Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 
Dienstag, 31 März 2015 15:38

Nationalpark Stilfserjoch - Das Bärenjahr 2014 - Eine Zusammenfassung aus dem 8. Trentiner Bärenreport

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

176B1Wolfgang Platter, am Ostermontag, 6. April 2015

Anfangs März dieses Jahres ist der 8. Trentiner Bärenreport veröffentlicht worden. Dieser Bericht des Landesamtes für die Forste und die Wildtierfauna der Autonomen Provinz Trient bezieht sich auf die Population der Braunbären in deren Kerngebiet in der Adamello Brenta Gruppe und auf die daraus ausgewanderten männlichen Bären im Berichtsjahr 2014. In meinem heutigen Beitrag möchte ich eine Zusammenfassung des Braunbärenjahres 2014 versuchen.

 

Zahlenmäßiger Bestand
Der zahlenmäßige Bestand der Braunbären-Population in der Trentiner Adamello Brenta-Gebirgsgruppe wird auf 41 -51 Tiere geschätzt. Von diesen konnten im Berichtsjahr 2014 41 Individuen tatsächlich auch beobachtet und identifiziert werden. Die Überwachung der Braunbärenpopulation erfolgt mit verschiedenen Methoden, wobei nicht alle Bären jedes Jahr beobachtet und erfasst werden können. Daher wird ausgehend von  den tatsächlich beobachteten Tieren die Gesamtpopulation nach einer wissenschaftlich standardisierten Methode geschätzt.
Das Monitoring zur Abschätzung der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Bärenpopulation, aber auch zu ihrer Alters- und Geschlechterstruktur und zu ihrer genetischen Verwandtschaft bedient sich verschiedener Feldmethoden so etwa der Fotofallen an Kratzbäumen, der Radiotelemetrie und der Satellitentelemetrie, der genetischen Analyse von Haaren,  Kot und anderer DNA-enthaltenden Proben. Die direkten Beobachtungen im Feld und Zufallssichtungen sowie Fotoaufnahmen von Bären tragen nur zu einem kleinen Teil zur Erhellung der Kenntnisse über die Bärenpopulation bei.
In den Jahren 2002 – 2012 ist die Trentiner Bärenpopulation stetig gewachsen, ab dem Jahr 2013 ist sie stabil bis leicht rückläufig. Nachstehend für die am Detail interessierten Leserinnen und Leser die Angaben der tatsächlich nachgewiesenen Tiere für das jeweilige Jahr: 2002: 11 Bären, 2003: 10, 2004: 15; 2005: 18: 2006: 22; 2007: 23; 2008: 27; 2009: 29; 2010: 39; 2011:40; 2012: 49; 2013: 46; 2014: 41.Relativ breit ist die genetische Variabilität: Im Zeitraum 2002-2014 haben sich insgesamt 17 Bärinnen und 9 männliche Bären fortgepflanzt.
Zur Erinnerung: In den Jahren 1999-2001 waren insgesamt 10 slowenische Bären (7 Bärinnen und 3 Bären) im trentiner Naturpark Adamello Brenta zur Belebung der nicht mehr fortpflanzungsfähigen Kleinstpopulation von 3-4 autochthonen Adamello-Brenta-Bären freigelassen worden.  

Würfe 2014
Für das abgelaufene Jahr 2014 konnten durch das genetische Monitoring 5 Würfe mit insgesamt 11 Jungen nachgewiesen werden. Von den fünf gebärenden  Bärinnen waren 2 Dreier-Würfe, 2 Zweier-Würfe und 1 Wurf mit einem Jungen zu registrieren. Von den 11 Jungen des Jahres 2014 haben nach heutigem Kenntnisstand 7 Junge überlebt.
047B1Seit dem ersten Wurf im Jahre 2002 haben die Bärinnen in den 13 Jahren bis 2014 insgesamt 41 Würfe gesetzt und dabei in Summe 88 Junge geboren, davon 45 Männchen, 33 Weibchen und 10 Junge, von denen das Geschlecht unbestimmt geblieben ist. Das Geschlechterverhältnis der Jungbären liegt damit bei 1:0,74 zwischen Männchen und Weibchen. Im Untersuchungszeitraum 2006-2014 lag das Lebensalter der erstgebärenden Bärinnen bei 4,17 Jahren. Das Zeitintervall zwischen einem und dem nächsten Wurf lag bei einer Stichprobenbreite von 21 Würfen im Zeitraum 2002 -2014 bei 2,10 Jahren. Die mittlere Wurfgröße liegt bei 2,15 Jungen je Wurf. Erstgebärende Bärinnen haben kleinere Würfe als ältere Bärinnen.

Die Geschlechter- und Altersstruktur
Von der Ende 2014 sicher nachgewiesenen und identifizierten Bärenpopulation der 41 Individuen waren 20 erwachsene Bären (davon 9 Männchen und 11 Weibchen), 14 Jungbären (10 Männchen, 4 Weibchen) und 7 einjährige Junge (3 männlichen, 2 weiblichen und 2 unbestimmten Geschlechtes). Das Durchschnittsalter der Bären liegt Ende 2014 bei 5,22 Jahren und steigt noch leicht an, obwohl im Berichtsjahr mit den Altbären Daniza und Gasper die letzten zwei aus Slowenien eingeführten Bären der Gründerpopulation verendet sind.

Tote Bären
Im Zeitraum 2002 – 2014 wurden insgesamt 23 Bären tot aufgefunden. Die Todesursachen waren: In 5 Fällen natürlicher Tod, in 1 Fall Wilderei, in 3 Fällen Straßenunfall, 3 Fälle von Abschuss von Problembären und in 8 Fällen unbekannte Todesursache.

Die Raumnutzung
Von den 41 im Jahre 2014 nachgewiesenen und erfassten Bären haben 33 das Trentino nicht verlassen und sich nur im Stammgebiet der Adamello-Brenta-Gruppe aufgehalten. Fünf Bären haben auch das Südtiroler Gebiet durchstreift (MJ4, MJ2G1, M22, M25, M28). Insgesamt haben im Zeitraum 2005 - 2014 22 Bären, bis jetzt allesamt Männchen, das Gebiet der Provinz Trient überschritten, 9 davon sind tot oder gelten als verschwunden, weitere 9 sind in das Trentino zurückgewandert, 2 sind dauerhaft ausgewandert und 2 halten sich derzeit noch außerhalb der Provinz Trient auf (M25 und M28). Bisher wurde keine Auswanderung von Bärinnen registriert. Das Stammgebiet („home range“) der weiblichen Bären ist 958 km² groß und liegt im Adamello-Brenta-Gebirgsstock. Das Wander- und Streifgebiet der Männchen ist weit größer und beträgt derzeit in den Zentralalpen 13.567 km². Dies entspricht in etwa der doppelten Landesfläche Südtirols.
Im Jahre 2014 waren 3 Bären mit Halsbandsendern markiert. Ihre Ortswechsel konnten damit genau dokumentiert werden: Das junge Männchen M25 hat im Berichtsjahr ein Gebiet von 6.929 km² durchstreift. Demgegenüber war das Streifgebiet des Jungen führenden Weibchens Daniza mit 132 km² klein und das adulte Männchen M6 durchwanderte ein Gebiet von 494 km².

Der Fall Daniza
Zweifelsohne hat der Tod der Altbärin Daniza nach einer Narkose zum größten Medienecho über die Trentiner Bären im Jahre 2014 geführt. Zur Erinnerung: Daniza gehörte noch zu den  Gründertieren aus der slowenischen Einfuhr zwischen den Jahren 1999-2002. Die Bärin hatte im Winter 2013/14 wieder zwei Junge geworfen. Am Hochunserfrauen-Tag, 15. August 2014 geriet ein Pilze-Sammler oberhalb von Pinzolo in der trentiner Val Rendena zwischen die Bärin und die Jungen und die Bärin attackierte und verletzte den Pilze-Sammler, so dass er spitalärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und mit 40 Stichen genäht werden musste. Nach diesem Angriff wurde beschlossen, auf der Grundlage des Bärenmanagementplanes PACOPACE und eines Dringlichkeitsdekretes des Trentiner Landeshauptmannes, die Bärin einzufangen und in ein Gehege zu verlegen.  Das Dekret des Trentiner Landeshauptmannes zum Einfangen der Bärin war durch ein fachliches Gutachten des nationalen wildbiologischen Institutes ISPRA abgesichert und vom Umweltministerium geteilt. Am 10. September 2014 konnte die 19-jährige Bärin Daniza mittels Narkosegewehr betäubt werden. Die Bärin ist während der Einfangaktion verendet. Die beiden inzwischen 8-9 Monate alten Jungen von Daniza wurden, bei massiver Kritik einiger Tierschützer, in Freiheit belassen, eines davon mit einem Radiosender bestückt und intensiv monitoriert. Beide haben bis in den Eintritt in die Winterruhe überlebt. Seither gibt es keine neueren und publizierten Informationen.

Das junge Männchen M25
Das Jungmännchen M25 wurde nach seiner Einwanderung in Südtirol im Frühjahr 2015 nach einigen Haustierrissen in der Gegend von Söll bei Tramin vom Südtiroler Landesamt für Jagd und Fischerei eingefangen und mit einem Halsbandsender für die Satellitentelemetrie besendert. Seither konnten seine Wanderungen nahezu lückenlos dokumentiert werden. Der Jungbär hat gewaltige Strecken zurückgelegt, ist über das Unterland in das Burggrafenamt  und in den Vinschgau bis an den Eingang des Martelltales gekommen, dann über Ulten und Nonsberg wieder in das Trentino gewandert, über den Tonale und Aprica-Pass in das obere Veltlintal, weiter in das schweizerische Pusclav (Val Poschiavo)und zurück in das Veltlintal, wo das Männchen überwintert hat.

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3077 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 22 24

titel Vinschgerwind 21-24

titel vinschgerwind 20-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.