Messner verzichtet bei dieser Erzählung auf große Multivisionen, er verlässt sich auf seine Emotionen, auf seine Ausführungen - er kann sich in die Rivalen hineinversetzen. Messner bringt so eine dichte, spannungsgeladene Geschichte. Die Erstbesteigung des Matterhorns sei, so Messner, erstmals in der Alpingeschichte, ein Wettlauf von Nationen gewesen. Mit Carrel auf dem Gipfel wollte der frisch gegründete Club Alpino Italiano CAI ein Zeichen des Erfolges, ein nationales Zeichen auch, setzen. Dies misslang. Geblieben von der Erstbesteigung des als damals für „unmöglich“ gehaltene Matterhorns ist vor allem die Tragödie. Vier Bergsteiger, darunter mit Michel Croz einer der erfahrensten Bergführer und mit Lord Francis Douglas einen jungen englischen Aristokraten, stürzten beim Abstieg in den Tod. Whymper, der Erstbesteiger, spielte im Nachhinein eine unrühmliche Rolle, denn er beschuldigte und belastete die beiden mit ihm überlebenden Bergführer aus Zermatt, Vater und Sohn Taugwalder.
Messner räumt auch mit Mythen auf: Es sei unmöglich, dass das Seil mit einem Messer oder mit einem Pickel durchtrennt worden ist. Das Seil ist in der Luft zerrissen. Auch entspreche mindestens eine Szene in Luis Trenkers Film „Der Berg ruft“ nicht den Tatsachen. Carell (gepeilt von Luis Trenker) sei, so Messner, bereits mit seiner Gruppe beim Absteigen gewesen, als er Whymper auf dem Gipfel entdeckt habe.
Messner schöpft aus dem Vollen. Sein Buch „Absturz des Himmels“ (S. Fischer-Verlag), in dem er die Geschichte rund um die Erstbesteigung des Matterhorns und die Schicksale von Whymper, jene der Taugwalders und jenes von Carell minutiös beschreibt, wird seit Wochen in der SPIEGEL-Bestesellerliste geführt.
Unter den Zuhörern war als herausragendste Prominenz die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch Werner Netzer, der Besitzer unter anderem der Suldner Bergbahnen, ließ sich Reinhold Messner live nicht entgehen. (eb)
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