Matsch/Muntatschinig
Sent im Unterengadin kann eine über Jahrhunderte währende grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Alpnutzung vorweisen. Deshalb wurde die Alp Pra St. Flurin an der Unterengadiner Sonnenseite zum Ziel des heurigen länderübergreifenden Treffens mit Schwerpunkt Alpwirtschaft in der „Terra Raetica“ ausgesucht. Seit über 400 Jahren gibt es einen Vertrag zwischen den Gemeinden Sent und Mals über die Sommerweidenutzung in Rasass/Uina und eine weitere jahrhundertelange Zusammenarbeit von Sent mit der Gemeinde Ischgl im Paznauntal in der gemeinsamen Alpnutzung. Die Alp Pra St. Flurin ist eine Milchkuhalp mit zweiundsiebzig Kühen und Milchverarbeitung vor Ort auf 2.000 Meeresmetern. Sie wird seit über einem Jahrzehnt von einer Älpler Familie aus dem Passeiertal bewirtschaftet. In unmittelbarer Nähe befindet sich eine Schafalp, welche zu den größten Schafalpen des Kantons Graubünden gehört. Dort werden knapp 1700 Schafe aufgetrieben und von einem langjährigen Hirten aus Nauders mit drei Hunden betreut. Weitere interessante Einzelheiten erfuhren die sechzig Teilnehmer aus den Ländern Südtirol, Nordtirol und Graubünden bei der Vorstellung der Alpwirtschaft in Graubünden, der Viehvermittlung und der Transportorganisation auf die Alp sowie einen agrarpolitischen Ausblick mit recht positiven Vorzeichen aus Schweizer Sicht. Für Fachgespräche und Austausch gab es reichlich Gelegenheit. Anwesend waren neben den vielen Alpverantwortlichen der Grenzregion die Gemeindepräsidenten von Sent und Scuol, die drei Verantwortlichen der Regionalstellen im INTERREG-Rat-“Terra Raetica“ Andrea Gilli (CH), Gerald Jochum (A) und Friedl Sapelza (I). Zudem der neue Bereichsleiter der Fachstelle Alpwirtschaft für den Kanton Graubünden Curdin Foppa, aus Nordtirol der Bezirksstellenleiter der Landwirtschaftskammer Landeck Andrä Neururer und auf Südtiroler Seite der Direktor des Vinschger Bezirksamtes für Landwirtschaft Markus Joos und der Almberater des Südtiroler Sennereiverbandes Bertram Stecher.
Dass sich der regelmäßige Austausch über die Grenzen hinaus lohnt, wurde anhand der Entwicklung des Dorfes Sent aufgezeigt. Nach einem starken Bevölkerungsrückgang ist wieder ein leichter Bevölkerungszuwachs seit den 60er Jahren zu verzeichnen. Dabei setzt man neben der Stärkung der Landwirtschaftsbetriebe auf sanften Tourismus im Einklang mit den kulturellen und landschaftlichen Besonderheiten vor Ort. Profitiert hat Sent auch von den „Randulins“ - Emigranten, die im Ausland, hauptsächlich Italien, Erfahrung sammelten und Geld verdienten und die südländische Architektur in Sent beeinflussten. In diesem Sinne wurde dieses Treffen mit Mitteln aus dem INTERREG-Kleinprojekte-Fonds unterstützt und stellt einen weiteren Schritt zur Intensivierung der Zusammenarbeit innerhalb der „Terra Raetica“ im Bereich Berglandwirtschaft dar. (lu)