetz gilt der Beschuldigte zwar bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig, allerdings nur für das Gesetz. Denn für die Öffentlichkeit ist der Verdacht des Staatsanwalts schon Beweis, für sie ist damit das Urteil schon vorweggenommen. Im Mittelalter gab es zwar den Pranger, aber damals kamen die Leute wenigstens erst nach der Verurteilung an den Schandpfahl. Heute brauchen wir kein Urteil mehr, es reicht eine Nachricht in der Presse. Über die verheerende Wirkung von sensationslüsternen Zeitungsberichten zeugt ein Fall aus unserer näheren Umgebung, der vor ungefähr 7 Jahren für großes Aufsehen sorgte. Die am zweitmeisten gelesene deutsche Tageszeitung wusste von einer Kellnerin in einem öffentlichen Lokal zu berichten, in dem es zu regem Verkehr gekommen sein sollte. Im Artikel wurde zwar kein Namen genannt, doch waren die Hinweise so eindeutig, dass die „Lokalisierung“ der Betroffenen für „Ortskundige“ kein Problem darstellte. Diese verklagte die Zeitung, den Herausgeber und den Verfasser des Berichts, welche nun vom Obersten Gerichtshof in Rom wegen Rufschädigung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte rechtskräftig zu Schadenersatz in Höhe von 60.000 Euro plus Prozesskosten verurteilt wurden. Davon stand dann allerdings nichts mehr in der Zeitung! Doch auch in diesem Falle kann die ohnehin späte Genugtuung die verletzte Ehre nicht wiedergutmachen, denn „etwas bleibt immer hängen“!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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