Dienstag, 09 Juni 2015 00:00

„Wenn man jung isch, isch uan nicht zaviel“,

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s17 5882„Wenn man jung isch, isch uan nicht zaviel“, sagt Rosa Tanzer Witwe Mair rückblickend auf ihr arbeitsreiches und bescheidenes Leben als Dienstmagd, Haushälterin und Pflegerin. Weiters betonte sie, dass sie ihr Leben lang Freude am Kochen hatte. So kamen ihr die Stellen als Widumhäuserin wohl sehr gelegen. Sie nahm das Leben immer von der heiteren Seite, und ihr Lachen und ihr Humor mögen sicher dazu beigetragen haben, ihre Gesundheit so zu erhalten und manchen Unbilden des Lebens gelassen zu begegnen.

Von Maria Gerstgrasser

Rosa Tanzer wurde als achtes Kind in einer vielköpfigen Geschwisterreihe im Dorfzentrum von Plaus geboren.

Die Schulpflicht erfüllte sie in der neuen einklassigen Dorfschule, die seit 1921 bezugsfertig war und im letzten Unterrichtsjahr in deutscher Muttersprache 72 Kinder zählte. Ein Jahr vor ihrem Schuleintritt wurde der Unterricht in italienischer Sprache eingeführt. Rosa war eine gute Schülerin und fand auch lobende Worte über die italienischen Lehrpersonen. Die Quästur von Bozen verlieh ihr wegen des Fleißes und der guten Lernerfolge eine Auszeichnung, die sie in Meran entgegennehmen konnte. Die Fahrt dorthin war für die Elfjährige abenteuerlich und aufregend und wegen der schlechten Fahrgelegenheiten mit Tram und Fußmarsch verbunden. Während der Schulzeit musste sie auch oft das Kind der Lehrerin betreuen. Ein weiterführendes Studium war damals den meisten Mädchen versagt. Die Berufspalette war also klein, doch Rosa wusste, was sie wollte und fand eine Kochlehrstelle im Jesuheim. Der große Kupferkessel, in dem sie Polenta gerührt hatte, ist ihr immer noch im Gedächtnis. Zum Apfelpflücken musste sie nach Hause kommen, und so pendelten sie und ihre Geschwister zwischen Mithilfe am elterlichen Hof und fremden Diensten abwechslungsweise hin und her. Ein schriftliches Angebot bewog sie, in Schluderns eine neue Arbeitsstelle anzunehmen. Am Bahnhof von Plaus traf sie die Chefin. Sie haben sich auf Anhieb verstanden und dort die Bedingungen vereinbart. Mit dem Zug oben angekommen, wurde ihr Koffer auf einem „Ziachwagele“ transportiert, und ein solches war auch für sie dann ein willkommenes Behelfsmittel um das Gras von den Böschungen zu holen. Ihr oblagen außerdem alle Hausarbeiten, während die Eigentümer im Untergeschoss eine neue Gemischtwarenhandlung führten.
In jene Zeit fallen auch die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. Da kamen einmal zwei Soldaten ins Haus und fragten um Arbeit und Unterkunft. Auf Wunsch des Besitzers mussten sie am Hang ein großes, tiefes Loch graben, das als Schutz bei Fliegeralarm dienen sollte. Um sich darin eiligst verstecken zu können, nahm jeder seinen Rucksack, der griffbereit hinter der Haustüre hängen musste. Rosa nahm auch an der Diözesanwallfahrt nach Laas teil, bei der inbrünstig um ein baldiges  Kriegsende gebetet wurde.
Dann übernahm sie in Schluderns die Stelle als Widumhäuserin, die wiederum erweiterte Anforderungen mit sich brachte, aber auch ihrer Frömmigkeit gerecht wurde. Der Umgang mit der Geistlichkeit und den Pfarrkindern war ihr bald vertraut. Ihre Kochkünste konnten sich weiter entfalten, besonders dann, wenn mehrere „Herren“ bei Visiten oder Aushilfen zugegen waren. Sie hat auch weiterhin keine körperliche Arbeit gescheut und war selbst sehr bescheiden geblieben. Auch Momente des Schreckens blieben ihr weiterhin nicht erspart. So fand sie den Pfarrer einen Tag nach Christi Himmelfahrt wie leblos in seinem Büro. Er hatte einen Schlaganfall erlitten und eiligst rief Rosa den Frühmesser, der unterhalb der Churburg wohnte, um Hilfe. Der Pfarrer wurde nach Martinsbrunn gebracht und erlag dort einem zweiten Schlaganfall. Rosa war dabei, als er starb, und die Ärzte sagten, dass er noch auf sie gewartet hätte. Auch in Aldein war sie dann als Pfarrköchin tätig.
Auf Beschluss des Familienrates erklärte Rosa sich bereit zum Törggelehof nach Naturns zu kommen, um die Base zu pflegen und die kleine Landwirtschaft weiterzuführen. Dieser Entschluss brachte eine entscheidende Wendung in ihrem Leben. Ein gutgemeinter Ratschlag lautete: „Wersch miaßn heiratn, alluan konnsch du do nicht tian.“ Am 11. Februar 1958, dem Jahrtag der Erscheinung Mariens in Lourdes, besuchte sie den Gottesdienst in Naturns und wurde auf Sepp Mair vom Hörplatzhof aufmerksam gemacht, der zu jener Zeit Mesner und Knecht im Widum von Naturns war. Ihm oblagen auch die Arbeiten im Stall und die Versorgung der Tiere. Sie wagten es, nach so kurzer Bekanntschaft am 31.Mai zu heiraten. Durch soviele Gemeinsamkeiten gab es wohl kaum Zweifel am Gelingen dieser Ehe, und Rosa bekam relativ spät zwei Söhne und zwei Töchter, die zu tüchtigen Menschen erzogen wurden. Acht Enkelkinder erfreuen nun das Dasein  der alten Tage.
Während ihr Mann weiterhin die Gründe des Pfarrers am Friedhof bepflanzte und pflegte, war Rosa immer wieder bereit bei kirchlichen Veranstaltungen auszuhelfen, wo sie nur konnte. Ihre Krapfen und Strauben, die bei Pfarrfesten angeboten wurden, fanden reißenden Absatz. So lebten beide Ehepartner in Frömmigkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe. Rosa liebt Geselligkeit und Frohsinn und ließ auch kaum ein Seniorentreffen aus. Sie erfreut sich am Kartenspiel, und an festgesetzten Wochentagen treffen sich Spielerinnen in ihrer Stube. Hervorzuheben sind ihr tiefgründiger Humor und ihr ansteckendes Lachen und sie sagt von sich, dass sie in ihrer Ursprungsfamilie am meisten von allen gelacht habe, manchmal auch über komische und banale Dinge. Heute drückt es ein bescheidenes „Über den Dingen stehen“ und tiefe Menschenkenntnis aus.

 

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